Fächerkalt
wollte sie wissen. »Oskar hat anscheinend sein Handy wieder mal abgeschaltet
und dabei müssen wir heute Abend nach Heidelberg zu unserer Tochter.«
Wellmann
wurde ein wenig verlegen. »Also …«, druckste er herum, »wenn du es genau wissen
willst …«
»Ja, bitte.
Sag ihm doch, er soll mich endlich zurückrufen.«
»Also …«
»Mach’s
nicht so spannend. Wo seid ihr denn?«
»Ich bin
schon den ganzen Nachmittag bei meinen Bienen, aber dein Oskar scheint noch irgendwo
im Schwarzwald rumzugondeln.«
»Was?«,
empörte sich Carla. »Wieso hast du frei und mein Mann kann sich wieder mal nicht
von seiner Arbeit losreißen?« Sie stockte. »Ist er etwa zu diesem … diesem Einsiedler,
zu diesem alten Mann da hochgefahren?«
Ȁh, ja,
heute Vormittag.«
Carlas Stimme
wurde schrill. »Aber hoffentlich nicht alleine?«
»Nein, keine
Sorge, Jan ist bei ihm.«
»Warum denn
der Jan? Ist doch noch grün hinter den Ohren. Hundertmal hab ich ihm gesagt, er
soll bei diesem Kerl bloß vorsichtig sein. Wieso hat er denn nicht dich mitgenommen?«
Wellmann
wurde ein bisschen mehr verlegen. »Er wäre ja lieber mit mir, aber ich …«
»Was? Du
wolltest nicht?«
»Ihr wollt
ja auch meinen Honig essen und wenn ich nie nach den Bienen schaue …«
»Paul, bitte.
Versuch ihn zu erreichen. Er hat doch Funk im Dienstwagen. Jetzt mache ich mir wirklich
Sorgen.«
Wellmann
wählte umgehend die beiden Handynummern. Wieder nichts!
Dann meldete
er sich bei der Zentrale und bat darum, mit den Polizeidirektionen der Kreise Rottweil
und Ortenau Kontakt aufzunehmen, damit die es per Funk versuchten. Gleichzeitig
stellte sich bei ihm ein derartig ungutes Gefühl ein, dass er sofort das Nötigste
zusammenräumte, sein Bienenhaus abschloss und sich aus dem weißen Overall schälte,
um so schnell wie möglich in Richtung Polizeipräsidium Karlsruhe zu fahren.
Wie üblich
waren die Straßen voll, doch nach guten 20 Minuten hatte er es geschafft.
Er begegnete
zwei Kollegen im Treppenhaus, die ihn mit »Du im Blaumann? Verdeckte Ermittlung
im Handwerkermilieu?« begrüßten, aber Wellmann gab ihnen keine Antwort, sondern
eilte zu seinem Schreibtisch. Während der PC hochfuhr, fragte er in der Zentrale
nach, ob es einen Funkkontakt gegeben habe – leider Fehlanzeige. Ein letztes Mal
versuchte er es auf den Handys und schaltete anschließend auf die GPS-Ortung der
Fahrzeuge des Alten. Dessen Range Rover befand sich im Moment bei Rottweil, kurz
vor der Auffahrt zur Bodenseeautobahn.
In Wellmanns
Kopf kreisten rote Blinklichter. Die Raumüberwachung! Er loggte sich ein – alle
Mikros tot! Alarm!
Schnell
die Nummer der Kripo Ortenaukreis: Zweimal wurde er weiterverbunden, ehe er endlich
auf dem Handy eines Kollegen landete, der Rufbereitschaft hatte.
Glücklicherweise
war der keine Trantüte, sondern versprach, sofort ein Fahrzeug zum Hof von Eduard
von Villing zu schicken.
Die Streife
des Polizeireviers Wolfach erreichte die Einöde um halb fünf und meldete über Funk
den verlassenen Dienstwagen.
Es wurde
ein direkter Kontakt mit Paul Wellmann hergestellt. »Sonst niemand zu sehen. Es
macht auch keiner auf.«
Die Verantwortung
für die Entscheidung musste er jetzt tragen, doch er brauchte keine Überlegungszeit.
»Reingehen, auf jeden Fall. Da stimmt was nicht.«
Eine Tür
im früheren Stall schien den geringsten Widerstand zu leisten. Nach zwei Minuten
hatte die Brechstange ihre Arbeit getan und die Streifenpolizisten betraten das
Haus. Drei Minuten brauchten sie für das untere Geschoss, anschließend arbeiteten
sie sich die Treppe empor, überquerten den breiten Hausgang und stießen die Tür
zur früheren Gaststube auf. Die offen daliegende Dienstpistole und die Jacken nebst
Tascheninhalt in der Ecke genügten, um Großalarm auszulösen.
Drei weitere
Streifen der Reviere Haslach und Schramberg wurden losgeschickt. Auch die zuständige
Bereitschaft der Kripo setzte das Magnetblaulicht aufs Dach und gab Gummi.
In Höhe der Raststätte Hegau setzte
sich ein Mercedes der Autobahnpolizei hinter den dunklen Range Rover und schaltete
das Lichtsignal mit der Anhalteaufforderung ein. Der Geländewagen wurde langsamer
und rollte auf den Standstreifen.
Eduard von
Villing war schneller als die Fahrzeugbesatzung. Noch bevor die Polizisten aussteigen
konnten, riss er die Fahrertür seines Wagens auf, sprang heraus und gab mit seinem
.44 Magnum Trommelrevolver zwei Schüsse auf das Streifenfahrzeug ab.
Der Hauptmeister
am Steuer
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