Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
aufrührerischen Gemüter sind so gut wie ausgestorben. Und von den wenigen, die es noch gibt, sind die meisten Duckmäuser wie ich. Können Sie besser tanzen als der Weiße Clown, lauter schreien als die Marktschreier und die Fernsehfamilien? Nur wenn Sie das können, werden Sie sich durchsetzen, Montag. Ein Narr sind Sie auf jeden Fall. Die Leute haben doch ihr Vergnügen.«
    »Als Mörder und Selbstmörder!«
    Geschwader von Bombern waren nach Osten geflogen, während die beiden ihr Gespräch führten; erst jetzt hielten sie inne und horchten, aufgewühlt von dem Getöse.
    »Geduld, Montag. Mag der Krieg die ›Familien‹ abstellen. Unsere Kulturwelt reißt sich selber in Stücke. Nur weg vom Teufelsrad!«
    »Jemand muß bereitstehen, wenn alles in die Luft geht.«
    »Wie? Menschen, die Milton zitieren? Menschen, die sagen, sie wüßten noch von Sophokles? Die den Überlebenden bedeuten, der Mensch habe auch seine gute Seite? Die Leute werden sich nur gegenseitig mit Steinen den Schädel einwerfen. Montag, gehen Sie nach Hause. Gehen Sie zu Bett. Warum wollen Sie Ihre letzten Stunden im Käfig damit zubringen, daß Sie sich einreden, Sie seien kein Eichhörnchen?«
    »Dann Liegt Ihnen also nichts daran?«
    »Mir liegt so viel daran, daß mir schon ganz elend ist.«
    »Und da wollen Sie mir nicht helfen?«
    »Gute Nacht, gute Nacht.«
    Montags Hand griff nach der Bibel. Er merkte, was die Hand getan hatte und schien verblüfft.
    »Würden Sie das hier gern Ihr eigen nennen?«
    »Ich gäbe meinen rechten Arm darum.«
    Montag stand da und harrte der Dinge, die kommen sollten. Seine Hände hatten sich selbständig gemacht und begannen die Seiten aus dem Buch herauszureißen, zuerst das Vorsatzpapier und dann die erste Seite und dann die zweite.
    »Was tun Sie denn, Sie Kindskopf!« Faber sprang auf, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Er fiel über Montag her, doch dieser wehrte ihn ab und ließ seine Hände weitermachen. Noch sechs Seiten flatterten zu Boden. Er hob sie auf und zerknüllte sie unter Fabers Augen.
    »Nicht, bitte nicht!« flehte der Greis.
    »Wer kann mich daran hindern? Ich bin von der Feuerwehr. Ich kann Sie verbrennen!«
    Faber sah ihn an. »Das dürfen Sie nicht tun.«
    »Ich könnte es.«
    »Das Buch, meine ich. Reißen Sie nicht noch mehr heraus.« Faber sank auf einen Stuhl, kreideweiß im Gesicht, mit bebenden Lippen. »Ich ertrage nicht mehr viel. Was verlangen Sie von mir?«
    »Ich brauche Sie als Lehrer.«
    »Meinetwegen, meinetwegen.«
    Montag legte das Buch nieder. Er fing an, das zerknüllte Papier auseinanderzuklauben und glattzustreichen, während der Alte ihm erschöpft zuschaute.
    Faber schüttelte den Kopf, als erwache er aus einem Traum.
    »Montag, haben Sie Geld?«
    »Etwas. Vierhundert, fünfhundert Dollar. Warum?«
    »Bringen Sie es mir. Ich kenne einen, der vor fünfzig Jahren unsere Schulzeitung druckte. Das war damals, als ich zu Beginn des neuen Semesters nur einen Hörer vorfand in meiner Vorlesung über das Drama von Äschylus bis O'Neill. Sehen Sie? Es war, wie wenn eine schöne Statue aus Eis an der Sonne dahinschmilzt. Ein großes Zeitungssterben hatte damals eingesetzt. Niemand trauerte ihnen nach, niemand vermißte sie. Und dann merkte die Regierung, wie vorteilhaft es ist, wenn die Leute nichts anderes lesen als Leidenschaftliche Lippen und die Faust in der Fresse , und tat ein übriges, indem sie die Feuerwehr aufbot. Das wäre also dieser arbeitslose Buchdrucker. Wir könnten vorerst ein paar Bücher herstellen und darauf bauen, daß der Krieg alles aus dem Geleise wirft und uns den nötigen Auftrieb gibt. Ein paar Bomben, und die ›Familien‹ an den Zimmerwänden werden sich verkriechen! In der Stille, die dann entsteht, mag unsere Stimme hörbar werden.«
    Beide standen sie da und betrachteten das Buch auf dem Tisch.
    »Ich wollte es mir einprägen«, bemerkte Montag. »Aber alles ist im Handumdrehen wieder weg. Herrgott, ich muß doch etwas haben, um dem Hauptmann Widerpart halten zu können. Er ist belesen und nie um eine Antwort verlegen. Seine Stimme ist sanft wie Butter. Ich fürchte, er wird mich wieder herumkriegen. Schließlich ist es noch keine Woche her, daß ich die Kerosinspritze handhabte und dachte: was für ein Mordsspaß!«
    Der Alte nickte. »Wer nicht aufbaut, muß niederbrennen. Das ist eine alte Geschichte, so alt wie die Menschheit und jugendliche Missetäter.«
    »Ach, zu denen gehöre ich also.«
    »Etwas davon steckt in jedem von

Weitere Kostenlose Bücher