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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Leix
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Minuten, zehn Minuten. Wellmann reichte ihm ein Papiertaschentuch.
    Aber selbst,
als er sich wieder beruhigt hatte, fand Konstantin von Villing keine Worte.
    »Sie haben
Ihre Tante nicht umgebracht«, brach Lindt das Schweigen. »Wir glauben Ihnen nicht.«
    »Doch«,
widersprach der Häftling trotzig. »Sie haben es schwarz auf weiß.«
    »Ist keinen
Pfifferling wert, dieses Geständnis, solange Sie uns nicht genauer sagen, wie Sie
es angestellt haben.«
    »Ich weiß
es doch nicht!«, schrie Konstantin erregt. »Ich habe keine Erinnerung mehr daran!«
    »Wissen
Sie, wie lange man für Mord hier drin schmoren muss? Lebenslänglich! Wollen Sie
das? Ganz bestimmt nicht! Sie wären ja behämmert, etwas zu gestehen, was Sie gar
nicht begangen haben.«
    »Und wenn
es im Suff war? Dann war ich nicht …«
    »Nicht schuldfähig?«
    »Ja?«
    »Selbst
bei einem milden Richter brummen Sie trotzdem einige Jahre.«
    »Und danach
ist Ihr Leben vorbei«, sagte Paul Wellmann. »Hier drin werden Sie fertiggemacht.«
    »Fertig,
das bin ich jetzt schon.«
    »Überlegen
Sie mal. Kann es nicht sein, dass sich Ihre Tante selbst …?«
    Konstantin
schrie auf: »Nein, nein, nein!« Er hopste wie ein Rumpelstilzchen im Vernehmungsraum
umher. »Niemals, gar nie, auf keinen Fall. Das hätte Irene mir nie angetan.«
    »Wieso Ihnen?
Sie hätte es doch sich selbst angetan?«
    »Mann, Sie
hat es hinter sich, aber ich, ich muss damit weiterleben, und sie war der einzige
Mensch, der noch zu mir …«
    »Miteinander
verwandt, also blutsverwandt, waren Sie aber nicht.«
    »Sie wusste
es ja schon viel länger und hat mich trotzdem bei sich wohnen lassen.«
    »Vielleicht
wollte sie ja nur nicht alleine sein?«
    Der Gefangene
überlegte. »So habe ich es noch nie gesehen … Seit der Otto, also seit ihr Mann
damals diesen furchtbaren Unfall hatte«, er stockte, »… ja, seither war sie völlig
alleine. Außer wenn sie im Schwarzwald oben war bei meinem Vater, nein, bei ihrem
Bruder. Aber viel gesprochen haben die bestimmt nicht miteinander. Und dieser Kerl
da aus dem Elsass, dieser Möbelheini mit seinem affigen Schnäuzerchen, der sie alle
paar Monate mal … äh, ja, der sie halt besucht hat, der hat ihr garantiert überhaupt
nichts bedeutet, der war nur … na, so halt.«
    »So halt«,
wiederholte Lindt.
    »Ach, das
war ein Idiot. Da musste sie vorher immer erst ein paar Gläser … sonst hätte sie
das überhaupt nicht ausgehalten.«
    »Den mochten
Sie nicht«, stellte Lindt fest.
    »Sie hat
mir ein paar Scheine in die Hand gedrückt und ein Taxi gerufen. Ich glaube, sie
hat sich geschämt.«
    »Sie haben
Irene sicherlich gefragt, woher sie weiß, dass Ihr Vater nicht Ihr Vater ist.«
    »Natürlich.
Immer wieder. Gelöchert habe ich sie. Jedes Mal die gleiche Antwort. ›Ich weiß es
halt‹, mehr konnte ich nie aus ihr rausbringen.«
    »Streit
deswegen?«
    »Nur deshalb,
sonst nie.«
    »Dann aber
heftig?«
    Konstantin
nickte. »Ich habe sie angeschrien. Immer und immer wieder. Hat nichts genutzt. Sie
wollte es mir einfach nicht sagen.«
    »Auch an
dem Abend bevor …?«
    Von Villing
wurde rot im Gesicht. »Da habe ich sie sogar gepackt und geschüttelt.«
    »Und dann?«
    »Bin ich
voller Zorn in mein Zimmer.«
    »Flasche?«
    »Nicht nur
eine.«
    »Was Hartes?«
    »Immer Whiskey,
seit Amerika immer Whiskey.«
    »Bis zur
Besinnungslosigkeit?«
    Konstantin
sprang erneut auf. »Verdammt, verdammt! Ich weiß es doch nicht mehr.« Wie ein Tiger
im Käfig lief er auf und ab, schlug die Fäuste gegen die Wand, haute auf den Tisch,
stampfte auf den Boden. »Bestimmt hab ich ihr eine gescheuert, dann ist sie umgefallen
oder so. Und dieses Seil … In der Werkstatt, da hing immer so ein langes Hanfseil
…«
    »Hatte sie
das um den Hals, als Sie …?«
    Von Villing
sank zurück auf den Stuhl. »Wie soll es denn sonst gewesen sein? Es war niemand
anderer da und sie ließ keinen rein. Es kann nur so …« Er begann erneut zu schluchzen.
»Sie hätte sich niemals selbst … niemals!«
    »Wo?«
    »In der
Scheune. Unter der Galerie«, stieß er mit tränenerstickter Stimme hervor.
    »Und da
lag nichts, worauf sie hätte stehen können? Stuhl, Bierkiste, irgendwas?«
    »Nein, nichts,
überhaupt nichts. Ich habe sie gefunden, ich! Da war nichts.«
    »Sie könnten
es übersehen haben.«
    »Nein, verdammt
noch mal.«
    »Sie waren
schockiert.«
    »Nein«,
schrie Konstantin, Im nächsten Moment klappte er wieder zusammen. »Ich … ich … Es
kann nur so gewesen sein.

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