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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Nase Kindheit. Was für ein Gefühl, der einzige Luke Skywalker auf der Karnevalsfeier mit einem Colt zu sein. Scheiß auf Authentizität, Hauptsache Pistole. Richtig geschossen haben wir nur ein Mal, Jahre später. Nick hatte seinem Alten die Luftpistole aus dem Schlafzimmerschrank geklaut. Wir also gleich rüber zur Ziegelei, losballern, erst auf Dosen, dann auf Vögel. Armes Vieh, warum hat's auch still gesessen. Fiel einfach so von seinem Ast auf den Boden. Das war's. Wir haben uns nicht mal richtig rangetraut an den Kadaver, glotzten nur so von oben runter. Am Kopf des Spatzes hing ein kleiner Blutstropfen, rund, wie eine rote Murmel. Nach zehnmal »Faces of Death« gucken ziemlich enttäuschend, der Tod. Irgendwie haben wir uns trotzdem geschämt. Dann lieber den Feuerknopf drücken, am besten auf die Strg-Taste gelegt. Und was waren das für Kanonen: die Big Fucking Gun 9000 von Doom, der Devastator vom Duke - und dann irgendwann die Glock bei es. Seltsam, in Echt sieht sie ganz anders aus, irgendwie billig, fast wie ein Spielzeug. Keine Hebelchen oder komplizierte Mechanismen, sondern nur mattschwarzes Metall mit ein bisschen Gummi um den Griff. Trotzdem hängt der Arm des Busfahrers schlaff bis zur Hosentasche runter, sodass die Glock auf den Wüstenboden zielt und wir den Lauf nur von oben sehen können. Im Sonnenlicht glänzen Schlieren aus Handfett und Schweiß auf dem Metall. Nun mach schon, zieh den Schlitten zurück, hol die erste Kugel in den Lauf. Mehr Angst geht eh nicht. Doch er macht immer noch nichts, der Busfahrer. Pumpt seinen Brustkorb hektisch mit Luft voll und steht stumm da, mit der Glock Richtung Boden. Eigentlich unverschämt. Kann er nicht wenigstens auf uns zielen und uns bedrohen? Würde wahrscheinlich die Knarre dabei so spießig gerade halten wie die Anfänger auf der Polizeischule - nicht cool wie die Typen bei Tarantino, die immer das Magazin nach außen drehen. Machen die Mafia-Killer in Echt angeblich auch so. Nein, wir sind die Harmlosen, deshalb zielt er nicht auf uns. Bei denen wäre es pure Energieverschwendung, den Arm zu heben. Die haben die Hose so schon voll. Korrekt. Trotzdem eine Demütigung. Nick könnte sich das natürlich wieder zurechtbiegen, von wegen: Hat ja auch sein Gutes, ein Harmloser zu sein.
    »Frauen wollen keine bedrohlichen Männer«.
    würde er sagen und seinen Finger heben, »sondern jemanden, der beherrschbar wirkt«, Von all seinen schwachsinnigen Weisheiten eine der schwachsinnigsten. Einmal kein Beherrschbarer sein, das wär's. Einer sein, der jetzt aufsteht, die Scheiß-Glock packt, sie dem Idioten auf sein Flanell-Bein biegt und abdrückt. Oder der zumindest was sagt. Doch ich starre nur und versuche leise zu atmen. Der Busfahrer packt sich mit der freien Hand in den Nacken und wischt den Schweiß ab, ohne dass seine Kamera-Pupillen uns aus den Augen lassen. Er stöhnt leise und lehnt den Kopf zur Seite, bis die Halswirbel knacken. Dann steigt er von einem Bein aufs andere. Sein Blick sagt: »Okay, zur Sache.«
    Ich packe Nicks Hand. Sie fühlt sich kalt an. Es wäre schön, wenn er jetzt da wäre, so richtig, dass ich ihm noch was sagen könnte. Da! Die Glock setzt sich in Bewegung, Zentimeter für Zentimeter hebt sich der Lauf. Erst ist das Mündungsloch nur ein schmaler Schlitz, dann eine Ellipse. Gleichzeitig öffnet der Busfahrer seine andere Hand, streckt die Finger aus. Will er uns hochhelfen? Nein, er will die Floppy, vielleicht. Und dann? Lieber auf den Boden schauen, dann geht alles vorbei, dann ist er gleich weg. Doch es geht nicht. Ich hebe den Kopf. Das schwarze Loch der Glock tanzt vor uns. Jetzt. Nur noch eine Sekunde, ein Zentimeter. Da, das Metall berührt die Stirn. Kälte. Es ist soweit. Gameover.
    $0050
    Der Beifahrer bäumt sich auf.
    »John!«
    Dude, der ist nicht hier. Wir sind am Arsch. Stimmt, das kannst du auf deiner Seite ja nicht sehen. Du musst dich mal umdrehen, hier ist der Busfahrertyp und ...Nein, bloß keine hektischen Bewegungen machen, Mann, der hat doch die Glock, ja genau, die Glock, nur dass es eine echte ist.
    »John.«
    Nochmal sagt er es ganz deutlich. Ich sag dir doch, der ... Plötzlich Hektik. Der Busfahrer zuckt mit seinem ganzen Körper zurück, wie ein Hund, dem man ein Feuerzeug vor die Schnauze gehalten hat. Sein Arm mit der Glock am Ende fällt wieder zurück zu seiner Bundfalte, als ob jemand einen Stein drangehängt hat. Sofort fängt meine Stirn zu glühen an, da, wo eben noch die Mündung

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