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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Hintergrund hörte Lüder etwas quäken. Dann meldete sich der Beamte wieder.
    »Es ist nicht gesichert, aber möglicherweise haben sich die Flüchtenden Richtung Rote Straße bewegt.«
    »Wo ist das?«
    Der Polizist konnte ein verächtlich klingendes Schnauben nicht unterdrücken.
    »Wenn Sie aus dem Holm kommen, halten Sie sich halb rechts.«
    Ein großes Plakat warb für das Schleswig-Holstein-Musik-Festival. Nebenan hatte die bei Studierenden besonders beliebte Kneipe Campus Suite unter großen Sonnenschirmen dicht an dicht Tische und Stühle auf den Platz gestellt.
    Lüder bahnte sich einen Weg hindurch.
    »Bist du nicht ganz dicht?«, rief ihm jemand hinterher.
    Lüder hatte den Platz verlassen und hastete eine Straße entlang, deren Kopfsteinpflaster in der Mitte durch einen lieblos aufgebrachten Asphaltstreifen geflickt war. Das ist keine aktive Stadtwerbung, überlegte Lüder und entdeckte das Straßenschild.
    Auf den ersten Blick bot die Rote Straße keine Besonderheiten. Ihr Reiz lag in den Höfen, für die Flensburg berühmt war. Die Stellschilder auf den Gehwegen wiesen auf das Angebot der Geschäfte hin. Phantasievoll war ein Bollerwagen als Wegweiser zu einem der Höfe umfunktioniert worden. Ein Stück weiter sah Lüder eine kleine Menschenansammlung, die interessiert vor der Einfahrt zu einem Hof stehen geblieben war.
    Lüder rannte zu dieser Stelle.
    »Sind da zwei Männer hineingelaufen?«, fragte er.
    Ein korpulenter Mann grinste. »Mit Ihnen wären es schon drei«, antwortete er. »Ist das hier ein Volkslauf?«
    Lüder sah in den engen Hof. Gleichzeitig erschallte ein mehrstimmiger Kanon erschreckter Menschen. Am Ende des Ganges stand Nils Jessen und starrte in Lüders Richtung. Er sah ihn aber nicht, sondern konzentrierte sich auf seinen Bruder Ole, der drei Meter vor ihm stand und Lüder den Rücken zuwandte. Beide hatten die Schultern vorgestreckt, die Arme pendelten leicht am Körper hin und her. So stand man, wenn man von einem Lauf völlig erschöpft war.
    Im hinteren Bereich des Hofes, der in breiten Stufen endete, befand sich eine Weinstube. Rankengewächse, kleine Bäume, Weinfässer und anderes Dekorationsmaterial verliehen dem Ort ein lauschiges Ambiente, das sicher dazu beitrug, dass die aufgestellten rustikalen Tische gut besetzt waren.
    Angstvoll erhoben sich die Gäste und drängten sich an Ole Jessen vorbei in Richtung Ausgang. Lüder trat einen Schritt zur Seite, um die Menschen durchzulassen. Den Grund für die Aufregung trug Ole Jessen in seiner rechten Hand: eine Pistole. Nachdem alle Gäste den Hof verlassen hatten, die beiden Brüder schenkten ihnen keine Beachtung, machte Lüder vorsichtig ein paar Schritte in den Hof hinein.
    Nur mit einem schnellen Blick registrierte er die Auslage des Geschenkartikellädchens zur rechten Seite, das mit von der Dachrinne baumelnden Glaskugeln warb. Auf der hölzernen Galerie war allerlei Zierrat angebracht – Weinfässer, Vogelkäfige aus Weidenruten, ein dänischer Wimpel.
    Lüder hatte sich so sehr auf die Reeder konzentriert, dass er mit dem Knie gegen eine von der Witterung arg strapazierte Bank aus roten Holzlatten stieß. Es war nicht nur schmerzhaft, sondern verursachte auch ein scharrendes Geräusch auf dem unebenen Katzenkopfpflaster. Ole Jessen drehte sich auf dem Absatz um und riss die Pistole in die Höhe. Er zielte auf Lüder.
    »Hauen Sie ab«, schrie er. Seiner Stimme war anzuhören, dass er die Kontrolle über sich und sein Handeln verloren hatte. »Verschwinden Sie.« Er hielt die Pistole mit beiden Händen und war in Kombatstellung gegangen. »Mir kommt es auf einen mehr oder weniger auch nicht an.«
    »Mach ihn kalt, Ole«, rief Nils Jessen mit sich überschlagender Stimme. »Das Schwein ist an allem schuld.«
    »Warum haben Sie das Schiff entführen lassen?«, fragte Lüder.
    »Ja – warum?«, hakte Ole Jessen nach.
    »Du – du … Hast du überhaupt mitbekommen, wie beschissen es um unsere Reederei stand? Wenn wir nicht die heißen Container aus Indien nach Zypern gefahren hätten, stünde es noch schlechter um die Reederei«, rief Nils Jessen.
    »Sie wussten, was in den Containern war?«, fragte Lüder.
    »Klar. Was meinen Sie, warum wir eine andere Frachtrate dafür erhalten haben? Ohne dieses Extra wäre das war risk  –«
    »Das was?«, unterbrach ihn Lüder.
    »Die erhöhte Versicherungsprämie für die Fahrt durch den Golf von Aden nicht mehr zahlbar gewesen.«
    »Und warum hat man Sie ausgesucht?«
    »Weil

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