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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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sich mit in extravagante Pelzmäntel aus Plastik und Stolen aus mottenzerfressenem Kanin gehüllten Huren mit trüben Fledermausaugen füllen, die Stunde, in der Hunderte, Tausende Weißclowns mit langen roten oder blonden oder schuhcremeschwarzen Haaren krumm, am gespitzten Ende der Finger
die Glasperlenhandtaschen baumelnd, in ihre Zimmer in Stockwerken ohne Fahrstuhl zurückkehren, die wenigen verstohlenen, ängstlichen, zwielichtigen Taxis rufen, die ihnen nicht antworten. Um sechs Uhr morgens, wissen Sie, wenn der Müll, die Papierstückchen und die Zeitungsfetzen, von einem unsichtbaren, geheimnisvollen, nicht existenten Mund gepustet, über den Bürgersteig flattern, wenn die Fontänen auf den Plätzen in der Luft innehalten und die Bronzestatuen der Wasserbecken ihre rostigen Glieder zu reglosem, sinnentleertem Abschiedswinken heben, ist Lissabon eine Stadt der erschöpften, vom falschen Champagner und vom Whisky aus Apothekenalkohol zerfressenen Huren, ein Friedhofszirkus, den eine stumme Trompete klagend unterstreicht und dem ein aus Fenstern bestehendes, trübes Theater zuschaut. Als ich klein war, weckte mich manchmal frühmorgens ein Geruch nach Schweiß und billigem Parfüm, unzähliges Klingeln von Armreifen, Rascheln von Wäsche, merkwürdiges Aneinanderklicken von Ketten mitten aus wilden, ungewöhnlichen Träumen, das sich mit dem Ächzen der Kommoden, dem Knacken des Bodens und dem Meeresatem meiner Eltern im Zimmer nebenan vermischte, die wie Walrösser in den Bettüchern schnauften, ich ging zum Balkon, zog ängstlich die Gardine zur Seite, und da waren sie auf dem Bürgersteig, kuschelten sich vor der erloschenen Leuchtreklame des Flamingo in ihr Halstuch, zig Spinnenfrauen in schwarzen Strümpfen und überkurzen Röcken, die den Akrobatinnen, den Gummifrauen, den Trapezkünstlern, den Damen mit den dressierten Hündchen aus dem Coliseu ähnelten, und warteten mit der reglosen Bangigkeit von Käuzchen auf die Ankunft des rettenden Omnibusses, der undeutlich von unten, aus dem Nebel der Schiffe auf dem Fluß, mit den dicken Hüften seiner Reifen wackelnd heraufkam. Ich beschlug mit der Nase die Fensterscheiben und wischte das Beschlagene mit unruhigem Pyjamaärmel weg, während die Huren auf der Straße sich, ein Saxophon oder Akkordeon vor den Pailletten der Brust, in tragischem, bedrohlichem, schrecklichem Clownsgehabe vervielfältigten, mir
mit hochgezogenen Augenbrauen und großem scharlachrotem Lachen auf den geschminkten Wangen die weißen Handschuhe hinstreckten, während hinter meinem Rücken ein verstimmtes Orchester unter riesigem Tellergetöse zu spielen anfing, eine Lampe, die ständig ihre Farbe wechselte, verfolgte mich wahllos im Zickzack durch das Zimmer, die Handschuhe, die Arme, die Augenbrauen, das Gelächter erreichten fast die Fensterrahmen, tonnenschwere Schenkel nahmen mir die Luft, Lackschuhe zerquetschten mir die Blase, ein Angstpipi lief mir an den Streifenhosenbeinen des Schlafanzugs herunter, die Lautstärke des Orchesters nahm zu, hallte im Haus wider, bis es sich mit der Stimme meiner Mutter vermischte, die mich vollends taub machte, mich vom Boden aufhob, die Vorhänge aufzog, mich auf dem Arm ins Bett trug, das vor ihrer Heirat ihres gewesen war und davor das ihrer Mutter und davor das der Mutter ihrer Mutter, und sie ließ mich allein auf dem Kissen zurück, von wo aus ich voller Schrecken auf den Balkon spähte, an den sich die Gesichter mit den langen blonden oder gelben oder schwarzen Haaren der Huren von Lissabon preßten, die sich in finster einladenden oder abweisenden Grimassen wanden.
    Deshalb wollte ich vor dem Morgengrauen den Nachtclub verlassen, Herr Hauptmann, nur wir fünf, die dicke Mulattin, die Assistentin des Zauberers, die beiden farblosen Dünnen, die wie Kerzenleuchter jede zu einer Seite des Oberstleutnants postiert waren und von Erdnüssen und Wermut nicht genug bekommen konnten, und Melissa, die Göttin des Striptease, die Adosinda heißt, Pickel auf den Schultern hat und Dienstmädchen im Haus eines Nierenarztes in Porto gewesen war, das Lokal verlassen, solange die Nacht die Augenringe, die Krähenfüße und die weißen Haare und die Flecken auf dem Hemd barmherzig vor uns verbarg, solange das große Heer unzähliger Huren die Stadt nicht mit seinem schaurigen Zirkus unförmiger überspannter Gestalten überschwemmte, deren im Kalk des Kinns aufgerissenes Zahnfleisch aussah wie die Wunden von Granatsplittern, wissen
Sie noch?, wir kamen

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