Fänger, gefangen: Roman
Tasche hinters Sofa, das mit seinem abgewetztem Karostoff und den hölzernen Armlehnen aussieht, als würden wir eine dieser alten Sitcoms nachspielen, eine von den unlustigen. »Willst du mit Nick und mir ins Kino, Batman sehen?«
»O ja, das ist genau das, was ich gerne hätte. Einen Hauch Unsterblichkeit. Und wenn’s nur auf der Leinwand ist.«
Joe nimmt Nick in den Schwitzkasten und klopft ihm auf den Kopf. Seine Zähne blitzen, als er lacht. »Hat Danny-Boy mich nicht vermisst? Nick hat mich vermisst. Was ist los, Danny-Boy? Hat Meredith ’nen Neuen?«
»Halt Meredith da raus.«
Sogar Nick, die Augen auf mich gerichtet, fängt an, sich von dieser Naturkatastrophe von Bruder zu befreien. Er schiebt einen Fuß in den Flur und hält sich mit einer Hand am Türrahmen fest, was als Hebelwirkung ausreicht, um sich loszureißen. Das Geräusch meiner knirschenden Zähne hallt so laut durchs Wohnzimmer, dass ich nicht fassen kann, dass es außer mir niemand hört.
Joe senkt die Stimme, aber unerheblich. »Leute, Leute. Können wir nicht alle ein bisschen entspannen? Ist doch Weihnachten! Ich bin hergekommen, um zu feiern.«
»Tut mir leid.« Ich stehe auf und ramme die Hände in die Taschen meiner Fleecejacke. »Mir ist in letzter Zeit nicht unbedingt nach Feiern zumute.«
Zu meiner großen Überraschung kommt Nick wieder aus seinem Versteck. »Lass ihn in Ruhe, Joe. Du hast keine Ahnung.«
Den traurigen Rest will ich gar nicht mehr hören. Menschen können durch Ersticken sterben, und ich brauche Luft. Viel davon. Wenn ich Mack von der Reinigung aus anrufe, kann er kommen und mich holen. Das haben wir schon mal durchexerziert – öfter, als ich zugeben will.
Als ich durch den Garten die Abkürzung zur Washington Street nehme, sehe ich durchs Küchenfenster, wie Joe unsere Mom in den Arm nimmt. Ich kann mir gut vorstellen, wie er zuerst eine kurze Zusammenfassung seiner Prüfungen gibt und dann ihrer Frage ausweicht, wann er wieder zur Uni zurückmuss. Wir haben uns alle daran gewöhnt, Moms Gefühle zu schonen. Das passiert schon rein instinktiv.
Als ich Mack anrufe, ist er nicht da. Mrs Petriano schwelgt in weihnachtlichen Gefühlen.
»Wie geht’s dir, Daniel? Frohe Weihnachten. Gut, dass uns dieser Schneesturm nicht erwischt hat, wie? Wir haben an dich gedacht. Deine Mutter hat gesagt, du hast die Prüfungen schon hinter dir. Ich wette, das war ein gutes Gefühl.« Ich sehe förmlich vor mir, wie sieverschreckt umherschaut wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Was zum Teufel redet man mit dem todgeweihten Sohn einer Freundin?
»Yeah – ich meine, ja, Ma’am. Es ist schön, dass das schon geschafft ist.«
»Du musst nicht so förmlich mit mir reden, Junge. Ich kenne dich, seit du Windeln getragen hast.«
»Yeah.« Ich werde mich hüten, das jetzt wieder zu korrigieren, nachdem sie es geschafft hat, dass ich mich klein fühle. »Wissen Sie, wann Mack wieder nach Hause kommt? Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
»Ich glaube, er hat das Handy seines Dads dabei. Er wollte ein paar Freunde treffen. Ich dachte, du wärst vielleicht auch dabei.«
Was soll ich darauf antworten, wo ich doch weiß, dass Mack mir seit unserem letzten Gespräch aus dem Weg geht? Also frage ich: »Können Sie ihm sagen, dass ich angerufen hab?«
»Natürlich kann ich das«, antwortet Mrs Petriano. »Ich schreibe es auf, damit ich es nicht vergesse. In letzter Zeit bin ich ziemlich vergesslich. Früher Alzheimer.«
Sie kichert tatsächlich, und ich krieg die Panik und frage mich, ob ich dieses Gespräch jemals beenden kann.
»Willst du die Handynummer?«
»Nein, ich will ihn nicht stören«, antworte ich. »Sagen Sie nur, dass ich angerufen habe.«
Als ich mich verabschiede, redet sie immer noch.
Mack ruft nicht zurück, aber als ich einmal Meredith anrufen will, lässt Juliann am Telefon durchsickern, dass Mack auch ihr aus dem Weg geht. Das macht mir Sorgen. Mack mit Hass auf die ganze Welt ist nicht der Mack, den ich kenne und liebe. Irgendwas ist passiert, oder er hat sich mit dem weißen Zeug vollkommen verstrahlt. Ich beschließe, Kraft zu sammeln und ihn in den Ferien zur Rede zu stellen. Er kann sich nicht ewig vor mir verstecken
Ich schließe das erste Halbjahr der Zehnten ab, ohne jemals in der Schule gewesen zu sein. Drei Einsen – Biologie, Weltgeschichte und Englisch – könnten mich an die Spitze der Klasse bringen, aber dann versaut mir Algebra II mit meiner Dauerlieblingsmathenote Zwei plus den Schnitt.
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