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Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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uns.«
    Montag wandte sich zum Gehen. »Können Sie mir irgendwie behilflich sein, heute abend beim Feuerwehrhauptmann? Ich brauche einen Schirm, um das Unwetter abzuhalten. Sonst ersaufe ich noch, wenn er mich wieder kriegt.«
    Faber erwiderte nichts, er sah bloß wieder ängstlich zur Schlafkammertür. Montag fing den Blick auf. »Also?«
    Der Alte holte tief Atem, hielt ihn an und ließ ihn entweichen.
    »Montag ...«
    Schließlich wandte er sich um und sagte: »Kommen Sie. Beinahe hätte ich Sie gehen lassen. Ich bin und bleibe ein Duckmäuser.«
    Er machte die Tür zur Schlafkammer auf und geleitete Montag in eine kleine Werkstatt. Auf einem Tisch lagen Werkzeuge inmitten eines Durcheinanders von winzigen Haardrähten, Spulen und Kristallen.
    »Was ist das?« fragte Montag.
    »Ein Beweis meiner schändlichen Feigheit. Ich bin so lange Jahre allein gewesen mit den Bildern, die meine Phantasie an die Wand warf. Kurzwellensender zu basteln ist mein Steckenpferd. Meine Feigheit hat dermaßen von mir Besitz ergriffen, als Ergänzung zu dem aufrührerischen Geist, der in ihrem Schatten lebt, daß ich mich genötigt sah, das hier zu erfinden.«
    Er hob einen kleinen, metallisch-grünen Gegenstand auf, nicht größer als eine Revolverpatrone.
    »Bezahlt habe ich das alles – womit? Indem ich an der Börse spekulierte, natürlich. Die letzte Zuflucht des staatsgefährlichen Intellektuellen, der keine Arbeit hat. So habe ich denn all das zusammengebastelt und gewartet. Ein halbes Leben lang habe ich darauf gewartet, daß mich jemand anspricht. Selber wagte ich es nicht, jemand anzusprechen. Damals im Park, als wir beieinander saßen, wußte ich, daß Sie eines Tages vorbeikommen würden, mit Feuer oder Freundschaft, je nachdem. Das kleine Ding da liegt seit Monaten bereit. Und doch hätte ich Sie beinahe gehen lassen.«
    »Es sieht aus wie eine Funkmuschel.«
    »Und noch was dazu! Sender und Empfänger in einem! Wenn Sie es ins Ohr stecken, Montag, kann ich bequem zu Hause sitzen, meine morschen Knochen wärmen und ohne Gefahr abhören, was in der Welt der Feuerwehrleute geschieht, kann ihre schwachen Punkte herausfinden. Ich bin die Bienenkönigin im sicheren Stock. Sie werden die Arbeitsbiene sein, das wandernde Ohr. Zu guter Letzt kann ich Ohren nach allen Stadtteilen ausstrecken, in Gestalt verschiedener Träger, und was mir zu Gehör kommt, verwerten. Wenn den Arbeitsbienen etwas zustößt, sitze ich Duckmäuser immer noch wohlbehalten zu Hause und verbinde ein Höchstmaß an Bequemlichkeit mit einem Mindestmaß an Gefahr. Sehen Sie, wie ich mich gesichert habe, wie verächtlich ich bin?«
    Montag schob das grüne Zäpfchen ins Ohr. Der Greis steckte sich einen ähnlichen Gegenstand ins Ohr und bewegte die Lippen.
    »Montag.«
    Die Stimme tönte in Montags Kopf drinnen.
    »Ich kann Sie hören!«
    Faber lachte. »Ich empfange Sie ebenfalls vortrefflich«, sagte er leise, aber die Stimme in Montags Kopf war klar und deutlich. »Gehen Sie zur Feuerwache, wenn es Zeit ist. Ich werde bei Ihnen sein. Wir wollen diesen Hauptmann Beatty gemeinsam anhören. Vielleicht ist er einer der unsern, wer weiß. Ich flüstere Ihnen ein, was Sie entgegnen können. Wir werden ihm Rede und Antwort stehen. Hassen Sie mich dieser meiner elektronischen Feigheit wegen? Da jage ich Sie nun in die Nacht hinaus, während ich in Deckung bleibe und mit meinen verfluchten Ohrkapseln horche, ob Ihnen der Kopf abgehauen wird.«
    »Jeder tut das seine«, meinte Montag. Er drückte dem alten Mann die Bibel in die Hand. »Da! Ich ersetze das Buch durch ein anderes und lasse es darauf ankommen. Morgen ...«
    »... spreche ich mit dem arbeitslosen Buchdrucker, gewiß; das wenigstens kann ich tun.«
    »Gute Nacht, Herr Professor.«
    »Nicht gute Nacht. Ich bin die ganze Nacht bei Ihnen, als Mückensirren in Ihrem Ohr, wenn Sie mich brauchen. Aber immerhin, gute Nacht und viel Glück!«
    Die Tür ging auf und wieder zu. Montag stand auf der Straße draußen und hatte abermals die dunkle Welt vor sich.
     
    Man konnte es in jener Nacht am Himmel ablesen, wie der Krieg sich zusammenbraute. Die Art, wie die Wolken sich verschoben und wie das Sternenheer zwischen ihnen schwebte, wie feindliche Geschosse, und die Ahnung, der Himmel könnte auf die Stadt herabstürzen und sie in Staub verwandeln, und der Mond könnte in rotes Feuer zerspringen, so war einem in jener Nacht zumute.
    Montag kam von der Untergrundbahn her, mit dem Geld in der Tasche (er war auf der

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