Faeden des Schicksals
wütend zu ihr. Dann wurde ihr Blick weicher.
„Es tut mir leid“, seufzte sie. „Ich bin … etwas durch.“
„Das merkt man.“ Caitlyn ging zu ihr und legte ihr sanft die Hände auf die Schultern. „Bisher konnten wir über alles reden. Was ist also los?“
„Ich …“ Laarni brach ab und schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Vielleicht ist so ein Disco-Abend nicht mehr mein Ding. Die Musik und die Leute hier schon gar nicht.“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Na komm, ich war bereits früher recht direkt .“ Sie quälte sich ein Lächeln auf die Lippen. „Ich mag solche Typen nicht, das weißt du.“
„Stimmt schon .“ Caitlyn stöhnte auf. „Es ist einfach, zu wissen, was du nicht magst. Irgendwann interessiert mich aber auch, was du magst.“
„Kann ich dir sagen“, ein Schnauben erklang. „Im Moment mag ich eine Notaufnahme. Ich glaub , die Wunde schließt sich nicht von alleine.“
Caitlyn sah auf die Hand. Laarni hielt ein Taschentuch darauf und versuchte die Blutung zu stoppen. Doch der Schnitt schien zu tief zu sein , um sich dadurch wieder schließen zu lassen.
„Na komm, wir fahren dich ins Krankenhaus.“
Laarni nickte nur, starrte einen Moment auf ihre Hand.
„Laarni?“ Caitlyn blieb noch einmal stehen und sah , wie ihre Freundin sich gewaltsam von einem Gedanken losriss. Sie schüttelte den Kopf, seufzte und kam auf sie zu.
„Lass uns gehen.“
4.
„Und , wie sieht es aus?“ Caitlyn saß im Wartebereich des Krankenhauses und sah Laarni entgegen, die mit verbundener Hand aus der Notaufnahme kam.
„Ganz gut, denke ich. Sie haben mir eine wunderschöne Ziernaht verpasst. Nachdem ich sie von einer Amputation abgehalten habe.“
„Deine Sprüche haben sich zumindest nicht verändert.“ Ein erleichtertes Lächeln umspielte Caitlyns Lippen.
„Warum sollten sie das auch?“ Laarni ging zum Ausgang und Caitlyn folgte ihr. „War ja nur die Hand verletzt. Und nicht d er Teil im Gehirn, der für realitätsnahe Satire verantwortlich ist.“
„Ich fahr dich nach Hause.“ Sie erreichten den Wagen und stiegen ein. „Oder hast du etwas anderes vor?“
„Danke!“ Laarni hob abwehrend die Hände. „Mein Bedarf an Ausgehen ist für eine Weile gedeckt. Bis zur Rente ungefähr.“
„Ich kann mich dran erinnern, dass du früher anders dazu standest“, feixte Caitlyn.
„Von solchen Läden war ich nie begeistert.“ Laarni ließ sich in den Sitz fallen und lehnte den Kopf an.
„Hey, was heutzutage als Gothic durchgeht , ist doch ähnlich wie das Elektrozeugs, das du hörst.“
„Trance, meine Liebe, hat nichts mit diesem Emogepfeife zu tun!“
„So unterschiedlich ist das …“
„Führ diesen Satz besser nicht zu Ende!“ Laarnis Stimme nahm einen drohenden Unterton an.
„Na schön …“ Caitlyn setzte eine kleine Pause ein und wurde ernst. „Und was ist mit diesem Kayne?“
„Was soll mit ihm sein?“
„Kanntest du ihn?“ Eine rote Ampel und Caitlyn sah zu ihrer Freundin.
Laarni hatte den Blick ein wenig gesenkt.
„Was ist los?“, bohrte Caitlyn nach.
„Nichts!“ Laarni drehte den Kopf zur Seite und starrte nach draußen.
„Laarni!“ Caitlyns Stimme wurde warnend.
„Vielleicht habe ich ihn früher mal getroffen“, meinte ihre Freundin schließlich ausweichend.
„Vielleicht?“ Caitlyn schüttelte den Kopf. „Was ist nur los? Warum ist das Thema so schlimm? Du hast mir immer alles erzählt.“
Einen Moment war es still. Laarni ließ den Kopf hängen und seufzte. „Es tut mir leid. Ich verbinde nichts Positives mit ihm und will nicht mehr daran denken.“
„Du machst mich neugierig.“ Caitlyn ließ nicht locker. Es überraschte sie, dass Laarni überhaupt mal in irgendeiner Weise mit so jemandem zu tun gehabt hatte. Er passte nicht nur optisch nicht in ihr Beuteschema, sondern war auch, was das Auftreten und die Ausstrahlung anging, nicht Laarnis Typ. Caitlyn erinnerte sich an die früheren Beziehungen ihrer Freundin. Abgesehen davon, dass es immer welche gewesen waren, deren Aussehen fast makellos schien, handelte es sich ausnahmslos um irgendwelche hohen Akademiker. Manchmal regelrechte Genies. Menschen, die sich ihr ganzes Leben zur Entspannung ans Schachbrett setzten, damit sie ihrem Gehirn eine Pause gönnen konnten. Keiner von diesen Männern wäre jemals auf die Idee gekommen, sich mit einem anderen zu prügeln oder sich in der Öffentlichkeit auffällig zu verhalten.
Dieser Kayne hingegen schien recht aggressiv
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