Extraleben - Trilogie
ab und fängt an zu tippen, während er die Nummer vor sich hinmurmelt.
»Acht -null-acht ...«
Unserem Abstieg in die Liga der völlig durchgeknallten Gentlemen steht also nichts mehr im Weg. Wir sind dabei, die Aufsicht über die amerikanischen Spionagesatelliten anzurufen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie über uns echt eine Akte als Feinde des Homeland anlegen. Was für ein Schwachsinn.
» ... eins -eins -neun ... «
Ach, was soll's, die Herren kriegen wahrscheinlich jede Nacht solche Anrufe von zugedröhnten Verschwörungsfreaks. Sie werden auflegen, bevor Nick auch nur einen einzigen Fetzen von seinen Hirngespinsten absondern kann.
»... und die Acht.«
Nicks Grinsen hat sich aufgelöst. Mit schweren Zügen saugt er die Luft ein, während er den Hörer ans Ohr presst. Seine Stirn glänzt doppelt - von der Aufregung jetzt und vom Hüpfen vorhin. Komisch, er legt nicht sofort wieder auf. Es scheint tatsächlich zu klingeln. Plötzlich geht ein Zucken durch seinen Körper. Nick setzt sich kerzengerade hin wie ein Schüler, der ermahnt worden ist, und fängt mit kühlem Ton an zu reden.
»Yes,we have information concerning Keyhole 11/9. Could we speak to someone in charge?«
»Warteschleife«, flüstert er und hält die Hand vor den Hörer. Wie kann er diese Aktion so verdammt ernst nehmen? Hallo: Wir sind zwei Besoffskis aus Deutschland, die im Hauptquartier einer Organisation anrufen, die bis vor wenigen Jahren so geheim war, dass nicht einmal die amerikanischen Politiker von ihr wussten. Und wir faseln etwas von Satelliten-Software aus einem abgestürzten Flugzeug. Der Aberwitz der Situation muss ihm doch auch klar sein.
»Was läuft'n? >Eye in the Sky< von Alan Parsons Project?«, flüstere ich rüber. Angeekelt wie die Krissi im Flugzeug dreht sich der Beifahrer zur Seite. Also ein neuer Angriff, diesmal mit Musik.
»Das ist Orbit, natürlich ohne Zucker, ja, der schmeckt so lang, so lang ...«
Wortlos fährt Nick sein Bein aus und zimmert mir die Spitze seines Scheiß-Lederschuhs direkt gegens Schienbein. Alter, was soll ...
»Yes, good evening, Sir«, er reckt sich noch gerader hoch, als hätte ihm jemand einen Stock in den Rachen gerammt.
»Yes, we do have some information concerning Keyhole 11/9. The information was ...«
Der Typ am anderen Ende scheint nicht viel Geduld zu haben. Geschieht ihm recht, dem Sput-Nick, dass ihm so ein Militär-Heini mal einen zünftigen Einlauf verpasst. Spionagesatelliten? Das ist das Zeug, aus dem die Hintergrundstorys von schlechten Shootern gemacht sind, das ist Futter für die Zwischenszenen, die jeder sofort wegdrückt. In echt gibt's so was nicht, Alter!
»Yes«, stammelt Nick, diesmal noch devoter. Sein Gesprächspartner scheint mit ihm ordentlich Schlitten zu fahren.
»Yes, Sir, a copy of the original ACS code.«
Was? Die reden schon über Details? Die reden überhaupt miteinander? Hätte das NRO nicht längst auflegen oder die Fangschaltung aktivieren müssen? Überhaupt Fangschaltung: Vielleicht wäre es besser, wenn Nick langsam mal auflegt, bevor sie uns endgültig auf die Most-wanted-Liste setzen. Ich zupfe ihm am Ärmel, doch er schubst mich weg, als wäre ich ein lästiges Insekt.
»No, Sir, no conditions whatsoever.«
Seine Stirn türmt sich zu einem glänzenden Faltengebirge auf.
»Yes, Sir, no problem, we could be in Chantilly in ...«
Er wirft einen besorgten Blick auf seine Datalink.
»Our address?«
Nein, Alter, mach das nicht - sag ihnen nicht, wo wir sind! Zu spät.
»Yes, it's called the Alpine Chalet Motel ...«
Mit streberhafter Präzision gibt Nick unsere Adresse und Zimmernummer zu Protokoll. Vielen Dank auch. Das musste ja kommen: Früher oder später würde uns Nicks verdammte Obrigkeitshörigkeit in Schwierigkeiten bringen. Jetzt ist es so weit. Er hat uns tatsächlich beim NRO verpetzt. Handel mit vertraulichen Informationen, Verschwörung, und obendrauf Behinderung der Strafverfolgungsbehörden, weil wir an der Polizeikontrolle weitergefahren sind. Die Tagesschau-Meldung über uns ist geritzt.
»Auslieferungsantrag für deutsche Touristen in den USA abgelehnt.«
Dazu ein paar lauwarme Worte des Bedauerns vom Außenminister. Tja, Pech gehabt, Jungs, oder wie der Ami sagt: Don't do the crime if you can't do the time. In »Family Business« mit Sean Connery und Matthew Broderick haben sie das ja ganz gut übersetzt: Kannst du den Knast nicht überstehen, darfst du keine Dinger drehen. Dass er unsere
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