Fähigkeiten unbekannt
die Tasche zu mir hinauf.
»Zu Diensten, Sir!« sagte er devot.
Der Zwerg schien erneut mit Schluckbeschwerden zu kämpfen. Seine verdächtig zuckenden Lippen trieben mir den Angstschweiß auf die Stirn.
»Das – das war wohl diese Sprache, wie?« fragte der Rittmeister zögernd.
»Amerikanisiertes Englisch, Baron«, belehrte ich ihn liebenswürdig. »Ich darf Ihnen meine Empfehlungsschreiben und Pässe vorlegen? Bitte sehr, hier die handschriftliche Anweisung des Zaren Alexander. All seinen Soldaten und Beamten wird die Unterstützung meiner Person befohlen. Meine Legitimierung als Bevollmächtigter des amerikanischen Präsidenten. Eine Empfehlung des Fürsten Metternich. Schließlich ein Passepartout Seiner Kaiserlichen Majestät, Napoleon I. Hätten Sie auch noch die Liebenswürdigkeit, das Schreiben Ihrer Allergnädigsten Königin, Louise von Preußen, zu studieren.«
Die großen Pergamentbögen mit den schwungvollen Schriftzeichen, Unterschriften und Siegeln wechselten den Besitzer. Augenblicke später sank der kleine Rittmeister in sich zusammen. Notfalls hätte ich ihm auch noch andere Dinge zeigen können. Wir waren eben bestens ausgestattet worden.
»Untertänigsten Dank, Graf Laufenstein. Selbstverständlich dürfen Sie meiner Unterstützung gewiß sein. Sie erlauben …«
Ich nickte. Sein Kopf fuhr herum. Sogleich erteilte er einem Mann die Order:
»Reite Er wie der Teufel zum Wirt der Poststation und sorge Er rechtschaffen für den Empfang Seiner Gnaden, des Grafen von Laufenstein. Dem Wirt seien zwanzig Stockhiebe gewiß, so er sich nicht an meine Befehle hält. Bestelle Er auch ein gutes Mittagsmahl.«
Der Kürassier jagte davon.
Ich erhielt die Legitimationen zurück. Anschließend bat der Offizier, mir und dem Herrn Major Geleit geben zu dürfen, da er als sicher annähme, daß wir in Fürstenberg zu speisen gedächten.
Er stellte noch seine Offiziere vor. Sie saßen in einer Haltung auf den Pferden, als hätten sie Ladestöcke im Kreuz.
Als ich bejahte und dazu die Bemerkung fallen ließ, daß wir sogar in Fürstenberg zu verweilen gedächten, zeigte er sich von seiner allerbesten Seite.
Er sprach einige Brocken Englisch, die er mit Eifer anzubringen versuchte. Es klang fürchterlich. Dafür beherrschte er ein ausgezeichnetes Französisch. Ich hatte einige Mühe, die verfärbte Sprache zu verstehen. Schließlich waren wir um hundertvierundneunzig Jahre zurückgegangen.
Dicht vor den Toren erkundigte er sich etwas vertraulicher:
»Mir ist nicht ganz klar, Graf, wie ein ehrenhafter Mann von hoher Geburt und vornehmem Stande in die Reihen dieser Barbaren kommt. Man vernahm allerlei üble Dinge über minderwertige Subjekte, die es in der Tat wagten, sich gegen ihren angestammten Herrscher aufzulehnen.«
»Sie sprechen von den Vereinigten Staaten?« lächelte ich. »Nun denn, Baron, die Menschen reden über dem großen Wasser von Freiheit und gleichen Menschenrechten. Mein Vater kämpfte in den Reihen der Revolutionsarmee gegen die britischen Truppen. Es gibt drüben viele Deutsche. Meine Familie besitzt allerdings noch ihre angestammten Güter im hessischen Land.«
Hannibals Beherrschung wurde einer harten Belastungsprobe unterzogen. Anscheinend verstand er fast jedes Wort. Es war auch wirklich eine harte Nuß, die uns von dem feudalistisch eingestellten und unwissenden Rittmeister zum Knacken gereicht wurde.
Fürstenberg war ein kleiner Marktflecken. Es gab nur eine gepflasterte Straße. Weiter vorn, neben dem bescheidenen Marktplatz, bemerkten wir eine Schar aufgeregter Leute. Sie schienen
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