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Fahr zur Hölle Mister B.

Fahr zur Hölle Mister B.

Titel: Fahr zur Hölle Mister B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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über die Schwelle gebeten werden würden. Es handelte sich meist um die übliche Bande unbedeutender Verdammter und Blutsauger. Nichts, das wir nicht mühelos vertreiben konnten, wenn wir es in irgendeiner Ruine fanden, die wir uns selbst als Versteck erkoren hatten.
    Es mag sich seltsam anhören, aber wenn ich an diese Jahre und unser gemeinsames Leben in den Ruinen verfallener Häuser zurückdenke, kommt es mir fast vor wie das Leben von Eheleuten; unsere ein Jahrhundert währende Freundschaft wurde zu einer ungesegneten, niemals vollzogenen Ehe, bevor die Hälfte ihrer Spanne vorüber war.
    - - -
    Mehr Glück habe ich nie erfahren.
    - - -
    Mir schien, als ich von den kurzen, harten Jahren derer erzählte, die Felder pflügen und Singvögel blenden, dass das Leben – jedes Leben – einem Buch nicht unähnlich ist. Zunächst einmal gibt es leere Seiten an beiden Enden.
    Normalerweise sind es am Anfang nur wenige. Nach kurzer Zeit tauchen die Worte auf. Im Anfang war das Wort, zum Beispiel. Wenigstens in dieser Hinsicht stimme ich mit Gottes Buch überein.
    Ich habe diesen kurzen Abriss meines alles andere als kurzen Lebens mit der Bitte um einen schnellen Feuertod begonnen. Aber das war zu viel verlangt. Das ist mir jetzt bewusst. Ich hätte nie damit rechnen dürfen, dass Sie meiner Bitte nachkommen würden. Warum sollten Sie auch etwas vernichten, das Sie noch gar nicht gesehen haben?
    Man muss den sauren Urin schmecken, bevor man den Krug zerbricht. Man muss die Schwären an einer Frau sehen, bevor man sie aus dem Bett tritt. Jetzt verstehe ich das.
    Doch die zerstörerischen Flammen dürfen nicht ewig unangezündet bleiben. Ich erzähle Ihnen noch eine Geschichte, um mir das Feuer zu verdienen. Und sie wird, das dürfen Sie mir glauben, ganz anders sein als diejenigen, die ich auf den vorherigen Buchseiten berichtet habe. Meine letzte Beichte soll etwas sein, das niemand außer mir erzählen kann, eine einmalige Geschichte, die dieses Buch beenden soll. Und ich offenbare Ihnen – wenn Sie brav sind und aufmerksam zuhören –, das Geheimnis, das ich oben schon erwähnte.
    Eines Tages, in dem Jahr, das ich, wie gesagt, nicht genau benennen kann, sagte Quitoon zu mir:
    »Wir sollten nach Mainz reisen.«
    Ich hatte noch nie von Mainz gehört. Und in dem Moment verspürte ich auch nicht den Wunsch, auf Reisen zu gehen. Ich lag gerade in einem Bad aus Kinderblut, das uns einige Mühe gekostet hatte, denn die Wanne war groß und die Babys in der erforderlichen Anzahl nicht leicht aufzutreiben (und am Leben zu halten, denn es sollte ja ein warmes Bad sein). Es kostete mich einen halben Tag, 31 Babys zu finden, und noch einmal eine Stunde oder mehr, um den kreischenden Bälgern die Kehlen aufzuschlitzen und ihren Inhalt in die Wanne strömen zu lassen. Doch am Ende gelang es mir. Aber kaum saß ich in dem erholsamen Bad und atmete den honigsüßen Kupferduft des Kinderblutes ein, da kam Quitoon hereingestürmt, stieß achtlos die Leiber beiseite, denen ich meine momentane Behaglichkeit verdankte, baute sich vor der Wanne auf und sagte, ich solle mich sofort anziehen. Wir gingen nach Mainz.
    »Warum müssen wir so schnell aufbrechen?«, maulte ich. »Dieses Haus ist perfekt für uns. Wir sind im Wald, fernab der Menschen. Wann haben wir das letzte Mal längere Zeit an einem Ort verbracht, ohne dass wir belästigt wurden?«
    »Ist das deine Vorstellung vom Leben, Jakabok?« (Er nannte mich nur Jakabok, wenn wir uns stritten; in seiner Zuneigung nannte er mich Mister B.) »Zeit an einem Ort zu verbringen, wo wir ungestört sind?«
    »Ist das so schrecklich?«
    »Die Dämonation würde sich deiner schämen.«
    »Die Dämonation kümmert mich nicht! Mich kümmert nur –« Ich sah ihn an und wusste, dass er den Satz auch ohne meine Hilfe zu Ende formulieren konnte. »Mir gefällt es hier. Es ist ruhig. Ich habe mir überlegt, wir könnten eine Ziege kaufen.«
    »Weshalb?«
    »Milch. Käse. Gesellschaft.«
    Er richtete sich auf, ging zur Tür und trat dabei blutleere Kadaver zur Seite.
    »Deine Ziege muss noch warten.«
    »Nur weil du etwas besuchen willst, das Mainz heißt? Um zu sehen, wie ein weiterer Versager von Mensch eine weitere nutzlose Maschine erfindet?«
    »Nein. Weil eine dieser ausgebluteten Gören unter meinen Füßen das Enkelkind eines gewissen Fürsten Ludwig von Berg ist, der alle anderen Mütter, die ein Baby vermissen, und dazu 100 Mann und sieben Priester mobilisiert hat, die allesamt gerade auf dem

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