Ezzes
wenn jetzt ich fragen darf, interessiert Sie das?“
„Hm? … Ach so … ja, Oberstleutnant Bronstein von der BI Innere Stadt. Ich hätte da noch ein paar Fragen, Fräulein …“
„Stepanek. Edith Stepanek. Geboren 1900 in Grünberg und verheiratet, zwei Kinder. Was wollen Sie noch wissen?“
Bronstein war irritiert. War es so offensichtlich gewesen, dass ihn diese Frau betört hatte? Er rang um Haltung, räusperte sich und sah dann der Stepanek so gut er es vermochte in die Augen: „Das heißt, Frau Stepanek, Sie arbeiten eigentlich gar nicht hier?“
„Das ist richtig. Ich bin Kellnerin drüben im schwarzen Falken. Die Karin und ich, wir wohnen Tür an Tür, und weil ich heute meinen freien Tag hab, hab ich zu ihr g’sagt, sie soll sich erholen, ich mach das schon für sie.“
„Und die Karin ist jetzt wer?“
„Karin Gindl. Seit rund einem Jahr arbeitet sie für den Guschlbauer. Unmittelbar, nachdem der die anderen zwei, die vorher da gearbeitet haben, rausgeschmissen hat.“
„Rausgeschmissen?“
„Ja, fristlos. Aber fragen Sie mich nicht, warum, ich hab das selber nur von der Karin gehört. Und so interessiert hat es mich nun auch wieder nicht, weil ich die beiden ja nicht kenn’. Jedenfalls arbeitet die Karin jetzt ziemlich genau ein Jahr da. Wenn S’ mich fragen, ein Scheiß-Posten, verdienst einen Dreck und malochst sechzig Stunden in der Woche. Aber bitte, die Karin, so sehr ich sie mag, die hat irgendso etwas Calvinistisches an sich.“
„Calvinistisch?“
„Ja, so eine protestantische Arbeitsethik, Sie wissen schon, Max Weber und so.“
„Max Weber?“
Die Blonde stützte ihre Arme auf die Arbeitsfläche und legte den Kopf schief. „Jetzt schau’n S’ drein wie ein klassischer Kieberer. Haben S’ noch nie etwas von Max Weber gehört? Die protestantische Ethik? Nichts?“
„Ich wundere mich nur, woher …“
„Woher eine Kellnerin das weiß? Na hören S’, nur weil ich blonde Haare habe, heißt das noch lange nicht, dass ich ahnungslos durchs Leben gehe. Ich besuche Kurse auf der Volkshochschule, wissen S’, da lernt man eine ganze Menge. Und was ich dort nicht erfahre, das bringt mir die Karin bei. Die ist nämlich der absolute Kapazunder, müssen S’ wissen. Die spricht fünf Sprachen fließend und wäre sicher ein Doktoroder so etwas, wenn wir in diesem Lande Gerechtigkeit hätten.“ Bronstein tat erstaunt: „Ah hamma ned?“
„Na ja, formal vielleicht. Aber wenn man die Tochter vom Grafen Bamsti ist, dann fällt einem sicher alles leichter, als wenn man wie die Karin bei der Oma aufgewachsen ist, weil die Mama, welcher der Papa wegg’laufen ist, rund um die Uhr arbeiten muss, damit ein Brot auf den Tisch kommt. Ich sag Ihnen was, Herr Inspektor, wenn die Karin eine faire Chance gekriegt hätte im Leben, dann wäre die in zwei, drei Jahren Universitätsprofessorin und kriegte einmal den Nobelpreis, und zwar egal in was. Aber was red’ ich, wollen Sie jetzt was einkaufen, oder wollen S’, dass ich Ihnen sag’, wo ich wohn’?“
„Ich dachte, Sie sind verheiratet und haben zwei Kinder?“
„Ned wegen an Techtelmechtel, hören S’, wegen der Karin, die wohnt immerhin in der Nebenwohnung.“
„Ah so, ja.“
„Mein lieber Schwan, wie der Herrgott die Intelligenz verteilt hat, da waren Sie g’rad auf Streife, was?“
Bronstein zuckte instinktiv zusammen. Warum mussten ihn schöne Frauen immer gleich beleidigen? Er suchte nach einer möglichst passenden Erwiderung, doch seinem Mund entrang sich nur ein Stottern: „Ich geh’ ned … auf Streife!“
„Na beruhigend. Jetzt ist mir wohler. Wollen S’ jetzt die Adress’ oder ned?“
„Ja.“
„Triester Straße 59. Victor-Adler-Hof, gleich die erste Stiege. Geh’n S’ immer dem Lärm nach, das ist meine Tochter. Und die Tür daneben, da wohnt die Karin. Dritter Stock, falls Sie derrisch a no sind.“
Bronstein suchte immer noch fieberhaft nach einer originellen Replik, doch schließlich gestand er sich seine Niederlage ein, nickte und verließ das Geschäft.
17 Sekunden später stand er wieder vor der Stepanek.
„Ah, ist Ihnen jetzt eingefallen, was Sie vor fünf Minuten Geistreiches erwidern wollten?“
„Ha? … Nein. …“
„Hätt’ mich auch gewundert.“
„Jetzt sind S’ nicht so garstig. Bestellen wollt’ ich noch was …“
„Zwei Leberkässemmeln mit Senf und an Gurkerl, aufgefächert.“
Bronstein schnappte nach Luft: „Woher wissen S’ jetzt das?“
„Das essen alle
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