Fänger, gefangen: Roman
aber sonst die perfekte Frau für dich ist – lässt du sie dann gehn?« Er hält an einer roten Ampel und biegt in eine Seitenstraße ab, als wäre er nicht sicher, wo er langfahren muss. »Auf keinen Fall. Kein Mädchen wird je perfekt sein, aber manche Dinge sind eben wichtiger als andere. Und nur du kannst sagen, welche.«
Der Subaru kriecht die Straße entlang. Joe lehnt sich von mir weg, um irgendwas im Seitenspiegel zu beobachten.
»Was?«, will ich wissen. »Was ist los?«
Er antwortet nicht, sondern legt nur die Zunge über die Oberlippe und schaut so konzentriert wie beim Schach, wenn er überlegt, wie er seine Dame retten kann.
»Joe? Was zum Teufel ist da los?«
»Ich glaube«, antwortet er, »hinter uns sind zwei junge Damen, die du kennen könntest.«
Ich dreh mich um und sehe durch die Heckscheibe. Tatsächlich sind es die Zwillinge in Sportsachen, die joggen. Meredith winkt wie wild.
»Stopp.«
Joe gibt Gas.
»Scheiße noch mal, Joe«, schreie ich. »Hör auf damit und halt den verfluchten Wagen an!«
Er tritt fest auf die Bremse, legt dann mitten auf der Water Lane den Rückwärtsgang ein und setzt zurück. Hey, wow, mein Bruder ist – der Marlboro Mann!
»Das reicht, sonst überfährst du noch was.«
Das eine Hinterrad gerät quietschend an die Bordsteinkante, und er stellt den Motor ab. »Kommst du?« Er lässt die Fahrertür offen.
Und er hat recht. Die Chancen, dass hier am hinteren Ende der Water Lane ein anderer Wagen vorbeikommt, stehen eins zu eintausend. Die meisten biegen an der Straße zum Postamt ab.
Nachdem alle sich vorgestellt haben, überlässt Joe das Reden mir. Er hat einen Fuß auf den Feuerhydranten gestellt und blickt über den Hoskins Creek, als hätte er nichts Besseres zu tun, einfach mir zuliebe. Juliann ist sichtbar beeindruckt. Richtig sprachlos sogar, und sie kriegt wieder diesen Jane-Austen-Blick. Mädchen sind komisch.
Merediths T-Shirt ist hellgrün, wie Apfelbaumblätter im Frühling. Dazu sieht ihre braune Haut zum Anbeißen aus. Wenn ein Mädchen so gut aussieht, ist es schwer, sich zu konzentrieren.
Sie riecht auch gut. »Daniel, hast du immer noch vor, am Samstag zu Leonards Halloween-Party zu gehen?«
Wenn die Mädchen zu mir sehen, steht Joe außerhalb ihres Blickfelds. Er presst die Lippen zusammen, grinst wissend und nickt. Wenn ich darauf reagiere und die Mädchen sich umdrehen, dann merken sie, dass er Grimassen schneidet, also darf ich keine Regung zeigen. Ich sehe Meredith in die Augen.
»Ja, klar. Hat Mack schon was gesagt, wie wir da hinkommen?«
»Meine Mom meinte erst, sie würde uns fahren«, anwortet sie. »Aber jetzt soll sie ein paar Freunde treffen, aus der Arbeit, und sie wollen essen gehen, irgendwo hinter Warsaw. Im
Good Eats?«
Joe bewegt den Kopf auf und ab, dass er aussieht wie ’ne alte Omi bei ’ner Teeparty. Meine Lippe fängt gleich an zu bluten, wenn ich das noch länger aushalten muss.
Das Fahrproblem kann ich lösen. »Zu Leonard ist es nicht weit, erwohnt gleich hinter der katholischen Kirche, an einer Seitenstraße der Route 17. Vielleicht kann Mack uns alle hinfahren.«
Joe schmunzelt und wackelt mit dem Kopf hin und her wie Mister Glücklich aus den Kinderbüchern. Es ist fast unmöglich, nicht zu lachen.
»Okay«, sagt Juliann, als wäre der Plan genehmigt, aber sie sagt es ohne den üblichen Enthusiasmus, wenn Macks Name fällt.
»Ich frage ihn und ruf dich an«, sage ich zu Meredith. »Ich bin sicher, das geht.«
Als Joe wieder zum Wagen schlendert, überlege ich, ob ich noch mehr sagen soll. Über die Schule. Oder Halloween. Oder dass ich sie irgendwann anrufe, um zu quatschen. Es ist nicht so leicht, von Angesicht zu Angesicht mit ihr zu reden, wie am Telefon. Woher kommt das?
Juliann streckt die Arme in die Luft und fängt an, auf der Stelle zu laufen. Meredith schüttelt den Kopf, als wollte sie sagen: Nicht zu fassen!
Juliann wirft ihr einen bösen Blick zu, dann wendet sie sich an mich. »Ist dein Bruder auf der Uni?«
Als ich von Meredith zu Juliann sehe, wird sie rot. In ihrem Gesicht kann man ablesen, dass sie sich gerade Hals über Kopf in ihn verliebt hat. Mannomann, jetzt steck ich aber in Schwierigkeiten! Mack wird ausrasten. Es gibt keinen anständigen Weg, einem sechzehnjährigen Mädchen zu sagen, dass ein einundzwanzigjähriger Student zu alt für sie ist. Das sollte sie eigentlich selbst wissen. Meredith sieht es auch, das merke ich.
»Ich sage Mack, er soll Juliann direkt
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