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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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kommen Sie dazu, mich zu duzen?«
    »Ja … aber, Nils …« Iversen sah hilflos von einem zum anderen.
    »Dies ist keine private Kaffeerunde«, schnauzte Jessen.
    »Warst du … äh, Sie das nicht? War das Ole?« Iversen standen die Schweißperlen auf der Stirn.
    »Ich habe mich immer schon gefragt, welch krumme Geschäfte ihr hinter meinem Rücken abwickelt.« An Jessens Schläfen traten die Zornesadern sichtbar hervor. Hastig griff er zur Serviette und tupfte sich die Lippen ab. Dann stand er auf.
    Lüder sah ihn fragend an.
    »Mir ist schlecht«, erklärte Jessen. »Wenn ich mich nicht beeile, passiert hier ein Unglück.« Mit schnellen Schritten eilte er hinaus.
    Iversen legte die Hände an die Wangen. »Ich bin völlig durcheinander«, sagte er. »Kann sein, dass es Ole Jessen war, der sagte, die ›Holstenexpress‹ soll nach Dschidda. Ich habe mich noch gefragt, was das soll. Mir war nicht bekannt, warum.«
    »Wie ist das Verhältnis der Brüder Jessen zueinander?«, wollte Lüder wissen.
    »Och.« Iversen überlegte. »Die Zeiten für kleinere Reedereien sind sicher schwer. Mit fünf Schiffen kann man kaum gegen die Riesen der Branche bestehen, zumal die Einheiten immer größer werden. Dafür fehlt der GAEL das Geld. Niemand wird uns einen Kredit für die Schiffsfinanzierung einräumen. Und die in diesem Feld engagierten Banken haben sich zurückgezogen, zum Beispiel die HSH -Nordbank. Daher ist es vielleicht zu einfach zu behaupten, bei den beiden Alten sei es besser gelaufen.«
    »Zwei Alte?«
    »Ja. Folke Jessen, der Vater von Nils und Ole, und sein Cousin Frederik.«
    »Hat sich dessen Familie aus dem Geschäft zurückgezogen?«
    Iversen hüstelte. »Da gab es keine Familie. Damals konnte Frederik noch keine Männer heiraten. So fiel das komplette Erbe an die beiden jetzigen Reeder. Sie strampeln sich ab, das muss man zugeben. Aber im Zeugnis würde stehen: ›Sie waren stets bemüht.‹ Allein der Erfolg fehlt.«
    »Wer könnte über den wahren Inhalt der Fracht informiert gewesen sein?«
    »Ich traue es keinem von beiden zu.«
    »Hat jemand Kotakte zu arabischen Staaten oder nach Israel?«
    Iversen schüttelte heftig den Kopf. »Das sind Ziele, die werden von unserer Reederei standardmäßig nicht angelaufen.«
    »Gab es früher schon vereinzelt Ladungen für Limassol?«
    »Tja. Puhh.« Iversen blies die Wangen auf. »Das hat es immer schon mal gegeben, dass außerplanmäßig etwas an Bord genommen wurde.« Er versuchte ein Lächeln. »Man lässt schließlich keinen Goldklumpen am Wegesrand liegen.«
    »Goldklumpen? Sind solche Extratouren so lukrativ?«
    »Nein. So will ich das nicht verstanden wissen. Um Himmels willen«, versuchte Iversen zu relativieren.
    Der Kellner trat an den Tisch und zeigte auf die unberührten Teller von Jessen und Iversen.
    »Ist etwas nicht in Ordnung mit dem Essen?«, fragte er besorgt.
    »Nein. Vielen Dank«, erwiderte Lüder. »Das ist vorzüglich. Die beiden Herren haben sich einen Infekt zugezogen. Der ist aber importiert.«
    »Was soll mit dem Ananas-Halbgefrorenen an Cassisschaum geschehen, den Sie als Nachtisch bestellt haben?«
    »Warten Sie bitte noch einen Moment«, bat Lüder, tupfte sich die Lippen ab und stand auf. »Ich werde nach Herrn Jessen sehen«, sagte er und verließ das Restaurant.
    Der Flur verlief über die Länge des Hauses, an dessen Querseite sich das Foyer und der Eingang befanden. Dort sah Lüder eine aufgeregte Menschenansammlung. Er stellte sich zu ihnen und vernahm Wortfetzen:
    »Also – so was. Und das hier«, empörte sich eine rundliche Frau.
    »Ist ja richtig Action«, stimmte ein Mann zu.
    Eine junge Frau von der Rezeption hatte sich eingereiht. Sie zeigte ein charmantes Lächeln, hatte beide Hände leicht angehoben und versuchte zu beschwichtigen.
    »Das war ein kleines Missgeschick«, erklärte sie. »Bitte entschuldigen Sie.«
    »Danach sah es aber nicht aus«, beharrte die rundliche Frau und trottete davon. »Komm, Herbert«, sagte sie zu ihrem Begleiter.
    Als sich die Aufregung gelegt hatte, sprach Lüder die Hotelangestellte an, die sich wieder hinter den Rezeptionstresen zurückziehen wollte.
    »Was ist hier geschehen?«, fragte er.
    »Nichts«, erwiderte sie.
    Lüder zeigte ihr seinen Dienstausweis.
    »Es war wirklich nichts von Belang«, versicherte die Frau. »Ein Missgeschick unter Brüdern.«
    »Die Herren Jessen?«
    Sie sah Lüder nachdenklich an. »Ja, aber …«
    »Wo sind die

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