Fahr zur Hölle
Verwunderung Wiedererkennen und dann Angst.
»Was wollen Sie denn hier?« Sie versteckte sich hinter der Tür und spähte um den Rahmen.
»Kommen wir ungelegen, Mrs Nolan?«
»Kann man so sagen.« Nolan schaute an uns vorbei zum Treppenhaus hinter uns.
»Da sind nur noch ein paar kleine Sachen, die ich nicht verstehe.« Slidell spielte Columbo.
»Es ist schon spät. Können wir das nicht morgen machen?« Die Frau war verdammt nervös. »Ich komme aufs Revier, oder was immer Sie wollen.«
Unten auf dem Parkplatz wurde eine Autotür zugeschlagen.
Nolans Ausdruck verwandelte sich in Entsetzen.
Schritte klapperten die Treppe hoch.
»Komm nicht hoch!«, rief Nolan. »Kehr um.«
Zu spät.
Der Kopf des Mannes tauchte auf.
Zuerst war ich mir nicht sicher.
Dann schon.
Der Mann erstarrte, wirbelte herum und rannte die Treppe wieder hinunter.
Slidell jagte hinter ihm her.
Ich konnte ihm nur verwirrt nachstarren.
30
Mit seinem fliehenden Kinn und der langen Reagenzglasnase sah Ted Raines tatsächlich einem Tümmler sehr ähnlich. Und in diesem Augenblick waren Stirn und Wangen feucht glänzend und grau, was die Wirkung noch verstärkte.
Raines hatte sich auf Nolans Sofa plumpsen lassen. Slidell stand über ihm und starrte finster auf ihn hinunter, das Gesicht schweißfeucht und gerötet. Beide Männer atmeten schwer. Nolan und ich saßen auf der anderen Seite des Zimmers in billigen Sesseln von K-Mart. Sie hatte sich einen flauschigen, blauen Morgenmantel über die sexy Unterwäsche gezogen.
»Was zum Teufel denken Sie sich eigentlich?« Kein Columbo mehr. Slidell war wütend.
Raines keuchte einfach nur.
»Wissen Sie, wie viele Leute nach Ihnen suchen, Sie Idiot?«
Raines zog den Kopf ein.
»Ihre Frau lässt jedes Revier in Dixie nach Ihrem knochigen Arsch absuchen. In drei Staaten laufen BOLO-Warnungen wegen Ihnen.« Slidell war so in Fahrt, dass er in den Polizeislang gewechselt war. Be On The Look-out. Eine Meldung an alle zuständigen Polizeireviere, dass nach einer Person gesucht wird.
»Hören Sie auf, ihn zu belästigen.«
Slidell wirbelte zu Nolan herum. »Haben Sie was zu sagen?«
»Teds Frau ist kein netter Mensch.«
»Ach, tatsächlich?«
»Ted brauchte einfach eine Auszeit.«
»Auszeit?«
Mit zwei wütenden Schritten war Slidell bei ihr. Nolan schrumpfte in ihrem Sessel, als hätte sie Angst vor einem Schlag.
Gegenüber schien Raines noch mehr in sich zusammenzusacken.
»Auszeit? So nennen Sie das da also?« Slidell deutete wütend zwischen Nolan und Raines hin und her.
»Sie machen mir Angst.«
»Sie sollten Angst haben. Große Angst.«
»Wir haben nichts Illegales getan.«
»Ach wirklich? Na ja, Sie und Ihr Liebhaber hier werden merken, wie es ist, wenn eine ganze Busladung voller Scheiße auf sie herabregnet.«
»Wir lieben uns.«
»Das ist so süß, dass ich kotzen könnte.«
»Es stimmt.« Flehend. »Außerdem haben wir niemanden verletzt. Warum sind Sie so gemein zu uns?«
»Bitte machen Sie ihr keinen Vorwurf.« Raines rang noch immer nach Atem.
Slidell schnellte herum. »Sie glaubt, ich bin gemein? Ich sage Ihnen, was gemein ist, Sie kleines Stück Scheiße. Zu verschwinden ohne einen Funken schlechtes Gewissen, um ein kleines Techtelmechtel mit Miss Sexkätzchen hier zu genießen. Ihre Frau und Ihr Kind im Ungewissen zu lassen, ob Sie vielleicht tot in einem Graben liegen, und hundert Polizeibeamte ihre Zeit mit der Suche nach Ihnen verschwenden zu lassen.«
»So können Sie nicht mit uns reden.« Nolan verdrehte ihren Mantelgürtel so heftig zwischen den Fingern, dass die Knöchel weiß wurden.
»Haben Sie beide schon mal was von ehelicher Entfremdung gehört? Vielleicht sollten wir ja Mrs Raines befragen. Und rausfinden, ob sie auch glaubt, dass niemand verletzt wurde.«
Bei Slidells merkwürdiger Interpretation des juristischen Begriffs zuckte ich zusammen, sagte aber nichts.
»Ted wird die Scheidung einreichen«, sagte Nolan. »Stimmt das denn nicht, Liebling?«
Raines saß wie Wackelpudding auf der Couch.
»Ted?«
Raines’ Blick blieb auf seine Knie gerichtet. Slidell rannte wieder durchs Zimmer und deutete mit dem Finger auf ihn. »Während Sie hier Ihren Pimmel sprechen lassen, ist es Ihnen wohl scheißegal, was für ein Chaos Sie verursachen!«
Slidells Gesicht hatte jetzt die Farbe von Rotwein. Ich hielt es für das Beste, die Intensität ein wenig herunterzuschrauben.
»Nur fürs Protokoll. Wie haben Sie beide sich kennengelernt?«
Da Nolan diese
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