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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Leix
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von Lindts Kopfplatzwunde erteilte der Arzt die Anweisung, loszufahren.
»So schnell wie möglich, aber so schonend wie nötig!«
    Die wohlige
Wärme, die dicken Wolldecken und bestimmt auch die schaukelnde Fahrt bewirkten,
dass Lindt und Sternberg während des Transports mehr und mehr aufklarten. Gut zugedeckt
und gründlich untersucht befanden sie sich immer noch auf den Liegen in der Notfallaufnahme
der Klinik, als die vier Karlsruher hereineilten.
    Wortlos
schlossen Ilona und Carla ihre geretteten Ehemänner in die Arme.
     
    Bis zum Sonntag mussten Lindt und
Sternberg im Wolfacher Krankenhaus bleiben, doch bereits am Montag nahmen sie –
zwar nach wie vor sichtlich angeschlagen – pflichtbewusst ihren Dienst wieder auf.
Lindt trug einen respektablen Verband am Hinterkopf, wo er mit fünf Stichen genäht
worden war, doch die massive Unterkühlung war bis auf eine rechte Schniefnase zum
großen Glück folgenlos geblieben. Weder eine Lungenentzündung, wie befürchtet, ja
nicht einmal eine stärkere Erkältung plagte die Beamten. »Gerade noch mal gut gegangen«
war alles, was Oskar Lindt zu den Vorkommnissen zu sagen hatte.
     
    Die europaweite Großfahndung nach
Eduard von Villing war bisher ergebnislos geblieben. In der Südschweiz, vor dem
Bahnhof von Bellinzona, hatte man den Wagen des Rentners vom Hegau gefunden, nachdem
eine Streife auf den darin jaulenden Hund aufmerksam gemacht worden war. Der Drahthaar
kam ins Tierheim; die Spur des Alten mit dem schlohweißen Bart und den stechenden
schwarzen Augen hingegen verlor sich.
     
    Schon drei Tage später konnte der
Hund an eine Tessiner Bäuerin vermittelt werden, die in dicken Bergstiefeln, grüner
Arbeitshose und einer grob gestrickten Wollweste im Tierheim nach einem kräftigen
Wachhund für ihren einsamen Berghof suchte. In einem sonnigen, sehr abgelegenen
Seitental war das große alte Steinhaus mit der traumhaften Aussicht nur nach zweistündigem
Fußmarsch durch eine enge Klamm zu erreichen. Die braun gebrannte, kräftige Frau
ließ die steilen Grashänge von ihrer 20-köpfigen Ziegenherde abweiden, betrieb intensiven
Gartenbau, beerntete die Obstbäume und kultivierte sogar einen kleinen Getreideacker.
    Der große
Esskastanienwald, der das Anwesen vor Geröll und Lawinen schützte, lieferte mehr
als genug Brennholz, um die Hofbewohner auch die schneereichen Wintermonate überstehen
zu lassen. So lebte die Hofbesitzerin seit über 20 Jahren ihren Traum von der Selbstversorgung
in diesem südlichsten Kanton der Schweiz.
    Die Pflegerin
des Tierheims war sehr froh, den als schwer vermittelbar eingestuften, riesigen
Drahthaar an jemanden abgeben zu können, der mit Hunden dieses Kalibers offenbar
keinerlei Probleme hatte. Der Rüde und die Frau verstanden sich auf Anhieb. Deshalb
und wegen der mehr als abgelegenen Adresse notierte die Tierwärterin in der Akte:
Kontrollbesuch nicht erforderlich.
     
    Auf dem letzten Stück des schmalen
Fußwegs zum Hof konnte die Bäuerin den borstigen Hund nicht mehr zurückhalten. Sie
versuchte erst gar nicht, zu pfeifen oder nach ihm zu rufen, als er ihr davonlief.
Lächelnd und leichtfüßig, trotz der schweren Stiefel, wanderte sie den Rest des
steilen Saumpfades weiter bergan.
    Einer aber
freute sich unbändig, als der neue Bewohner lange vor der Bäuerin eintraf. Der groß
gewachsene, glatt rasierte Mann, der auf dem kahlen Schädel eine Wollmütze undefinierbaren
Alters trug, umarmte den Jagdhund und ließ sich von ihm minutenlang das Gesicht
ablecken.
    Als die
drahtige Frau schließlich ebenfalls ankam, beendete der Hund das Begrüßungsritual
und rollte sich auf seinem gewohnten Platz zusammen.
     
    Die Kriminaltechnik legte eine Wochenendschicht
ein, stellte das gesamte Schwarzwaldgehöft einschließlich Leibgeding und allen Nebengebäuden
in mühseliger Kleinarbeit auf den Kopf und fand: nichts. Absolut nichts, was auf
die Skelette in der Knielinger Jauchegrube hingedeutet hätte, und nichts, womit
sich die Rätsel um die erschossene Ehefrau und die erhängte Schwester von Eduard
von Villing hätten lösen lassen.
    »Der Zufall
ist unser Freund«, deklamierte Kriminalhauptkommissar Oskar Lindt, »aber Fleiß,
Hartnäckigkeit und unsere grauen Zellen werden uns zum Ziel führen.« Er schwor seine
Mannschaft darauf ein, dass sie alle einen sehr langen Atem benötigen würden.
    »Der Schlüssel«,
sagte Lindt, »der Schlüssel zur Lösung heißt Konstantin von Villing. Wenn der Alte
nicht gefasst wird, müssen wir

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