Ezzes
ned?“
„Und was is mit Niederösterreich? Da kriecht der Renner dem Reither hinten rein, dass er vorn schon wieder rauskommt. Und erst in Kärnten, da sind die Sozi ja ärger wie die Völkischen. Sie reißen nur so lange den Mund auf, solange sie nicht beweisen müssen, dass sie wirklich die Welt verändern wollen. Die Kommunisten aber, die beweisen das. Tag für Tag! Es kann schon sein, dass die Bewegung grad eine kleine Krise durchmacht, aber die Geschichte ist ohne Frage auf unserer Seite. Die KPCˇ ist drüben in Tschechien die stärkste Partei, die KPD ist eine Macht, an der kein Weg vorbeiführt, und in Frankreich ist die KP auch massiv auf dem Vormarsch. Selbst in England haben die Kommunisten bewiesen, wozu sie fähig sind. Der Generalstreik hätte das Empire fast zu Fall gebracht.Die Kapitalisten sind noch einmal davongekommen, aber beim nächsten Mal klappt’s bestimmt.“
Bronstein verspürte ein Bedürfnis, Jelkas Aussagen zu widersprechen, aber eigentlich, so bekannte er sich ein, war ihm gar nicht danach, zu politisieren. Als er eben ihre Hand in den seinen gefühlt hatte, da war ihm warm ums Herz geworden. Er sah ihren Körper vor sich, und er erinnerte sich daran, wie sehr sie ihn vor achteinhalb Jahren betört hatte. Mit einem Mal spürte er wieder ihre aufgestellten Brustwarzen zwischen seinen Lippen, ihr weiches Schamhaar zwischen seinen Fingern und ihren sinnlichen Bauchnabel unter seiner Zunge. Der Platz in seiner Hose wurde merklich enger, und Bronstein bat Jelka um ein Glas Wasser. Doch seine Hoffnung, dies würde seine Erregung etwas dämpfen, erfüllte sich nicht. Während Jelka Zukunftsszenarien entwarf, saß ihr Bronstein mit einer beachtlichen Erektion gegenüber und wollte eigentlich nur noch Küsse und Zärtlichkeiten austauschen. Vorsichtig tastete er sich wieder an ihren Unterarm heran und versuchte ihn wie beiläufig zu streicheln.
„Und abgesehen von der Politik, wie ist es dir sonst ergangen?“, fragte er leise.
Jelka schien zu schwanken, wie viel sie ihm erzählen sollte. „Ich habe dich sehr lange sehr vermisst“, entgegnete sie endlich, „vor allem im ersten Winter drüben in Russland. Da verging praktisch kein Tag, an dem ich nicht an dich gedacht hätte. Ich wollte dir andauernd schreiben, aber ich wollte dich nicht kompromittieren. Immerhin warst du Polizist, und ich wusste nicht, ob man nicht nach mir fahndet. Das wär ein schönes Danaergeschenk gewesen, wenn du plötzlich Post aus dem Land der Roten von einer steckbrieflich Gesuchten bekommen hättest. Und so habe ich es lange bleiben lassen. Aber du bist mir nicht aus dem Sinn gegangen. Auch war ich ja noch so jung, damals. Ich wusste nicht, wohin mit meiner Lust,mit meiner Begierde. Und das Beste dabei war“, Jelka lachte laut auf, „ich hatte das Gefühl, dir treu bleiben zu müssen, vor allem, weil ich dich da einfach so sitzengelassen hab. Aber je länger der Winter gedauert hat, umso mehr hat sich in mir aufgestaut. Und irgendwann konnte ich mich dann nicht mehr beherrschen. Ich hab es mir selbst gemacht.“ Sie unterbrach sich, schwieg für einen Augenblick. „Ich kann gar nicht glauben, dass ich dir das erzähle. Aber es war so. Anfänglich habe ich es mir immer nur ganz schnell besorgt. Einfach zur Entspannung. Ich brauchte gerade eine Minute dafür. Später nahm ich mir dann mehr Zeit, träumte dabei so vor mich hin. Tja, und das hat mir über die ärgste Zeit hinweggeholfen. Und irgendwann bin ich dann älter und ruhiger geworden. Und jetzt geht es mir eigentlich gar nicht mehr ab.“
Bronstein war hin- und hergerissen von dieser Auskunft. Einerseits war er schockiert über die Offenheit, mit der sie über derartige Dinge sprach, andererseits schmeichelte es ihm ungemein, dass sie offenbar beim Masturbieren an ihn gedacht hatte. Und seine Erregung wuchs weiter. Er bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln. „Bist du sicher, dass es dir nicht abgeht?“, fragte er mit schelmischem Unterton.
Jelka stupste ihn mit der geballten Faust auf den Oberarm. „Depp“, sagte sie lachend.
„Des war’n scho Zeiten damals, was?“ Bronstein versuchte, in ihr Lachen einzufallen. „Ich erinnere mich noch gut an unser erstes Mal. Du auch?“
„Meine Güte“, Jelka hielt sich die Hand vor den Mund, während sie laut auflachte, „erinnere mich nicht daran.“ Bronstein war verunsichert: „Wieso, war des so schlimm für dich?“
„Geh bitte, arschkalt war’s. Und finster wie in einem Bärenhintern.
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