Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
Es
war ihre letzte Fahrstunde mit Gerd.«
»Wir
hätten gerne die Adresse.«
Frau
Schuster ergriff wieder den Palm, allerdings mit etwas genervtem
Gesichtsausdruck. Winkler bemerkte dies und blieb gelassen.
»Sie
wohnt in Haselünne, was wollen Sie noch von mir wissen?«
»Arbeiten
Sie? Haben Sie Kinder?« Petra lehnte sich zurück, so allmählich fand sie die
Frau sogar sympathisch. Aus der Sicht einer Frau natürlich. Dass ihr Chef
anders darüber dachte, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Sie warf ihm einen
Blick zu, Winkler schüttelte leicht den Kopf und zuckte mit den Schultern.
»Ja,
ich arbeite beim Landkreis Emsland und leite die Führerscheinstelle. Und nein,
wir haben keine Kinder. Gott sei Dank! Ich habe diese Woche Urlaub, wollte
eigentlich noch ein paar Tage auf Borkum verbringen, aber das fällt ja nun wohl
aus. Kann ich ihn bald beerdigen lassen?«, antwortete sie lächelnd.
Winkler
platzte fast der Kragen, unweigerlich fiel ihm wieder das Verhalten der
befruchteten Spinne ein. »Liebe Frau Schuster, ich denke, das wird noch etwas
dauern«, ging er dazwischen, »Ihr Mann, den müssten Sie heute übrigens noch
identifizieren, wird im Laufe des Tages nach Oldenburg zur Rechtsmedizin
gebracht. Wie es so üblich ist, werden alle Opfer von Gewaltverbrechen
obduziert. Ich denke, in drei oder vier Tagen wird seine Leiche freigegeben und
Sie können ihn beerdigen lassen.«
Frau
Schuster trank den Kaffee aus. »Ich habe gleich einen Frisörtermin. Haben Sie
noch Fragen?«
Winkler
war bedient. Er sah zu Petra rüber, die kurz nachdachte. Sie konnte sich noch
kein genaues Bild über die Frau machen, zuckte mit der Schulter und warf einen
neidischen Blick auf die Lockenpracht der Witwe. Ihr eigenes, sprödes Haar war
dagegen eine Katastrophe. Dann rekapitulierte sie.
»Sie
haben die Frage meines Kollegen noch nicht beantwortet, Frau Schuster. Er hatte
Sie vorhin nach Feinden Ihres Mannes gefragt, Sie hatten ›bestimmt‹
geantwortet. Können Sie Ihre Aussage vielleicht etwas präzisieren?«
Als
ob sie Petras Gedanken lesen konnte, fuhr sie mit der rechten Hand durch ihre
schwarzen Locken.
So
ein Biest!, schoss es Petra in ihren mit sprödem Haar bedeckten Kopf.
»Ich
glaube, da gibt es mindestens einen Mann, der ihm an den Kragen wollte. Ich
denke an den Ehemann seines momentanen Verhältnisses, die Frau ist verheiratet.
Außerdem gibt es eine Menge Neider aus der Fahrlehrerschaft hier in Meppen.
Unsere Fahrschulen in Geeste und Haselünne laufen gut, die der anderen mehr
schlecht als recht. Mein Mann war Bezirksvorsitzender des Fahrlehrerverbandes.
Da macht man sich immer Feinde. Um Ihnen die ganzen Verwicklungen und Vorgänge
zu erklären, bräuchte ich einen ganzen Nachmittag, das können wir gerne in den
nächsten Tagen besprechen. Aber gleich muss ich los, Sie wissen ja, dass ich
zum Frisör muss.« Sie sah auf ihre Uhr.
»Gut,
Frau Schuster. Ich hätte dann gerne den Namen der Frau, die, wie Sie sagten,
ein Verhältnis mit Ihrem Mann hatte.« Winkler war gespannt auf ihre Antwort.
Sie
zögerte und überlegte. »Werden Sie diskret vorgehen? Was passiert, wenn der
Mann es mitbekommt? Soll noch eine Ehe in die Brüche gehen?«
»Er
muss es ja nicht gewesen sein. Vielleicht weiß er aber bereits von dem
Verhältnis. Wir gehen in solchen Dingen immer diskret vor, darauf können Sie
sich verlassen. Wir werden vorerst nur die Frau ansprechen, nicht ihren
Ehemann«, stellte Winkler klar.
»Gisela
Lorenz. Sie finden die Adresse im Telefonbuch, sie wohnt hier in Meppen«,
erwiderte sie. Petra tippte den Namen in ihr Handy.
»Wir
kommen morgen am Vormittag noch einmal zu Ihnen, ich denke um zehn Uhr. Können
wir uns hier treffen?«
»Ich
bin hier«, erwiderte sie und erhob sich, »das passt ganz gut, denn wir haben
morgen den ganzen Tag Prüfung. Ich kann Ihnen dann unsere Fahrlehrer
vorstellen, sicherlich haben Sie auch Fragen an sie, oder?«, sagte sie im
Vorausgehen zur Haustür.
Winkler
ging das alles hier ziemlich schnell, nebenbei auch auf den Sack. Er hätte
gerne noch einige Fragen gestellt. Egal, morgen würde er mal so richtig
nachbohren. »Sorgen Sie bitte dafür, dass wir Corinna Becker morgen hier
sprechen können. Wir müssen dann nicht extra nach Haselünne fahren. Könnten Sie
heute noch, nach Ihrem Frisörtermin, Ihren verstorbenen Mann identifizieren?«,
fragte er etwas provozierend an der Haustür. Diese Spitze konnte er sich nicht
verkneifen.
Frau
Schuster warf ihm böse Blicke
Weitere Kostenlose Bücher