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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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sie ihre Lösegeldforderung platzieren sollten. Wie würde der Austausch des Lösegeldes erfolgen? In bar? Ein Konto, schon gar im Ausland, haben die Leute nicht. Nein. Dahinter steckt mehr. Eine, wenn auch primitive Infrastruktur. Und was heißt primitiv? Immerhin funktioniert das System.«
    Dr.   Mbagos Vermutung, dass bei der »Holstenexpress« die Entführung anders verlief, traf zu. Warum hatten die Kidnapper sich noch nicht gemeldet? Noch keine Forderungen gestellt? Warum hatte sich das Bundeskanzleramt eingeschaltet? Und was hieß Bundeskanzleramt ? Das war nur die Dienststelle, die für die Regierungsspitze tätig war. Es sollte nicht publik werden, durchfuhr es Lüder, dass der Entführung der »Holstenexpress« das Interesse von ganz oben galt. Deshalb saß er jetzt in diesem vornehmen Anwaltsbüro in Nairobi. Ob Dr.   Mbago ahnte, worin er verwickelt wurde?
    »Auch wenn ein Land völlig am Boden zerstört ist, es keine Infrastruktur und keine staatlichen Stellen mehr gibt, muss es doch noch informelle Quellen geben.«
    Der Anwalt breitete die Arme aus. »Deutschland als eine der führenden Nationen der Welt ist dort nicht mehr vertreten. Nicht einmal mit einem Honorarkonsul oder durch ein anderes Land. Es geht nicht. Niemand ist in Somalia seines Lebens sicher.«
    »Das heißt, es gibt nicht einen Kontakt zu Ihren nördlichen Nachbarn?«
    Dr.   Mbago zeigte zum wiederholten Mal ein Lächeln. »So ist es. Selbst das abgeschottete und isolierte Nordkorea wirkt gegen Somalia wie eine Plaudertasche, wie ein …« Er suchte nach einem Vergleich. »Wie ein offenes Buch.«
    »Dann hält sich dort kein Ausländer mehr auf?«
    »Wer sich dorthin wagt, spielt mit dem Leben.« Der Anwalt schob die Unterlippe vor. »Nach meinem Wissen gibt es nur einen einzigen Europäer, der es noch in Mogadischu aushält.«
    »Wer ist das?«
    »Ein Schweizer.«
    »Als ein international anerkannter Neutraler«, sagte Lüder. »Ein Diplomat?«
    »Privatmann.«
    »Repräsentant des Roten Kreuzes? Oder einer Hilfsorganisation?«
    Dr.   Mbago sah Lüder lange an. Dann wiederholte er: »Ein Privatmann. Urs Hürlimann.«
    »Was macht Hürlimann in Mogadischu?«
    Dr.   Mbagos Körper straffte sich. »Sie müssen mich entschuldigen«, sagte er mit Bestimmtheit. »Aber jetzt muss ich mich wirklich um meine Geschäfte kümmern.«
    »Nur diese eine Frage«, bat Lüder.
    Der Anwalt stand auf. »Ich habe Ihnen mehr Zeit geschenkt, als ich vertreten kann. Sorry.«
    »Wie kann ich Kontakt zu Hürlimann aufnehmen?«
    »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Ermittlungen«, sagte Dr.   Mbago und schob Lüder höflich, aber bestimmt Richtung Tür. Er verabschiedete sich ohne Handschlag, tippte dafür aber mit dem Zeigefinger auf die Pistole, die Lüder im Schulterhalfter mit sich führte. »Sie sind ein merkwürdiger Journalist, Mr.   Wolfram. Statt Aufnahmegerät tragen Sie eine Waffe. Was sagten Sie, für welche Zeitung schreiben Sie? Süddeutsche?«
    »Kieler Nachrichten«, erwiderte Lüder.
    »Für wen auch immer Sie arbeiten, seien Sie vorsichtig. In Afrika gilt ein Menschenleben nicht viel.«
    Er schloss hinter Lüder die Bürotür. Die hübsche Assistentin verabschiedete Lüder mit einem reizenden Lächeln. Wäre er eingebildet, hätte er denken können, sie würde auf eine Einladung zum Essen warten.
    Der Wachmann im Foyer dienerte, als Lüder seinen Platz passierte. »Waren Sie erfolgreich, Sir?«
    »Sicher. Ich bin immer erfolgreich.«
    Auf der Straße atmete er die frische Luft ein. Es war ein angenehmes Klima. Nicht zu warm, mild, gerade so, dass man einen schönen Sommerabend genießen konnte.
    Der Verkehr in der fast Drei-Millionen-Stadt war gewöhnungsbedürftig. Es gab kein U- oder Schnellbahnnetz, kaum Ampeln oder den Verkehr regelnde Polizisten. Die Fahrspuren, sofern überhaupt vorhanden, waren schmal. Auch Bürgersteige gab es nicht durchgängig. Alles wuselte durcheinander, die überfüllten Busse und die Matatus, eine Art Sammeltaxis, die eine meist feste Strecke befuhren und deren Fahrer Passanten durch lautes Rufen zum Mitfahren zu animieren versuchten.
    Lüder bog in die lebhafte Wabera-Street ein und näherte sich dem Roundabout an der City Hall. Er lächelte über das Straßenschild »Mama Ngina Street«, als er am Ärmel gepackt wurde und jemand an ihm zerrte.
    Überrascht wollte er sich umdrehen, als ihm eine unbekannte Stimme zuraunte: »Biegen Sie links ab. Dort finden Sie nach einhundert Metern eine blaue Uhr,

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