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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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medizinischen Zwecken. Eine Einschlafhilfe, die vermeiden mochte, dass er die ganze Nacht über wach lag und sinnlose Gedanken wälzte, um just dann einzunicken, wenn er eigentlich wieder auf dem Posten sein sollte.
    Vor allem fürchtete er sich davor, wieder an Jelka zu denken. Der Fall brauchte jetzt seine ganze Aufmerksamkeit, um sein Privatleben konnte er sich später auch noch kümmern. Bronstein kontrollierte, ob Aschenbecher, Zigaretten und Streichhölzer auf dem Nachttisch lagen, und schlüpfte dann unter die Bettdecke. Er löschte das Licht und konzentrierte sich darauf, einfach an gar nichts zu denken. „Das klappt nie“, dachte er noch. Nur Augenblicke danach war er in tiefen, traumlosen Schlaf gesunken.

VIII. Donnerstag, 14. Juli 1927
    Abrupt fuhr er hoch. „Was war das?“, fragte er sich. Verwirrt blickte er um sich und brauchte dabei einige Momente, ehe er sich wieder orientiert hatte. Er befand sich in einem Gästezimmer einer Welser Pension. Bronstein knetete sich sein Gesicht und griff dann nach der Taschenuhr, die er gleich dem Rauchwerk auf den Nachttisch gelegt hatte. Es war wenige Minuten nach sechs Uhr morgens. Nun registrierte er auch, was ihn so nachhaltig um die Nachtruhe gebracht hatte. Des Nachts hatte er darauf vergessen, die Vorhänge zuzuziehen, und so schien ihm nun die Sonne direkt ins Gesicht. Sie stand schon recht weit oben am Firmament, und für den Landmann war der Vormittag wohl schon lange angebrochen.
    Bronstein kämpfte kurz mit sich, ob er liegen bleiben oder aber aufstehen sollte, seufzte dann laut und setzte seine Füße auf den Boden auf. Kurz sammelte er sich, dann stand er auf und trat an den Waschtisch heran. Er goss Wasser aus der Karaffe in das bereitstehende Lavoir und tauchte seine Hände ein, um sich Gesicht und Nacken zu waschen. Schließlich griff er nach seinem Anzug, schüttelte ihn durch und streifte ihn anschließend an. Nachdem er auch noch die Schuhe angezogen und das Rauchwerk in seinem Jackett verstaut hatte, blickte er abermals auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten vor sieben Uhr früh, und er hoffte, in der Stube würde es bereits Frühstück geben.
    Die Treppe ins Erdgeschoß war rasch überwunden. Bronstein ging an der verwaisten Rezeption vorbei und öffnete die Tür, die zum Gastraum führte. Es herrschte gähnende Leere.Nur auf einem Tisch befanden sich ein kleiner Teller, etwas Besteck und eine Porzellanschale.
    „Na, Sie san jo wirklich a Frühaufsteher“, hörte Bronstein plötzlich und drehte sich um. Aus der Küche kam die Wirtin und wischte sich ihre Hände an der Schürze ab. „Woll’n S’ a Frühstück?“
    Bronstein nickte.
    „Brot, Butter, Marmelad. Tät Ihna des passen? … Und an Häferlkaffee dazua?“
    Bronstein nickte abermals.
    „Na, dann hocken S’ Ihna da her. Des Essen kummt glei.“
    Wie angewiesen nahm Bronstein Platz und wartete. Einige Minuten später trug die Wirtin das Angekündigte auf, und wiederum einige Minuten später begab sich Bronstein wieder auf sein Zimmer, um dort eine Zigarette zu rauchen. Das hätte er freilich auch in der Schankstube machen können, doch das Frühstück hatte seine Begeisterung schwer gedämpft. Die Butter war gelber als der Verputz von Schloss Schönbrunn gewesen und hatte dabei nach ranzigem Fett gerochen. Der Kaffee, der wohl kein solcher, sondern aus Malz oder Eicheln zubereitet war, hatte eine zentimeterdicke Haut aufgewiesen, und das Brot stammte wohl noch aus der Monarchie. Die entschuldigenden Worte der Wirtin, sie sei noch nicht dazugekommen, neues zu backen, waren da nur bedingt tröstlich gewesen. Wenigstens bot sich ihm so die Gelegenheit, sein Gelübde vom Vortag einzulösen und Diät zu halten. Und doch, was gäbe er jetzt für einen ordentlichen Kaffee! Aber die Pflicht ging vor. Er blickte ein weiteres Mal auf die Uhr und ging dann hinaus auf den Balkon, wo er sich zunächst links und rechts umsah. Im Haus gegenüber schien sich noch nichts zu tun. Bronstein setzte sich und stellte zufrieden fest, dass er auch sitzend die Eingangstür des Nachbarhauses genau im Blick hatte. Jetzt brauchte er nur noch der Dinge zu harren, die da kommen mochten.
    Drei Zigaretten später bedauerte er es, dass er sich nicht mit den oberösterreichischen Kollegen ins Einvernehmen setzen konnte, denn es würde fraglos nicht schaden, auch das Breuer’sche Domizil zu überwachen. Doch dafür war es zu spät. Er konnte sich nur in Geduld üben. Instinktiv zählte er seine Zigaretten und

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