Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
die
Tür wieder schließen und ins Haus zurückkehren, da drückte Winkler gegen die
Tür.
»Moment
noch! Ich bin Dennis Winkler, das ist meine Kollegin Petra Vogt. Wir sind von
der Kriminalpolizei Meppen. Dürfen wir reinkommen, Frau Schuster?«
»Natürlich!
Ich dachte, Sie wären von … ? Ach was, kommen
Sie mit«, erwiderte sie schnell, trat in den Flur zurück und ging voraus.
Winkler
zuckte die Achseln und folgte mit der Kollegin im Schlepptau.
»Was
kann ich für Sie tun?«, fragte sie, als sie sich im Esszimmer um einen runden
Tisch gesetzt hatten.
»Frau
Schuster«, begann Petra Vogt, »es geht um Ihren Mann, Gerd. Wir haben schlechte
Nachrichten für Sie, sehr schlechte Nachrichten.«
»Ja,
was ist mit ihm?«, fragte sie zurück, als könne sie sich nicht im Geringsten
denken, worum es gehen könnte.
Hallo?,
dachte Winkler, zwei Kripobeamte am frühen Morgen mit Trauermienen, was können
die wohl für Nachrichten überbringen? Vielleicht, dass ihrem Mann eine Katze
vor das Auto gelaufen ist? Oder dass der Wellensittich die Tür zur Fahrschule
eingetreten hat? Winkler kratzte sich mindestens zweimal unauffällig hinter dem
rechten Ohr.
Petra
fiel sein Verhalten sofort auf, sie konnte auch seine Gedanken lesen, deswegen
legte sie ihre Hand auf seinen Unterarm. Sollte wohl signalisieren: ruhig,
Dennis!
»Es
tut uns sehr leid, Ihr Mann ist heute Nacht tot aufgefunden worden. Unser
herzliches Beileid, Frau Schuster.« Petra sprach langsam und einfühlsam, dann
zog sie ihre Hand zurück und warf ihrem Chef einen Blick zu. Der nickte nur
kurz.
»Das
musste ja mal so kommen«, gab sie zurück.
»Frau
Schuster, wie meinen Sie das?«, fasste er sofort nach. Die Frau war ihm schon
jetzt ein Rätsel. Ihre gefasste Aufnahme der Todesnachricht und ihre Reaktion
fand er schon ein wenig sonderbar. Hatte sie etwas mit dem Ableben ihres Gatten
am Hut? Winkler, der Menschenkenner, so bezeichnete er sich selbst, beobachtete
sie genau. Ihre warmen Augen strahlten plötzlich Kälte aus.
»Bei
seinem Lebenswandel kein Wunder«, sagte sie knapp. »Möchten Sie etwas trinken?«
»Nein,
danke«, antwortete Petra für beide.
»Was
hatte Ihr Mann denn für einen Lebenswandel? Können Sie da etwas genauer werden?
Wollen Sie nicht wissen, wie er gestorben ist?« Petra legte beide Hände auf den
Tisch und suchte den direkten Blickkontakt zu ihr, damit wollte sie ihr
Vertrauen gewinnen.
Polizeischule,
drittes Semester, Vernehmungstaktik. In dem Fach wurde sie Klassenbeste,
dachte Winkler und verhielt sich ruhig, erst wollte er abwarten, welche
Reaktionen noch von der Witwe kommen sollten. Er beobachtete sie weiter mit
kritischen Augen.
»Frau
Vogt, mein Mann hatte mindestens ein Verhältnis. Besonders gerne traf er sich
in der Jagdhütte meines Bruders. Ich meine ein richtiges Verhältnis, keine
Affäre. Seine Affären sind kaum zu zählen. Ich hatte mit ihm schon vor längerer
Zeit eine intensive Aussprache darüber, wir einigten uns und blieben trotzdem
zusammen. Jeder macht sein eigenes Ding. So etwas soll es geben in einer offen
geführten Ehe«, erzählte sie und zeigte keine Millisekunde Trauer.
Winkler
schüttelte leicht den Kopf, ihm trat das Bild der Schwarzen Witwe vor Augen,
einer Spinne, die das Männchen nach der Paarung genüsslich verspeist. Er ließ
seine Kollegin weiter fragen und dachte an die Spinne. Offene Ehe? Was meinte
sie damit? Jeder vögelt jeden, oder was?
»Wie,
Jagdhütte? Wo liegt die?« Petra zog ihr Smartphone aus der Hosentasche und
Winkler grübelte weiter über die offene Ehe nach.
»Nicht
weit von hier. Der Waldweg heißt Landwehr, die Hütte liegt etwas versteckt in
einem Fichtenwald. Wenn Sie auf der Zeppelinstraße Richtung Wald fahren und am
Ende links abbiegen, sind Sie auf dem richtigen Weg. Nach einhundert Metern
liegt sie auf der rechten Seite.«
Petra
beschäftigte sich mit dem Smartphone, nickte ihr zu, als sie einmal aufschaute.
Sie hatte den Weg über google-maps bereits gefunden, speicherte das Ziel und
legte das Handy auf den Tisch.
»Wie
heißt Ihr Bruder? Haben Sie einen Schlüssel für die Jagdhütte?«, brachte sich
Winkler wieder in das Gespräch.
Die
Frau gegenüber starrte ihn an und fuhr sich mit der Hand durch ihre schwarze
Lockenpracht.
› Schau her, Männchen, gleich
fress ich dich‹, deutete er ihr nonverbales Getue.
»Nein,
den hatte mein Mann. Ich gehe nicht in die Hütte, was soll ich da? Werner
Holtmann heißt mein Bruder übrigens, er wohnt in
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