Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)
dieses eine Mal, das kann ja nicht so schlimm sein. Einmal ist bekanntlich keinmal. Nächste Woche fange ich definitiv an. Da ist dann bestimmt auch nicht so ein Sauwetter“. Kommt Ihnen diese oder eine ähnliche Situation bekannt vor? Jetzt frage ich Sie: Und wenn es die nächste Woche abends wieder regnet und stürmt? Machen Sie in diesem Fall eine weitere Ausnahme? Und wenn die Woche darauf, wieder genau zu der Zeit, zu der Sie eigentlich joggen wollten, plötzlich die Deutsche Fußballnationalmannschaft spielt? Ausnahme? Aus dem einmaligen Ausfallen kann ganz schnell ein zweites, drittes und so weiter werden. Und eh Sie sich versehen, lassen Sie das Joggen wieder ganz sein und kehren in die bequeme Komfortzone zurück. Was kann man denn tun, damit dies genau nicht passiert? Ich habe es mir beispielsweise angewöhnt, mir keinerlei Ausnahmen zu genehmigen. Wenn ich morgen Abend keine Lust habe, mein geplantes Trainingspensum zu absolvieren, dann fange ich wenigstens einmal an und laufe ganz kurz. Wenn es sein muss, nur ein einziges Mal um den Häuserblock. So tun, als ob. Zum einen wird dadurch mein Gewissen beruhigt, nach dem Motto „Ich hab ja etwas getan“. Doch vor allem wird, auch durch diesen zugegebenermaßen unterschwelligen Reiz, die Gewohnheit aufrechterhalten. Und damit sind wir bei einem wesentlichen Erfolgsfaktor: Gewohnheiten und Rituale. Sie können sich eine Gewohnheit wie einen unsichtbaren Faden vorstellen. Mit jedem Training, mit jeder Überwindung des inneren Schweinehundes stärken Sie den Strang und fügen ihm ein weiteres Fädchen hinzu. Das Ganze wird mit der Zeit immer robuster und die Gewohnheit damit gefestigt. Die Zauberworte zum Verlassen der Komfortzone heißen: Gewohnheiten und Rituale entwickeln. Sie müssen die neue oder ungeliebte Tätigkeit regelmäßig machen, am besten ein Ritual daraus schaffen und es in Fleisch und Blut übergehen lassen. Dann hat der innere Schweinehund keine Chance mehr.
Die spannende Frage an dieser Stelle ist doch: Wie schaffe ich es denn überhaupt, ein Ritual zu bilden? Wenn Sie sich beispielsweise angewöhnen wollen, zweimal die Woche für eine Stunde ein Fachbuch zu lesen, um sich weiterzubilden, dann ist es sicherlich zu Beginn eine Herausforderung, dies in Ihren gewohnten Alltagsrhythmus zu integrieren. Sie haben zwar den festen Vorsatz, die neue Tätigkeit auch durchzuführen, merken aber, dass Ihr Alltags- und Berufsleben bereits feste Strukturen aufweisen, die es für die neue Aktivität nicht einfacher macht. Was tun? Aus der neuen Aktivität ein Ritual schaffen. Wie funktioniert das? Legen Sie die neue Tätigkeit ganz einfach zwischen zwei alte. Wenn Sie bisher morgens zunächst immer geduscht und anschließend gefrühstückt haben, können Sie nun die neue Aktivität „Fachbuch lesen“ zwischen die Dusche und das Frühstück legen und das Buch in kleinen Einheiten durcharbeiten. Diese Methode garantiert natürlich nicht, dass daraus auch ein Ritual wird. Ein Ritual entsteht nur, wenn Sie diese Methode mindestens 21 Tage lang praktizieren. Dieser Zeitraum ist laut wissenschaftlicher Untersuchungen notwendig, um aus einer Tätigkeit eine feste Gewohnheit zu machen.
Durch diese 21 Tage habe ich es auch geschafft, eine für mich ungeliebte Aktivität zu einem Ritual zu machen: das Krafttraining. Als Ultramarathonläufer spielt für mich nicht nur die Ausdauer eine wichtige Rolle, sondern ist auch der Faktor Kraft ganz entscheidend. Ohne Kraft, ohne eine qualitativ gute Muskulatur ist es nicht möglich, über viele Stunden in anspruchsvollem Gelände zu laufen. Doch das Muskeltraining an sich bereitet mir keine Freude. Ich kann stundenlang durch die Natur laufen, aber in einem Raum Gewichte zu stemmen und Kräftigungsübungen durchzuführen, fällt mir unheimlich schwer. Krafttraining bedeutet für mich wirklich jedes Mal, meine Komfortzone zu verlassen. Doch ich habe es geschafft, diese ungeliebte Tätigkeit zu einem Ritual zu machen. Gleich nach dem Aufstehen führte ich ein kurzes Muskeltraining durch, maximal dreißig Minuten. Immer zur selben Uhrzeit. Das fand ich zu Beginn ungemein schwer, und ich musste mich schon mehrmals richtig überwinden, dass ich die Übungen dann wirklich durchzog. Doch nach ein paar Tagen ging es immer leichter, irgendwann wurde daraus eine Selbstverständlichkeit. Nach ein paar Wochen merkte ich nicht nur, dass ich mich nach meinem Krafttraining sehr vital fühlte, sondern ich erkannte auch, dass mir morgens
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