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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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Ermittler!“
    Gern wäre er, den literarischen Gestalten der so in Mode gekommenen Kriminalromane gleich, den Fall für sich noch einmal durchgegangen, um so zu jenem Detail zu gelangen, das er bisher übersehen hatte. Doch das Leben war kein Roman. Es verlief unlogisch und mitunter grotesk, und seine große Pacience ging selten auf. Darum waren diese Romane ja auch so populär. Weil es bei ihnen immer eine gefällige Lösung gab. Entworfen am Reißbrett, fand die Handlung am Schluss genau dorthin, wo sie nach dem Wunsch der Leserschaft zu enden hatte. Den Helden dieser Romane entglitt niemals die Kontrolle über ihren Fall, sie blieben selbst dann souverän, wenn ihnen Ungemach drohte, und jeder Leser wusste, dass die Probleme, die sich vor den Fahndern auftürmten, umso sicherer gelöst wurden, je unüberwindlicher sie erschienen.
    Doch die Wirklichkeit sah eben anders aus. Wenn sich die Hildebrand als Sackgasse herausstellte, dann war er, Oberstleutnant David Bronstein, mit seiner Weisheit am Ende. Dann konnte er nur geschlagen nach Wien zurückkehren und um Entbindung von diesem Fall ersuchen. Schober würde nicht nur triumphieren und ihn verhöhnen, er würde ihn auch seine biblische Rache spüren lassen. Innendienst. Akten schleppen. Was heißt, Akten abstauben! Er würde ein wunderlicher Alter werden, bei dessen Erscheinen die Kollegen demonstrativ die Augen verdrehten. Der schon wieder. Wenn er Glück hatte, dannwurde er irgendwann einmal ein zweiter Pokorny. Verschroben, lächerlich und mühsam für die anderen. Wenn er allerdings Pech hatte, dann würde er irgendwann einmal an einem Dachbalken baumeln, und das auch noch unbetrauert. Die Wiener Polizei würde seinen Selbstmord mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nehmen, und manch einer würde ihn mit einem „War für ihn eh besser so“ quittieren. Es war schon erstaunlich, wie nahe man sein ganzes Leben den Abgrund entlangwandelte. Ein falscher Schritt genügte, und man war verloren.
    Nein, sagte sich Bronstein. So durfte er nicht denken! Vielmehr musste er sich eine Strategie zurechtlegen und alle seine Optionen überblicken. Warum war er sich eigentlich so sicher, dass die Täterin nur aus dem Umfeld der Greißlerei stammen konnte? Der Guschlbauer war vermögend gewesen und hatte offensichtlich oft und gern mit Damen der Halbwelt verkehrt. Vielleicht hatte er irgendjemandem eine größere Summe Geldes geliehen, und da dieser Jemand nicht flüssig gewesen war, hatte er das Problem auf diese Weise gelöst. Guschlbauer war ein Lockvogel vorgesetzt worden, der ihn ablenkte, und plötzlich hatte der Schuldner keine Sorgen mehr.
    Nein, das ergab keinen Sinn. Niemand würde ein solches Problem auf diese Weise lösen. Natürlich entledigte sich immer wieder einmal ein Übeltäter seiner Gläubiger, indem er sie umbrachte oder ermorden ließ. Aber da führte man keine solche Komödie auf, derlei erledigte man auf wesentlich konventionellere Weise.
    Ach, man führte überhaupt nie eine solche Komödie auf, gestand sich Bronstein ein. Wie man es auch drehte und wendete, der erste Schluss war auch gleichzeitig der folgerichtigste gewesen. Nicht nur die Tat war in der Greißlerei geschehen, auch die Lösung war dort, und nur dort, zu finden.
    Bronstein dämpfte die Zigarette aus und erhob sich. Wozu zermarterte er sich sinnlos das Gehirn? Seine Gedanken drehtensich im Kreis, und das war kein gutes Zeichen. Wenn man auf keine neuen Ideen mehr kam, dann sollte man das Denken bleiben lassen. Aus der Ferne hörte er die Glocke eines Kirchturms, die zehn Uhr schlug. Bronstein stützte sich auf das Balkongeländer und kämpfte gegen eine in ihm aufsteigende Melancholie. Gerne hätte er sich jetzt einen Cognac gegönnt. Eine Flasche, nicht ein Glas.
    Doch wahrscheinlich war es gut so, dass ein solcher nicht griffbereit war. Er musste am nächsten Morgen im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein. Er hatte eben alles auf eine Karte gesetzt und konnte nur noch hoffen, damit das große Los zu ziehen. Wenigstens, so bilanzierte Bronstein, während er sich anschickte, den Balkon in Richtung seines Zimmers zu verlassen, hatte er hier einen optimalen Ausguck gefunden, von dem aus er das Haus der Kati Hildebrand in aller Ruhe beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
    Zurück in seiner Stube legte er Weste, Hemd und Hose ab und setzte sich auf das Bett, dessen Matratze spürbar durchgelegen war. Jetzt hätte er sich doch etwas Alkohol gewünscht, wenn auch nur zu

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