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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Doch in echt sieht ein Flugzeugabsturz ganz anders aus. Da wird das Ganze ordentlich verwaltet. Direkt neben dem Straßengraben hatten die Bullen ihr Absperrband gezogen, und sofort, als wir anhielten, kam ein Mann namens »Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung« wild gestikulierend auf uns zugerannt - diese Worte schrie er uns jedenfalls zur Begrüßung ins Ohr. Nick tat ganz entspannt und nahm den Typen zur Seite. Mit solchen Schnäuzerchen kann er gut, die wickelt er richtig um den Finger, so von deutschem Spießer zu deutschem Spießer. Ja, das sei eine dienstliche Angelegenheit, versicherte er dem Mann namens Bundesstelle. Genau, Datacorp Limited. Eine englische Firma? Nein, genauer gesagt die britische Tochter einer amerikanischen Firma. Aha. Die Maschine gehört Ihnen? Nein, nicht uns persönlich, aber wir haben hier ein Schreiben, das ... Nick zog einen Wisch unter seiner Jacke raus. Der Beamte musterte pseudofachmännisch unser Berechtigungsschreiben, ohne auch nur ein Wort zu verstehen. Nick hatte es hyperkorrekt in so eine Büroklarsichthülle gesteckt, und genau das hat's anscheinend gebracht. Jedenfalls ließ uns der Clown nach einer knappen Minute durch, natürlich nicht ohne streng zu gucken und was von »Vorbehalt« zu faseln. Der Krampf in der Magengegend löste sich, und der Kopf fing an, sich eine bequeme Deutung für die Dinge zurechtzulegen: Die hätten uns niemals so durchmarschieren lassen, wenn hinter den Absperrbändern wirklich verkohlte Leichen lägen. Wahrscheinlich hatten sie John nur vorsichtshalber ins Krankenhaus gebracht. Da ist er bestimmt von der Trage gesprungen, hat sich ein bisschen Dreck von der Sakkoschulter gewischt und ist gleich wieder trainieren gegangen, so wie unsere Actionhelden früher. Die hatten schließlich auch keine Zeit zu bluten. Genauso cool würde John die paar Fleischwunden wegstecken. Irgendwie war er ja jetzt unser Held, ihm würde so ein läppischer Crash sicher nichts anhaben können. Von der Straße bis zur Absturzstelle waren es vielleicht hundert Meter, und schon nach den ersten Schritten suppte mir die Brühe durch die Lederschuhe. Bitte antreten in Dienstkleidung, vielen Dank, John. Obwohl die Bäume das Schlimmste abhielten, kroch der Regen zusätzlich von oben in den Kragen meines beigefarbenen Staubmantels, der weder multifunktional noch wasserabweisend ist. Verdammter Beifahrer, warum muss er immer Recht behalten? Es war stockdunkel. Die hohen Fichten schluckten jedes Licht, bis auf die Spiegelungen der Blaulichter an den nassen Stämmen. Der Lichtpunkt von Nicks Taschenlampe tanzte über die toten Äste am Boden. Wie zwei verirrte Bürohengste stolperten wir vorwärts durch den Wald. Es roch nach Wandertag mit Matsch an den Gummistiefeln, Wunderbaum mit Tannenduft und Dieselruß aus den Generatoren. Ratsch! Nick drückte ein leises »Scheiße« raus, sein geliebter Dienstanzug war an einem Brombeerstrauch oder sonst was hängen geblieben. Aber anstatt mit seiner Maglite mal vernünftig ins Unterholz zu leuchten, hielt er die Lampe weiter mit angewinkeltem Arm auf Schulterhöhe, so wie das die FBI-Typen in den Serien immer machen. Hauptsache, das Leben ist ein Filmzitat, und zwar bis zum Schluss. Manchmal tut er mir leid. Dann tauchte das Wrack auf. Klammheimlich war Nick da bestimmt einer abgegangen, weil alles original nach UFO-Absturzstelle aussah: Eine Batterie von mobilen Flutlichtern leuchtete die kleine Lichtung taghell aus. Vor den Lampen glitt der Regen wie an Schnüren vorbei, und ab und zu verdampfte ein besonders dicker Tropfen zischend am Gehäuse der Scheinwerfer. Die weiße Cessna 172 lag direkt neben zwei Fichten, die so hoch aufragten wie der Zehnerturm im Freibad. In den Farnen daneben krochen gerade zwei Feuerwehrleute rum, um irgendwelche Kabel einzurollen. Von Chaos und Verwüstung keine Spur. Es sah nicht nach einem Absturz aus, sondern eher, als ob jemand die Maschine vom Himmel genommen und auf dem Waldboden etwas rabiat abgestellt hätte. Das Fahrwerk war zwar weggebrochen, und vorne an den Flügeln hatten die Äste ein bisschen Farbe abgehobelt, aber davon abgesehen sah die Maschine okay aus. Wahrscheinlich war sie zuerst oben in die Baumwipfel gekracht, wurde abgebremst und ist erst dann auf den Boden runtergefallen. Klingt überlebbar. Der Bundesunfalltyp hatte irgendwas davon gefaselt, dass »Personen« vom Rettungshubschrauber weggebracht worden seien. Also zwei. Vielleicht hatte es John doch geschafft - und sein

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