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Fächertraum

Fächertraum

Titel: Fächertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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deutete auf die andere Talseite. »Ein Jäger hat von dort drüben mit seinem Fernglas den Hang nach Rotwild abgesucht.«
    »Wie lange brennt so ein Baum wohl?«, überlegte Sternberg.
    Der Gendarm lächelte: »Nachts kann der hier oben eine ganze Stunde brennen, ohne dass es irgendeinem auffällt.«
    Der Kommissar näherte sich langsam der Fahrertür. Die schmalen schwarzen Überreste dessen, was vermutlich einmal ein Mensch gewesen war, hingen tief zwischen den ausgeglühten Drähten der Sitzkonstruktion. Die Niederschläge der vergangenen Tage hatten die verkohlte Leiche in einen schmierigen länglichen Klumpen verwandelt.
    Vom Wagen war nur noch das Metall übrig. Dunkles Blech, verkohlter Stahl, abgeplatzter Lack. Textilteile und Kunststoff waren fast rückstandsfrei verbrannt. Die ganze Karosse ein einziges blechernes Skelett, Knochen ohne Fleisch, keine Muskeln, keine Sehnen, Nerven oder Adern. Selbst das Gummi der Reifen fehlte. Nur noch ein paar Drahtlagen hingen brüchig über den verformten Alufelgen.
    Wortlos reichte Lindt seinem Mitarbeiter die Kamera, während er selbst die Kletterpartie zur Umrundung des Wracks fortsetzte.
    ›– KD 5000‹, konnte er mit viel Mühe vom hinteren Nummernschild ablesen. Zwar ohne Lack, aber die erhaben geprägten Ziffern waren noch deutlich zu erkennen. Was hatte ihn gerade hier hergeführt? Oben hinter dem Pass begann Lothringen. Wollte er sich absetzen oder irgendwo verstecken? Lindt kannte die Hochvogesen von ausgedehnten Wanderungen früherer Zeiten. Kleine Berghöfe abseits jeder Zivilisation, auch eine versteckte Jagdhütte wäre denkbar.
    Der Kommissar schreckte auf. Ungeduldig klirrte der Traktorfahrer mit einer Kette und rief dem Gendarmen einen unverständlichen Dialektsatz zu.
    »Hast du alles, Jan?«
    »35 Fotos, Chef. Reicht das?«
    Lindt nickte und gab das Handzeichen zum Beginn der Bergung: »Doucement, s’il vous plaît«, worauf der junge Mann nur lachte und auf die felsige Strecke zeigte, über die sich das Stahlseil seiner Maschine spannte.
    »Er tut sein Möglichstes«, kommentierte der Gendarm, »aber ob von diesem Wagen noch viel übrig ist, bis er ihn oben auf der Straße hat, kann er nicht versprechen.«
    Geschmeidig wie eine Katze schlüpfte der Traktorfahrer unter die Front des verkohlten Wracks, schlang zwei kurze Ketten links und rechts um die Vorderachse und hängte die Teile am Stahlseil ein. »Attention!« Mit einer energischen Handbewegung scheuchte er die drei Polizisten aus dem Gefahrenbereich, stellte sich einige Meter oberhalb des Wagens auf und betätigte die funkgesteuerte Fernbedienung seiner Maschine.
    Ruckartig bewegte sich der Wagen. Mit durchdringendem Quietschen scheuerte das Metall an der verkohlten Fichte und versetzte die Baumleiche in Schwingungen.
    »Vorsicht!«, schrie Sternberg auf, doch es war nicht zu verhindern. Mit einem lauten Knall brach die obere Hälfte des verbrannten Baumes und krachte direkt auf den Blechhaufen darunter. Der Traktorfahrer zuckte nur unbeteiligt die Achseln. ›War nicht zu verhindern‹, sollte das wohl heißen.
    Mehr und mehr schob sich die Front des Cayenne nach oben. Meter für Meter, mal ruckartig, mal widerstandslos bewegte sich das Wrack durch das Geröll. Kreischen, Poltern und Krachen gingen den Beobachtern durch Mark und Bein, wenn die Bodenplatte des Porsche über scharfe Kanten gezogen wurde. Immer wieder lösten sich Steine und polterten zu Tal. Ein paar katzenkopfgroße Brocken sausten so dicht an Lindt vorbei, dass er sich schnellstens zur Seite in Sicherheit brachte.
    »Eigentlich hätte die Spurensicherung sich das alles vor Ort anschauen müssen«, runzelte der Kommissar die Stirn, lächelte dabei aber gleichzeitig, weil er an den Kommentar von KTU -Chef Willms denken musste. »Ludwig wird uns was erzählen! Gut, dass er nichts von unserem Ausflug weiß. Ich kann ihn fast schon hören: ›Ein grober Ermittlungsfehler! Noch nicht mal Anfänger verhalten sich so dilettantisch!‹«
    Sternberg zwinkerte seinem Chef zu: »Wir bringen ihm ja was mit von unserem Ausflug. Ein kohlschwarzes Präsent aus den Vogesen, da kann er sich dran verkünsteln.«
    Glücklicherweise blieben die menschlichen Reste tief im ausgeglühten Gestell des Fahrersitzes hängen, während sich das Autowrack Meter für Meter der Bergstraße näherte. Der Traktorfahrer gab sich die größte Mühe und bediente die Funksteuerung seiner Seilwinde mit einer Feinfühligkeit, die man dem muskulösen jungen Mann

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