Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)
drei Tagen startet meine Durchquerung der Atacamawüste. Vor wenigen Sekunden habe ich mich von meiner Frau Sabine und meiner Tochter Marla verabschiedet, die ich in den nächsten vier Wochen nicht sehen werde. Marla ist gerade zwei Monate alt geworden. Mit ihren großen blauen Augen und ihren langen Wimpern hat sie mir noch ein letztes Lächeln geschenkt. Das macht den Abschied besonders schwierig. Der Abschied, die letzten Momente mit meiner Familie, stellt für mich immer den schwierigsten und wichtigsten Schritt bei jeder Reise dar. Doch sobald ich die Flughafenhalle betrete, tauche ich ein in eine andere Welt und habe schon den ersten Schritt in Richtung Abenteuer gemacht. Und dieser ist der schwerste von allen.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.“ Übertragen auf das reale Leben bedeutet das: „Jedes Projekt, unabhängig wie lange und komplex es ist, beginnt mit dem ersten Schritt.“ Das klingt einfach, oder? Doch wie schaffen wir es wirklich zum ersten Mal, unsere Komfortzone zu verlassen? Eine Aufgabe anzugehen, die große Überwindung kostet? Die Antwort ist so einfach, wie das Sprichwort sagt: indem wir beginnen. Indem wir einfach den allerersten Schritt tun. Wenn Sie zum ersten Mal Sport treiben möchten, dann starten Sie und wenn es nur ein paar Minuten sind.
Doch häufig warten wir auf den perfekten Moment, bevor wir eine Sache beginnen. Wir warten auf die perfekten äußeren Bedingungen, auf den perfekten Tag oder auf den perfekten Partner. „Wenn alles perfekt ist, dann lege ich los“, lautet das Motto von vielen Menschen. Doch wie lange soll man denn warten, bis man eine Aktivität beginnt? Eines meiner Lieblingszitate in diesem Zusammenhang lautet: „Lieber unvollkommen beginnen als perfekt zu zögern.“
Mein ursprüngliches Ziel war es, mich am 1. Januar 2008 selbstständig zu machen. Dieses Datum schob ich immer weiter nach hinten, weil ich meinte, dass ich noch nicht so weit war. Ich war der Überzeugung, dass mein Businessplan noch nicht perfekt war, dass meine Webseite noch nicht fertig war, dass meine Dienstleistungen noch nicht endgültig beschrieben waren und dass ich als Unternehmer noch nicht über die entsprechenden Kontakte verfügte. Monat um Monat verschob ich also meinen Start in die Selbstständigkeit. Ich hätte sicherlich bis zum heutigen Tag Gründe finden können, warum ich noch nicht diesen Schritt wagen sollte. Denn: Den perfekten Augenblick gibt es nicht. Als mir das bewusst wurde, startete ich schließlich am 1. Juli 2008 in meine Selbstständigkeit. Nicht weil ich weiter gewartet habe, sondern weil ich diesen ersten Schritt gegangen bin, haben sich plötzlich alle weiteren ergeben. Das Streben nach Perfektion ist in meinen Augen ein riesengroßer Erfolgsverhinderer. Anstatt sich zu sagen „Okay, diese Bewerbung ist nicht perfekt, aber sehr gut geschrieben. Ich bringe sie nun zur Post“, wird lieber weiter an der Bewerbung und jedem einzelnen Wort „gefeilt“.
Auch im sportlichen Kontext gilt es für mich jedes Mal, die persönliche Komfortzone zu verlassen und den ersten Schritt zu tun. Das ist selbst für einen ambitionierten Läufer nicht immer so einfach. Ich habe für mich eine einfache und effektive Methode entwickelt, die ich anwende, wenn ich Probleme habe, loszulaufen. Ich denke dann jedes Mal an meinen Wettkampf, an mein großes Ziel, und mache mir bewusst, dass jeder Schritt, jeder gelaufene Kilometer und jede einzelne Trainingseinheit mich meinem großen Ziel ein Stück näherbringen. Auch wenn es regnet und schneit, kann ich mich auf diese Weise dazu motivieren, nach draußen zu gehen und loszulaufen. Mit dem ersten Schritt beginnt alles. Er bildet den entscheidenden Unterschied zwischen Zögern und Handeln. Das war auch beim Schreiben dieses Buchs der Fall. Ich habe mir, gerade zu Beginn, sehr schwer mit dem Schreiben getan. Es gab Tage, an denen ich am Schreibtisch vor einem weißen Blatt Papier saß und fast verzweifelt bin. Ich wäre am liebsten aufgestanden und hätte etwas anderes gemacht. Doch ich hatte mir ja heute fest vorgenommen, an meinem Buch zu schreiben. Dann habe ich einfach einmal angefangen und etwas auf mein Blatt geschrieben, was mir in diesem Moment am sinnvollsten erschien. Die ersten Buchstaben, die ersten Wörter und die ersten Zeilen sind dadurch entstanden. Irgendwann hatte ich dann die erste Seite, dann die zweite, dritte … Und irgendwann hatte ich dann das ganze Buch
Weitere Kostenlose Bücher