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Fahr zur Hölle

Fahr zur Hölle

Titel: Fahr zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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der Grube zu einem Hügel aufgehäuft zu lassen, hatte man ihn flach getrampelt. Im Lauf der Zeit hatte die Erdverdichtung zu der verräterischen Senke geführt.
    Temperatur und Feuchtigkeit waren den ganzen Nachmittag so hoch gewesen, dass der Wald jetzt völlig leblos wirkte. Bäume, Vögel, Insekten waren bewegungslos und stumm.
    Der Hund war noch da. Eine Dame namens Clara. Claras Führer war mit ihr immer wieder an unserer Ausgrabung vorbeigegangen. Sie nahm Witterung auf, setzte sich und ließ die Zunge baumeln, während safranfarbene Sonnenstrahlen ihr Fell färbten.
    Slidell war gekommen, kurz nachdem ich ein Rechteck abgesteckt und ein Sieb aufgestellt hatte. Er hatte schweigend zugesehen, während ich die Spurensicherungstechniker anwies, wie sie die Erde mit Kellen herausheben und durchsieben sollten. Sie arbeiteten träge, wie gelähmt von der drückenden Hitze.
    Als ich Slidell fragte, warum er hier sei, meinte er, sein Sergeant betrachte die Fälle Wayne und Cindi Gamble als zusammengehörig. Er hatte den Auftrag erhalten, Gambles Laptop den Tüftlern zu überlassen und seinen Arsch zur Grabstelle zu bewegen. Von jetzt an sei er vom Schichtdienst befreit und nur noch für diese Fälle zuständig.
    Wir hatten den Schauplatz mit Sägeböcken und gelbem Band abgesperrt, aber das war unnötig gewesen. Kein Mensch war gekommen, um zu gaffen, während wir unsere makabre Routine abspulten.
    Die Überreste, von denen wir annahmen, dass sie Cindi Gamble und Cale Lovette gehörten, lagen jetzt an der Oberfläche in zwei erbärmlich flachen Leichensäcken.
    Ich saß in einem Streifenwagen auf der Stephens Road und trank Wasser aus einer Plastikflasche. Das Funkgerät knisterte, um mich herum herrschte die gewohnte Betriebsamkeit. Ich war hierhergekommen, um meinen Job zu tun, wie ein Profi zu agieren. Aber das fiel mir schwer.
    War es wirklich erst eine knappe Woche her, dass ich von Gamble und Lovette erfahren hatte? Für mich wirkte es viel länger. Ich hatte das Gefühl, ich würde sie kennen. Ich hatte noch Hoffnung gehabt. Aber jetzt war das Urteil da. Tod.
    Ich versuchte, mein Hirn leer zu halten. Ich wollte nicht noch einmal durchspielen, wie die erdfleckigen Knochen sich Schicht um Schicht aus dem Boden schälten. Mir nicht die Schädel vorstellen, die aus dem Graben herausgrinsten. Nicht die kleinen, runden Löcher mitten in ihren Hinterhauptbeinen sehen.
    Ich erkannte die Ohrringe, kaum dass ich sie im Sieb gesehen hatte. Kleine Silberovale mit Rennautos, die am unteren Ende baumelten.
    Ich stellte mir das kleine, ovale Gesicht vor. Die kurz geschnittenen, blonden Haare.
    Weg damit.
    Du hast sie nicht umgebracht, sagte ich im Stillen zu Cale Lovette. Du hast wahrscheinlich versucht, sie zu retten.
    Ich hatte die Ausgrabung überwacht, vorläufige biologische Profile der Skelette erstellt. Dann hatte Slidell die Verantwortung für den Fundort übernommen.
    Jetzt sah ich ihn zwischen den Bäumen hervorkommen. Er unterhielt sich mit Williams, wandte sich dann ab und kam in meine Richtung.
    Die Hosenbeine hochziehend, kauerte Slidell sich neben das Auto, eine Hand auf der Armstütze der offenen Tür. Sein Gesicht war himbeerrot, Haare und Achseln waren schweißnass.
    »Nicht der Ausgang, den wir uns erhofft hatten.« Slidells Stimme war ein bisschen heiser.
    Ich sagte nichts.
    Slidell griff hinter sich und zog ein Taschentuch aus einer hinteren Hosentasche. Seine Handfläche hinterließ einen kleinen Schweißsattel auf der Armstütze.
    »Haben Sie irgendwas da unten gefunden?«, fragte er.
    »Ihre Ohrringe. Reißverschlüsse. Ein paar vermoderte Kleidungsfetzen.«
    »Schuhe?«
    »Nein.«
    Slidell schüttelte den Kopf.
    »Glauben Sie, dass sie hier umgebracht wurden?«, fragte ich.
    »Schwer zu sagen. Man könnte sie gezwungen haben, ihre Schuhe auszuziehen. Oder ihre Leichen könnten von irgendwo hierhergebracht worden sein.«
    »Hat der Metalldetektor irgendwas gefunden?«
    »Nichts, was uns weiterbringt.« Er wusste, dass ich nach Kugeln oder Patronenhülsen fragte.
    Hinter Slidell sah ich zwei Assistenten mit einer Trage. Nacheinander wuchteten sie die beiden Leichensäcke auf die Rollbahre der Leichenhalle und zogen die schwarzen Gurte fest.
    Als ich mich wieder Slidell zuwandte, schaute der mich intensiv an.
    »Kann ich Ihnen etwas besorgen? Noch mehr Wasser?«
    »Ich habe alles.« Ich schluckte. »Hat Winge es getan?«
    »Der Trottel murmelt die ganze Zeit nur, dass es ihm leidtut. Immer und immer

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