Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
Kopf.
    Ich, Mister Jakabok Botch, derzeit wohnhaft in Ihrem Kopf …
    Nein, das gefällt mir nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht, und zwar aus Gründen, die auf der Hand liegen.
    Was für Gründe? Oh, kommen Sie, die muss ich Ihnen jetzt aber wirklich nicht aufzählen, oder? Falls doch, erzähle ich vielleicht die Wahrheit, und die Wahrheit ist nicht immer schön. Ich könnte Ihre zart besaiteten Gefühle verletzen, und das wollen wir doch nicht, was?
    Andererseits habe ich nicht vor, Ihnen jetzt Lügen aufzutischen, wo unsere kleine Bücherverbrennung so kurz bevorsteht.
    Na gut, dann will ich damit rausrücken. Ich wollte nur sagen, dass niemand bei klarem Verstand Ihren Kopf als Ort seiner Träume betrachten würde, das ist alles.
    Ihr Kopf ist ein Elendsviertel. Ich bin schon lange genug dort und habe es mit eigenen Augen gesehen. Ihr Kopf ist bis zur Schädeldecke voll von Dreck und Verzweiflung. Oh, ich bin sicher, dass Sie Ihre leichtgläubigeren Freunde und Verwandten mit kleinen Tricks hinters Licht führen können. Ich habe es Ihrem Gesicht angesehen, also versuchen Sie gar nicht erst, es zu leugnen. Sie wären überrascht, wie eingehend ich Sie von diesen Buchseiten aus studiert habe. Ihr Lächeln, wenn Sie nicht sicher sind, was wahr ist und was nicht. Sie wollen Ihre Unwissenheit nicht zeigen, daher dieses kleine Lächeln, das Ihre Verwirrung kaschieren soll. Sie lassen es immer dann sehen, wenn Sie etwas lesen und sich nicht sicher sind. Ich wette, das haben Sie nicht gewusst. Sie setzen dieses Lächeln wegen eines Buches auf, ob Sie es glauben oder nicht.
    Aber mir machen Sie nichts vor. Ich sehe die schuldbewussten kleinen Geheimnisse, die Sie unbedingt geheim halten wollen, hinter Ihren Augen herumhuschen. Sie lassen nämlich Ihre Augen flackern, wussten Sie das? Sie zucken blitzschnell hin und her, wenn unsere Gespräche auf ein Thema kommen, das Ihnen unangenehm ist. Mal sehen, wann ist mir das zum ersten Mal aufgefallen? War es, als es um die Familienstreitigkeiten ging und ich ein Messer nahm, um meinen Vater zu erstechen? Oder als ich das erste Mal über den korrupten Priester sprach, Pater O’Brien? Ich erinnere mich nicht mehr. Wir haben über so vieles gesprochen. Aber glauben Sie mir auf jeden Fall, Ihre Augen verraten Sie, wenn Sie nervös sind.
    Ich durchschaue Sie. Vor mir können Sie nichts verbergen. Jeder tückische, verdorbene Gedanke, der Ihnen durch den Kopf geht, steht Ihnen ins Gesicht geschrieben, und alle Welt bekommt das mit. Nein, alle Welt sollte ich nicht sagen. Eigentlich nur ich, richtig? Ich erhalte den privaten Einblick. Der Einzige, der Sie besser kennt als ich, dürfte Ihr Spiegel sein.
    Halt, halt. Wie sind wir darauf gekommen, was in Ihren Gedanken vorgeht? Ach ja, weil ich in Ihrem Kopf bin, Ihrem verkommenen, überfüllten Kopf.
    Ist er jetzt voll genug? Die Dämonation weiß, ich habe Ihnen eine Menge erzählt. Klar, es gibt Einzelheiten, die ich weggelassen habe. Der Rest versteht sich aber meistens von selbst, nicht? Offenkundig bin ich trotz zwei Stichen ins Herz nicht gestorben. Wie Quitoon gesagt hatte, verheilte jede Stichwunde und jeder gebrochene Knochen mit der Zeit; zurück blieben nur die Gewebe kleiner Narben, um dem großen Brandmal Gesellschaft zu leisten.
    Da wir gerade von Verbrennungen sprechen … Als wir, damit meine ich Quitoon und mich, zum Waldrand zurückgingen und auf Joshua’s Field hinunterblickten, stellten wir fest, dass die meisten Verurteilten schon längst verkohlt waren, aber die drei Sünder, die sie verkehrt herum ans Kreuz genagelt hatten, hatten sie noch nicht angezündet. Der Erzbischof wandte sich an sie und zählte ihnen ihre Vergehen gegen die Gesetze des Himmels auf. Zwei der Verurteilten waren Männer, die dritte eine sehr junge und hochschwangere Frau mit aufgedunsenem Bauch und straff gespannter, glänzender Haut, die kopfunter hing, während das Blut in Strömen von den achtlos festgenagelten Füßen an ihr hinabströmte. Erst als der Erzbischof mit seiner Ansprache fertig war und die drei Henker die Scheiterhaufen anzündeten, begannen die Kreuze sich langsam zu drehen.
    »Das ist ausgeklügelt«, sagte ich.
    Quitoon zuckte die Achseln. »Ich habe schon Besseres gesehen.«
    »Wo?«
    »Überall, wo sie sich gegenseitig Schmerzen zufügen. Da entfaltet sich die menschliche Genialität immer so richtig; Kriegsmaschinen, Folterinstrumente, Hinrichtungsmechanismen. Unglaublich, was die sich alles einfallen lassen.

Weitere Kostenlose Bücher