Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
Wesuwe.«
Petra
tippte den Namen ins Handy.
»Hatte
Ihr Mann Feinde? Haben Sie sich nicht darüber gewundert, dass er heute Morgen
nicht neben Ihnen im Bett lag?«, wollte Winkler wissen und dachte dabei an
seine Exfrau, in deren Gesicht er heute Morgen nach dem unruhigen Schlaf zuerst
geschaut hatte. Die Gedanken an die Schwarze Witwe schwirrten weiterhin in
seinem Kopf herum.
»Bestimmt
hatte er Feinde. Dass er nicht neben mir im Bett lag, das ist normal, wir haben
getrennte Schlafzimmer. Außerdem kam er sehr oft erst morgens nach Hause. Wir
haben dann zusammen gefrühstückt und den kommenden Tag besprochen. Ist das für
Sie so ungewöhnlich?«
Winkler
stutzte jetzt zum dritten Mal, grübelte kurz über die offene Ehe nach und zog
überrascht die Augenbrauen hoch, als er von den ›Feinden‹ hörte. Er kratzte
sich wieder am Ohr. Jetzt teilt sie mir gleich den Namen des Mörders mit,
natürlich mit Wohnort, schoss es ihm ins Polizistenhirn. Sollten sie den Fall
heute noch aufklären? Für die Erfolgsquote wäre das nicht schlecht, dachte er,
obwohl wir schon bei neunzig Prozent liegen.
»Haben
Sie da jemanden in Verdacht?«
»Nein.
Wie ist mein Mann eigentlich gestorben? Musste er leiden?«, wechselte sie
abrupt das Thema und fuhr mit den Händen nochmals durch die Lockenpracht.
Hatte
ein unmerklicher Luftzug vielleicht die Frisur demoliert?, dachte Winkler. Er
verwarf den Gedanken und konzentrierte sich. Ihre Fragen stießen bei ihm auf
Verwunderung. Hatte die eiskalte Lady gerade etwa Rührung gezeigt?
»Er
wurde erstochen«, führte Petra nun das Gespräch weiter, »ist danach noch ins
Auto gestiegen und gefahren, bis ihn eine Leitplanke stoppte. In der Nähe der
Kreuzung bei Marktkauf. Da war dann Schluss, sozusagen im wahrsten Sinne des
Wortes. Sie wissen, wo das ist?« Wenn die Frau so mit ihnen redete, dachte sie,
und keine Anzeichen von Trauer zeigt, warum nicht auch ich? Pietät war nun
nicht mehr nötig, hier ging es um reine Ermittlungsarbeit. Also, ran an den
Speck!
»Das
sieht ihm ähnlich. Wo wollte er denn hin?«
Winkler
schossen gleich mehrere Antworten ins Hirn. Zum Einkaufen oder Fremdvögeln?
Vielleicht wollte er auch eine Stadtrundfahrt machen und willige Mädchen
suchen? Er beherrschte sich aber und ließ seinen Blick durch den Raum gleiten:
Bloß ablenken, auf die Zunge beißen und eine passende Antwort geben!
»Ich
vermute, er wollte zum Krankenhaus. Es war ja nicht mehr weit bis dorthin«,
erwiderte Winkler stattdessen, »da er kein Handy dabei hatte, konnte er keine
Hilfe rufen. Also setzte er sich schwer verletzt ins Auto und fuhr los. Ich
hätte es genauso gemacht. Reiner Selbsterhaltungstrieb. Wissen Sie, wo sein
Handy ist?« Winkler suchte Blickkontakt mit ihr, sie erwiderte ihn und schaute
durch ihn hindurch.
»Hatte
er es hier liegen lassen?«, hakte er nach.
»Er
ist nie ohne sein Handy aus dem Haus gegangen. Das gab es nicht. Es hätte ja
ein Fahrschüler anrufen können oder ein Fahrlehrer, der nicht weiter wusste«,
entgegnete sie vorwurfsvoll ihrem verstorbenen Gatten gegenüber und erhob sich.
»Ich hole mir einen Kaffee.« Sie verschwand in Richtung Küche..
»Komische
Geschichte, oder?«, flüsterte Winkler. »Sag mal, Petra, hat die Frau sie nicht
alle oder bin ich hier im falschen Film? Das Gerede von der offenen Ehe, die
Affären ihres Mannes und so weiter?« Er zog die Augenbrauen zusammen und legte
die Stirn in Falten, dann sah er sich kopfschüttelnd etwas um. Hier lebten
keine armen Leute, stellte er fest, alles sehr geschmackvoll eingerichtet,
vermutlich die Handschrift der jungen Witwe, denn der Ehemann war ja oft außer
Haus.
Frau
Schuster kam zurück und setzte sich wieder. Sie trank einen Schluck und sah
Petra erwartungsvoll an.
Petra
erwiderte den Blick und führte das Gespräch weiter. »Wann haben Sie Ihren Mann
zuletzt gesehen?«
»Gestern.
Er hatte zwei Autobahnfahrten, dann war er kurz hier, trank Kaffee und aß eine
Kleinigkeit. Dann hatte er im Büro zu tun und anschließend noch eine
Nachtfahrt.« Sie nippte an ihrer Kaffeetasse und musterte Winkler.
»So,
so. Wer war der letzte Fahrschüler? Der mit der Nachtfahrt, meine ich?«, wollte
er wissen. Sein Rundumblick endete bei der Witwe und er erlangte so allmählich
seine Fassung zurück.
»Das
kann ich eben nachsehen, Moment.« Sie nahm den Palm vom Sidebord und tippte
mehrmals darauf herum.
»Corinna
Becker«, antwortete sie und legte den Palm zurück, »die hat morgen Prüfung.
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