Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Leix
Vom Netzwerk:
Niemals hätte sie mir das angetan.«
    »Okay, was
haben Sie dann mit ihr gemacht?«
    »Ich bin
raus, raus aus der Scheune. Und wieder rein. Und wieder raus. Und wieder rein. Keine
Ahnung, wie oft. Haben Sie das schon mal gesehen? Wissen Sie, wie das aussieht,
wenn da jemand …«
    »… hängt?«,
fragte Lindt. »Schon oft gesehen, viel öfter, als mir lieb ist.«
    »Schließlich
haben Sie Ihre Tante abgeschnitten?«, fragte Paul Wellmann.
    »Nein, nicht
abgeschnitten. Ich bin hoch und habe den Knoten aufgemacht.«
    »Oben an
der Galerie?«
    »Ja, am
Geländer. Ganz vorsichtig habe ich sie runtergelassen. Bestimmt habe ich auch dort
oben gestanden und habe sie hochgezogen.«
    »Bestimmt?«
    »Ich weiß
es nicht!!!«, presste von Villing hervor. »Wie oft soll ich es denn noch sagen?
Es kann nur so gewesen sein.«
    »Und dann
in den Schrank?«
    »Hätte ich
sie denn so liegen lassen sollen? Es war ihr Lieblingsstück. Wirklich wertvoll.
Wirklich Barock. Den hatte sie schon viele Jahre da stehen und hätte ihn um nichts
in der Welt verkauft.«
    »Sie hätten
Irene ja einfach dort reinlegen können.«
    »Hab ich
ja zuerst, aber der war nicht breit genug und wissen Sie, wie das aussah? Total
schräg lehnte sie in einer Ecke. Da dachte ich, es wäre besser, wenn …«
    »Die Höhe
hat gereicht?«
    »Sie saß
ein wenig in der Hocke, als ich sie oben angeknotet hatte, aber besser aufrecht
zu sitzen, als schräg in der Ecke zu liegen.«
    Lindt stand
auf. »Paul, komm.« Er schaute Konstantin von Villing tief in die Augen. »Ich möchte
nicht, dass Sie jahrelang hier drin vergammeln.«

18
     
    »Das hast du doch wohl nicht ernst
gemeint«, protestierte Paul Wellmann, als der Dienstwagen vom Parkplatz der JVA
rollte.
    »Und du?
Nimmst du ihm diese haarsträubende Geschichte ab?«
    »Wieso nicht?
Ein fürchterlicher Streit, er gibt sich die Kante, ist nach zwei Stunden voll bis
zum Kragen, der Streit geht weiter …«
    »Bis dahin
bin ich mit dir einig, aber was geschieht anschließend? Glaubst du etwa, die Frau
geht freiwillig mit in die Scheune, lässt sich das Seil um den Hals legen und in
die Höhe hieven? Niemals! Paul, also bitte.«
    »Muss er
sie vorher halt bewusstlos geschlagen haben.« Wellmann stockte. »Nein, dann hätte
die Salzmann ja am Kopf irgendwelche Hämatome gefunden.«
    »Hat sie
aber nicht und deshalb glaube ich immer mehr daran, dass die sich selbst aufgeknüpft
hat. Überleg’ mal, wie oft wir das in letzter Zeit hatten. Wäscheleine, Elektrokabel,
Nylonstrumpf. Obwohl …« Lindt riss den Citroën nach rechts und hielt abrupt in einer
Bushaltestelle. »Was hast du gerade eben gesagt? Voll bis zum …?«
    »Kragen«,
wiederholte Paul Wellmann.
    »Ja, eben.
Kragen, Rollkragen. Die Stoll trug einen dicken, warmen Rollkragenpullover. Ihr
Neffe könnte sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Wenn er seine Hände über
dem Kragen und nicht direkt auf ihrer Haut hatte, findet später niemand einen Abdruck.«
    »Aber da
gibt es doch diese winzigen Blutungen? Augen, Mundschleimhaut, eben da, wo die kleinsten
Blutgefäße platzen?«
    Lindt griff
zum Mobiltelefon. »Fragen wir einfach nach.«
    Dr. Adelheid
Salzmann hörte geduldig zu und meinte schließlich mit leicht verschärftem Unterton:
»Wie darf ich Ihre Frage verstehen, lieber Herr Kommissar? Etwa so, dass ich, eine
Gerichtsmedizinerin mit 38 Jahren Erfahrung im Leichenaufschneiden, meine Arbeit
nicht ordentlich gemacht hätte? Hoffentlich nicht, denn sonst würde das einen großen
Schatten auf unsere zukünftige Zusammenarbeit werfen.«
    »Alles bloß
das nicht«, antwortete Lindt. »Nichts läge mir ferner als eine solche Unterstellung.«
    »Dann ist
ja gut«, fuhr die Ärztin fort. »Wenn Sie fragen möchten, ob man solche winzigen
Blutungen, Flohstichen nicht unähnlich, bei einer Wasserleiche mit zwei Wochen Einweichzeit
feststellen kann …«
    »Genau so
wollte ich es formulieren«, beeilte sich der Kommissar zu bestätigen.
    »… muss
ich leider gestehen: Ich weiß es nicht. Exakt dieser Frage bin ich nämlich nachgegangen,
doch in der Literatur konnte ich dazu überhaupt nichts finden und meine persönliche
Meinung ist … Sind Sie überhaupt noch dran?«
    »Selbstverständlich,
Kollege Wellmann und ich hören gespannt zu.«
    »Wenn Sie
sich vorstellen, wie die weichen Schleimhäute ausgesehen haben nach Intensivkontakt
mit dem Jauchewassergemisch …«
    »Ziemlich
eklig wahrscheinlich.«
    »Das stimmt,
aber darum geht es nicht. Sie waren

Weitere Kostenlose Bücher