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Fahrenheit 451

Fahrenheit 451

Titel: Fahrenheit 451 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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muß es ja wissen. Blitzkrieg. Peter ist gestern einberufen worden, und es hieß, er werde in einer Woche wieder hier sein. Blitz ...«
    Die drei Frauen verrieten Unruhe und schauten mißmutig auf die leeren Wände.
    »Ich mache mir keine Sorgen deswegen«, setzte Frau Phelps hinzu. »Das überlasse ich dem guten, braven Pitt. Ich mach' mir keine Sorgen, ich nicht.«
    »Ja«, meinte Millie, »überlassen wir die Sorgen dem guten, braven Pitt.«
    »Es ist immer jemand anders, der fällt, heißt es, nie der eigene Mann.«
    »Hab' ich auch schon gehört. Ich habe noch nie jemand gekannt, der im Krieg umgekommen wäre. Solche, die sich aus dem Fenster gestürzt haben, ja, wie Glorias Mann letzte Woche, aber im Krieg gefallen? Nein.«
    »Nicht im Krieg«, bestätigte Frau Phelps. »Jedenfalls haben Pitt und ich immer gesagt, nur keine Tränen, nichts dergleichen. Wir sind beide zum drittenmal verheiratet und führen unser eigenes Leben. Wir wollen beide unser eigenes Leben führen, haben wir immer gesagt. Wenn ich falle, hat er noch gesagt, darfst du mir nicht nachweinen, verheirate dich anderweitig und denke nicht mehr an mich.«
    »Da fällt mir eben ein«, sagte Mildred, »habt ihr gestern abend die Fünfminutenliebesgeschichte an der Wand gesehen? Die handelte doch von einer Frau, die ...«
    Montag sagte nichts, er stand nur da und besah sich die Gesichter der Frauen, wie er sonst in einer fremden Kirche, die er als Kind betreten hatte, die Gesichter der Heiligen betrachtet hatte. Die Gesichter jener auf Hochglanz polierten Figuren bedeuteten ihm nichts, obwohl er mit ihnen sprach und sich lange in der Kirche aufhielt, im Bestreben, sich in den betreffenden Glauben hineinzuversetzen und genug von dem dortigen Weihrauch und Staub in sich aufzunehmen, um eine Rührung zu verspüren und sich aus den bunten Gestalten mit den Porzellanaugen und den rubinroten Lippen etwas machen zu können. Aber sie gaben nichts her, es war ein Gang durch einen freiländischen Basar, in welchem sein Geld nichts galt; er hatte kein Gefühl aufbringen können, selbst als er das Holz und den Gips und den Lehm betastete. So war es auch jetzt, in seinem eigenen Wohnzimmer, wo diese Frauen sich unter seinem Blick auf den Stühlen wanden, Zigaretten anzündeten, Rauch ausstießen, an ihrem Haar rückten und sich die knallroten Fingernägel besahen, als hätte sein Blick sie auflodern lassen. Bei der Stille, die herrschte, kam ein gehetzter Ausdruck in ihre Mienen. Sie reckten die Hälse, als sie Montag den letzten Bissen verschlucken hörten. Sie horchten auf seinen schwergehenden Atem. Die drei leeren Wände waren jetzt wie die bleiche Stirn eines schlafenden Ungetüms, leer von Träumen. Montag hatte das Gefühl, wenn man die drei stumpfen Stirnen berührte, würde man einen feinen salzigen Schweiß an den Fingerspitzen spüren. Den Schweiß, der sich bei der gespannten Stille angesammelt hatte und bei dem unhörbaren Beben um die Frauen herum, die vor Ungeduld schier zersprangen.
    Montag brach das Schweigen.
    »Reden wir miteinander.«
    Die Frauen fuhren auf und machten große Augen.
    »Wie geht es Ihren Kindern, Frau Phelps?« fragte er.
    »Sie wissen ganz genau, daß ich keine habe! Das wäre ja noch schöner«, versetzte sie ärgerlich, ohne sich ganz klar zu sein, warum sie sich über diesen Menschen ärgerte.
    »Ich bin nicht gegen das Kinderkriegen«, wandte Frau Bowles ein. »Habe zwei zur Welt gebracht. Kaiserschnitt. All die Qualen wegen eines Kindes, das hat natürlich keinen Zweck. Aber der Mensch muß sich fortpflanzen, sonst würde er doch aussterben, nicht? Und dann sehen einem die Kinder manchmal ähnlich, und das ist nett. Mit zweimal Kaiserschnitt hab' ich's geschafft, jawohl. Mein Arzt behauptete zwar, es sei nicht nötig bei meinen Hüften, aber ich bestand darauf.«
    »Kaiserschnitt hin oder her«, sagte Frau Phelps, »Kinderkriegen richtet einen zugrunde, Sie sind nicht recht bei Trost.«
    »An neun von zehn Tagen bringe ich die Kinder in der Schule unter. Die drei Tage im Monat, die sie zu Hause sind, lassen sich ertragen. Es geht ganz gut; man befördert sie ins Fernsehzimmer und knipst an. Es ist wie mit der Wäsche, man stopft sie in die Maschine und knallt den Deckel zu.« Frau Bowles kicherte. »Natürlich haben sie nicht viel für mich übrig, und ich erwidere ihre Gefühle herzlich!«
    Die Frauen lachten aus vollem Halse.
    Mildred gewahrte, daß Montag noch immer unter der Tür stand, klatschte in die Hände und

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