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Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Titel: Extrem: Die Macht des Willens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Bücher
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sechs oder sieben Minuten pro Kilometer. In diesem Tempo bin ich auch in der Lage, die Umgebung voll wahrnehmen und genießen zu können. Das ist mir beim Laufen ungemein wichtig. Was habe ich davon, wenn ich bei einem Lauf im Himalaya, in der Atacamawüste oder im brasilianischen Dschungel meine geplante Zielzeit erreiche, aber von der reizvollen und beeindruckenden Umgebung nur sehr wenig mitbekommen habe? Durch einen langsameren Bewegungsablauf können wir viel bewusster Dinge wahrnehmen und auch genießen.
    Weniger ist mehr − dies ist nicht nur auf den sportlichen Sektor begrenzt, sondern gilt auch für andere Lebensbereiche. Nehmen wir unseren Job: Müssen wir immer mehr, länger und besser arbeiten? Mehr Geld verdienen? Oder ist es ausreichend und sogar effektiver, lieber nur dreißig Stunden in der Woche zu arbeiten, diese dafür aber produktiver, anstatt der vierzig? Können wir auch mit weniger Gehalt auskommen und vielleicht die dadurch gewonnene Freizeit anderweitig nutzen? Wie sieht es im materiellen Bereich aus? Brauchen wir wirklich noch ein drittes Handy, einen Zweitwagen, einen weiteren Fernseher oder ein noch größeres Haus? Oder sind wir nicht zufriedener, wenn wir von allem weniger haben? Wie sieht es im sozialen Bereich aus? Benötigen wir wirklich zwanzig „dicke“ Freunde, mit denen wir alle Jahre einmal etwas zusammen unternehmen? Oder ist es nicht besser, lieber nur fünf „wahre“ Freunde an unserer Seite zu wissen, mit denen wir auch einen Großteil unserer Zeit verbringen? Müssen wir gleich in vier Vereinen zur selben Zeit Mitglied sein? Oder ist es nicht erfüllender, wenn wir nur in einem oder maximal zwei Vereinen sind und uns hier dafür richtig engagieren? Müssen wir immer an das andere Ende der Welt reisen, um uns zu entspannen? Oder stellt auch ein Urlaub in heimischen Gefilden eine gute Alternative dar? Müssen immer fünfzig verschiedene Gerichte auf der Speisekarte stehen? Oder tun wir uns bei der Auswahl nicht einfacher, wenn deutlich weniger auf der Karte stehen?

Scheitern, lernen, weiterlaufen
    Kollaps im Dschungel oder Scheitern als Chance?
    Hüfttiefe Sümpfe, handgroße Spinnen, fleischfressende Pflanzen und grüne Wände aus gewaltigen Bäumen. Nichts als dunkelgrüner Dschungel, so weit das Auge reicht. Vierzig Grad sind es im Schatten. Mein T-Shirt und meine Laufhose sind komplett durchnässt und kleben an meinem Körper. Kein Wunder, bei fast hundert Prozent Luftfeuchtigkeit. Die äußeren Bedingungen sind extrem und die Umwelt unerbittlich. Ich befinde mich auf der zweiten Etappe des Jungle Marathon, der als der gefährlichste Abenteuerlauf der Welt gilt. 222 Kilometer in sechs Etappen geht es bei diesem Rennen durch den Amazonas-Regenwald. Fünf Kilometer in sage und schreibe zwei Stunden und zehn Minuten habe ich bisher heute zurückgelegt. Immer wieder muss ich über imposante Baumstämme steigen, die im Wege liegen. Dann tauchen plötzlich tückische Erdlöcher auf, die von Blättern verdeckt werden und eine hohe Verletzungsgefahr darstellen. Höchste Vorsicht ist hier geboten. Bloß nicht umknicken! Die Strecke ist extrem anspruchsvoll bei diesem knallharten Rennen. Alle fünfzehn Minuten bleibe ich für einen kurzen Augenblick stehen, damit mein Körper nicht überhitzt. Mein Puls rast und ich schnappe nach Luft, atme tief durch die Nase ein und ganz lange durch den Mund aus, damit meine Pulsfrequenz langsam wieder sinkt. Aus jeder Pore meines Körpers tritt Schweiß. Selbst wenn ich einfach nur da stehe und nichts tue, tropfen die Schweißperlen weiter von meinem Körper auf den Boden. Ich fühle mich wie in einem riesigen Gewächshaus. Au, was ist das denn bitte? Vor meinen Füßen hat sich eine Ameisenstraße gebildet. Und was für eine! Ameisen, so groß wie mein Daumen, die über den feuchten Dschungelboden huschen. In diesem Moment kommt mir der abschließende Appell vom Dschungel-Überlebenstraining, das wir vor Beginn des Rennens hatten, wieder in den Sinn: „So wenig wie möglich berühren und allem, was sich bewegt, aus dem Weg gehen.“ Selbst Ameisenbisse können in dieser Region sehr schmerzhafte Folgen haben. Von den anderen gefährlichen Tieren wie Jaguaren, Spinnen, Skorpionen, Schlangen, Dschungelwildscheinen, Piranhas und Stachelrochen ganz zu schweigen. „Nichts wie weiter“, sage ich mir und gehe wieder in ein langsames Lauftempo über. Immer wieder bleibe ich an herunterhängenden Lianen kleben und Dornenzweige reißen an meiner

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