Fahrt ohne Ende
einen Blick zur Schule hinüber, stapfte dann aber weiter, aufs Feld hinaus. Wolf wartete ein paar Minuten, dann schlich ei wieder zum Schulbau hin, rief:
»Die Luft ist rein, der Mann ist weg«, und half dann Peter, daß er wieder zum Fenster heraus kam.
»So, das war‘ ja noch mal gut gegangen. Hoffentlich hat‘s bei Paule ebenso gut geklappt!«
Klaus hatte währenddessen bei Paule alle Register seiner Beredsamkeit gezogen. Zuerst hatte Paule allerlei Bedenken gehabt.
»Wie stellt ihr euch das denn vor? Wie sollen wir uns für die zwei Tage — denn so lange dauert der Marsch doch bestimmt — verpflegen? Wie sollen wir die Nächte verbringen?«
Sicher, die Entscheidung war nicht leicht zu fällen. -Andererseits dachte auch Paule daran, daß der Marsch durch den Wald aller Wahrscheinlichkeit nach für die Jungen sicherer sei als das Verbleiben hier im Lager. Auch wenn sie unterwegs irgendwo mal Tschechen begegnen sollten, so würden diese sie sicher in Frieden lassen. Hier auf dem Schloß dagegen war das durchaus nicht garantiert...
Schließlich gab sich Paule geschlagen.
»Gut. Ich bin einverstanden; nur hat euer Plan einen Fehler: wir haben nämlich keine richtige Karte von der hiesigen Gegend.«
»Dem können wir schnell abhelfen, Herr Studienrat«, sagte Klaus. Er sah nämlich gerade unten Peter und Wolf stolz und mit einer Karte unter dem Arm auf den Hof einmarschieren.
»Wolf und Peter!«
»Ja, Klaus?«
»Kommt doch mal schnell ‘rauf.«
Als die beiden ihre Karte zeigten, schmunzelte Paule:
»Ihr denkt ja einfach an alles. Wo habt ihr die denn her?«
»Ja —, ja also, die haben wir —, haben wir — sozusagen gefunden.«
»Gefunden? Merkwürdig, was ihr nicht alles findet; aber dann woll‘n wir mal genau überlegen, was wir vor unserm Ausmarsch noch zu tun haben...«
Die Mehrzahl der Jungen war von dem »Marsch in den Wald« begeistert. »Endlich hier heraus«, sagten die meisten.
So ganz einfach war die Sache allerdings nicht. Es war ein hartes Stück Arbeit, alle Jungen so weit zu bringen, daß sie nicht zuviel und unnützes Gepäck mitschleppten. Wolf und Klaus als alte Fahrtenjungen mußten überall helfend eingreifen. Die beiden HJ.-Führer erwiesen sich als recht hilflose Gesellen bei der Vorbereitung des Marsches.
»Na ja, sie zeigen wenigstens den guten Willen, mehr kann man ja von den Herren nicht verlangen«, meinte Wolf zu Peter.
Gegen Abend war dann doch alles so weit. Nach dem letzten Abendessen hier im Lager saßen sie noch einmal im Schloßhof, Paule begreiflicherweise in ziemlicher Aufregung, die beiden HJ.-Führer ebenfalls in der nötigen »dienstlichen Erregung«; — »Zu allem bereit und zu nichts fähig«, charakterisierte sie Peter — und die Jungen in fieberhafter Erwartung der kommenden Abenteuer, zugleich in der Vorfreude auf die Heimfahrt.
Wolf hatte wieder einmal einen Blick für das Notwendige — und so erzählte er dem ganzen Kreis Fahrtenerlebnisse, berichtete von Trampen, von Nachtmärschen, von Wanderungen durch unbekanntes und unwegsames Gelände.
Dann nahm er die Klampfe her, ein Lied war ihm in den Sinn gekommen, das vieles von ihrer Lage einfing:
Turm, du wirst gesprengt,
für die Flucht gesprengt.
Flucht zum großen Wald,
der uns alle birgt.
Bald darauf zogen sie in langer Reihe in den nachtdunklen Wald.
Die erste Nacht hindurch marschierten sie ohne größere Pause, waren dann am Morgen auch dementsprechend müde.
Sobald die Sonne über den Wäldern stand und es warm genug war, machten sie halt und holten die versäumte Nachtruhe nach. Auch Wolf wollte sich gerade irgendwo zum Pennen hinhauen, da kam ihm der Gedanke: Wenn nun Tschechen hier den Weg lang kommen und von uns paßt keiner auf? Das ging nicht. Ein Blick zu Paule: der schlief zwar noch nicht, machte aber einen ziemlich angegriffenen Eindruck.
»Wolf! Was machst du so ‘n besorgtes Gesicht?« rief Rainer.
Wolf ging zu ihm hinüber.
»Du, ich glaub‘, es ist doch besser, ein paar Mann bleiben als Wache und legen sich nicht zum Schlafen hin.«
»Wache? Gut, dann mach‘ ich mit, mit dir zusammen, ja, Wolf?«
»Schön!«
Zwei Stunden lang hielten Wolf und Rainer Wache. Dann lösten die beiden HJ.-Führer sie ab.
»Spätzündung, wie gewöhnlich«, stellte Wolf fest.
Nun, sie hatten Glück an jenem Tage: in der ganzen, recht verlassenen Waldgegend ließ sich keine Menschenseele blicken. Gegen Mittag zogen sie weiter. Über den Fichtenwäldern lag eine drückende,
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