Fänger, gefangen: Roman
das Schulbusdepot für unseren Bezirk Essex County. Mr Petriano ist einer der langweiligsten Menschen, die ich kenne, ohne Zweifel. Ich meine, als Vater ist er okay, aber er sagt kaum was, und wenn, dann wiederholt er nur, was Mrs Petriano vorher schon gesagt hat.
Räum dein Zimmer auf. Kirche ist heute um zehn. Du bist dran mit Tischabräumen.
Kein Wunder, dass Mack so wild unterwegs ist. Er muss sich anstrengen, nicht zu werden wie sein Dad.
Mack ist witzig, ein richtiger Clown, und er hat hundert Ideen pro Minute. Ab und zu tickt er ein bisschen aus, wie der Zug einer Modelleisenbahn, der zu schnell in die Kurve fährt. Er lässt sich die merkwürdigsten Sachen einfallen. Als würde er nicht anhalten wollen, um sie richtig zu durchdenken. Das ist ein Grund dafür, warum wir so ein gutes Team sind. Normalerweise hört er auf mich, und ich bin nicht gerade ein Adrenalin-Junkie.
Früher hat er mich dauernd in unserem alten Haus besucht. Wahrscheinlich, um der Rückspultaste seines Vaters zu entfliehen. Also, mich würde es fertigmachen, wenn mein Vater so wäre und keine eigene Meinung hätte. Seit wir auf dem Hausboot wohnen, paddelt Mack immer von der öffentlichen Anlegestelle mit so einem alten, halb verrotteten Zweier-Kajak zu uns. Sein Vater hat es auf dem Müll gefunden. Die Leute lassen so was im Schilf liegen, und niemanden kümmert es. Typisch Essex County.
Das ist übrigens mal was Gutes an Mr Petriano. Er ist ein Abfallfanatiker. Die besten Sachen findet er auf der Müllhalde, da ist er wie ein Bluthund. Ich bin schon mit ihm und Mack zwischen Bergen von Müll rumgelaufen, und es ist wirklich erstaunlich. Du gehst an einem Haufen Metall und Holz vorbei, alles ist krumm und kaputt und sieht nach nichts aus, schon gar nicht danach, dass man es mitnehmen könnte. Aber Mr Petriano bleibt stehen, legt den Kopf schief, und dann schiebt er den Haufen mit dem Fuß nach rechts oder links auseinander. Mack redet die ganze Zeit, deshalb kriegt er davon meist nichts mit. Aber sobald Mr Petriano sich bückt und nach unten greift, hört Mack auf zu reden. Er weiß, dass in Mr Petrianos Hand gleich irgendwas Unglaubliches zum Vorschein kommen wird. Eine Luftpistole, eine völlig intakte Kettensäge, ein Videorecorder, der nur einen neuen Stecker braucht ... solche Sachen findet Mr P.
Mein Dad könnte in so einem Haufen seinen eigenen Fuß nicht finden. Sein Gehirn läuft auf Hochtouren, aber seine Verbindung zur realen Welt funktioniert ungefähr so wie ein Schlauch mit lauter Knickstellen.Meistens kommen nur feine Spritzer oder Tropfen raus und nur hin und wieder ein ordentlicher Strahl.
Ich hab das Gefühl, als hätten Mack und ich mein ganzes Leben lang jeden Sommer im leeren Gebäude des Yachthafens und mit den alten Schrottbooten am Creek gespielt. Als wir klein waren, dachte Mack sich Geschichten aus, die wir dann nachspielten. Da haben wir auch angefangen, Dschungelkrieg zu spielen, aber nur wenn mein Dad nicht in der Nähe war.
Wenn Dad auch nur ein Wort über Vietkong oder Vietnam hört, legt er sofort mit seinem Standardvortrag über die Lügner in Washington und das machthungrige Militär los. Das ist auch ein Grund, weshalb meine Eltern uns nie unsere Hauptstadt gezeigt haben: Sie ist eine Hochburg der Vetternwirtschaft und der Korruption.
In der Grundschule kamen meine Freunde gerne zum Übernachten zu uns, auch wenn unser Haus ziemlich eng war. Sie kannten sonst niemanden, dessen Eltern sie die ganze Nacht aufbleiben ließen. Meine Mom und mein Dad sagten selten Nein. Meine Kindheitserinnerungen mit Mack und meinen Eltern sind also ziemlich klasse. Piratenspiele und Lagerfeuer um Mitternacht und schlafen unter den Sternen auf dem Steg des aufgelösten Yachthafens. Kein schlechtes Leben. Entschuldigt, wenn ich wie ein Großvater klinge, der von der guten alten Zeit schwärmt. Der einzige Grund, warum ich euch das erzähle, ist, euch den Unterschied zu jetzt zu zeigen.
Irgendwann zwischen Grundschule und Highschool ist das Leben erheblich langsamer geworden. Wie Schlamm. Gemerkt habe ich das erst diesen Sommer, wo sich das Leben ohnehin wie Treibsand anfühlt. Aber wenn ich zurückdenke, fing es schon vor der KRANKHEIT an, und es wird immer schlimmer. Meine Eltern streiten mehr, wegen vieler Kleinigkeiten, aber meistens wegen Geld. Das Boot fällt auseinander. Mom schläft nicht gut. Sie ist zu müde, um all die Dinge zu machen, die sie früher gerne gemacht hat, draußen Wäsche aufhängen, zum
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