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Fänger, gefangen: Roman

Fänger, gefangen: Roman

Titel: Fänger, gefangen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Collins Honenberger
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nicht an eigene Kinder. Aber die Vorstellung, dass Meredith und ich etwas erschaffen, das länger da sein wird als ich, in für mich unbekannter Zukunft, finde ich einfach gigantisch, fast Science-Fiction-mäßig, wenn ich weiß, dass ich nächsten Juni nicht mal mehr schwimmen kann und es in meiner Zukunft kein Englisch 11 geben wird.
    Meredith wäre die coolste Mutter der Welt. Ich seh sie direkt vor mir, wie sie drei oder vier kleine Blondschöpfe auf Skiern am Bergkamm aufreiht und sie »Das Leben ist himmlisch« brüllen lässt, bevor sie den Abhang runtersausen. Es geht nicht um einen Stammhalter für die Landons oder so etwas. Ich weiß, dass Nick den Familiennamen weitergeben kann, aber eigene Kinder zu haben, die wie Meredith aussehen und reden, wäre unendlich viel cooler. Es wäre das, was Altwerden am Nächsten käme. Aber es ist nur ein Traum. Ich kann Merediths Leben nicht noch mehr versauen, als ich es schon versaut habe.
    Stepford-Hanes ist offenbar noch nicht bereit, das Thema zu wechseln. »Tja, ich wage zu behaupten, dass deine Liste sich bis zu deinem Abschluss noch einige Male ändern wird.«
    Mom sieht vom Gang aus ins Zimmer, winkt und verschwindet gleich wieder. Seit Thanksgiving bemüht sie sich redlich (und deutlich sichtbar), mir meine eigenen Kontakte und Gespräche zu lassen, ohnealles zu hinterfragen. Dad muss ihr die Leviten gelesen haben, anders ist das nicht zu erklären.
    »Mrs Landon?« Stepford-Hanes ruft sie zurück. Sie steht auf und legt mir kurz eine Hand auf die Schulter, bevor Mom wieder reinkommt.
    »Wie ist es gelaufen?«, erkundigt Mom sich bei mir, während sich die Frauen die Hände schütteln. Sie macht auf tapfere Mutter, was ein todsicheres Zeichen ist, dass Stepford-Hanes Bescheid weiß. Unser Gespräch irritiert mich jetzt im Nachhinein. Wenn sie von der Leukämie weiß, warum spricht sie dann über Dinge, von denen sie weiß, dass sie offenkundig unmöglich sind?
    »Daniel und ich haben gerade darüber gesprochen, wie anders es auf dem College laufen wird«, sagt Stepford-Hanes. »Haben Sie sich schon ein paar Hochschulen überlegt, die infrage kommen?«
    Mom sieht sie entgeistert an. Sie befühlt den Autoschlüssel in ihrer Hand wie eine Blinde, die sich etwas Neues einprägen muss. Stepford-Hanes wartet noch ein oder zwei Sekunden auf eine Antwort und runzelt erwartungsvoll die Stirn.
    »Na ja, das ist eine schwerwiegende Entscheidung. Wenn Sie anfangen, sich Gedanken zu machen, und ein paar Vorschläge wollen ... Ich glaube, ich könnte ein paar Schulen nennen, die gut zu Daniels Interessen und Begabungen passen würden.«
    »Danke. Danke vielmals.« Ich schnapp mir meine Tasche, geh zur Tür und hoffe, dass ich Mom hier rauskriege, bevor sie zusammenbricht.
    »Lass dich mal wieder blicken«, sagt Stepford-Hanes, und ihr Gesicht zeigt zigtausend Falten wegen unseres Gesprächs.
    Im Gang hebt Mom die Hand und signalisiert: keine Fragen. Wir gehen an offenen Klassenzimmertüren vorbei, und als ich all die blauen Hosenbeine in Jeansstoff sehe und zwischen Stuhlreihen gestreckte Flip-Flops und Lacrosse-Schuhe, die an Stuhllehnen baumeln, kann ich Mom nur zustimmen: Schweigen ist sicherer.
    Noch vier Tage bis Weihnachten. Als Joe kommt, rieseln Schneeflocken, die kaum mehr sind als weiß umhüllte Regentropfen. Mom klappert in der Küche rum, als wäre sie gehetzt oder genervt. Es duftet aber süß und weihnachtlich. Ich kann mich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal Kekse gebacken hat. Als wir in der Grundschule waren vielleicht. Sie muss ein Rezept gefunden haben, bei dem man Honig statt raffinierten Zucker nehmen kann, weil Letzterer ihrer Meinung nach nämlich ein weiterer Serienkiller der Menschheit ist. Nick hilft Joe, seine Sachen reinzutragen. Viel mehr Bücher als sonst.
    »Ey, Alter«, klatscht Joe Nick ab. Nick sieht seine Chance gekommen und versucht, Joe zum Besuch des neuen Batman-Films zu überreden. Sie verhandeln per Bühnenflüstern, die Münder zur Seite gezogen wie Comic-Gangster. Als wär ich schon gar nicht mehr da. Ich werde mächtig sauer, und das, wo ich gerade zur Abwechslung mal guter Laune war. Meredith ist vor wenigen Minuten nach Hause gegangen.
    »Hallo? Ich freu mich auch, dich zu sehen.« Okay, das ist kindisch und unreif, aber ich kann nicht anders.
    »Daniel. Du siehst scheiße aus.«
    Große Brüder sind echt Idioten!
    »Du siehst aber auch ganz fertig aus. Zu wenig Schlaf?«
    »Das sagt der Richtige!« Joe schmeißt seine

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