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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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bremsten die Maschine ab und ließen sie bis zum Ende der Landebahn ausrollen. Dort wendeten sie und kehrten auf der Landebahn bis zur Mitte zurück, um auf das Vorfeld vor dem Empfangsgebäude abzubiegen. Lüder konnte nur zwei andere Maschinen älterer Bauart entdecken. Es war kein Vergleich zum Gewusel auf dem Airport in Nairobi.
    Hier hatte 1977 die spektakuläre Befreiung der Lufthansa Boeing »Landshut« stattgefunden, dachte Lüder, die den legendären Ruhm der GSG 9 begründete. Heute flog wieder ein deutscher Polizist nach Mogadischu, kein geschultes Spezialeinsatzkommando, sondern ein Einzelner von der Landespolizei Schleswig-Holstein. Was für ein Unterschied.
    Nachdem das Flugzeug seine Parkposition gefunden hatte, bedankte sich Flugkapitän Mariga – er nannte erst jetzt seinen Namen – bei den Passagieren für ihr Vertrauen und empfahl seine Fluggesellschaft auch für weitere Dienste. Dann erschienen die beiden Piloten, hantierten an der Tür, öffneten sie und gaben den Ausstieg frei. Als Lüder die Türöffnung erreichte und auf die Gangway treten wollte, schien es, als würde ihn ein Keulenschlag treffen. Es war so unglaublich heiß, dass er, aus dem klimatisierten Flugzeug kommend, nach Luft jappte. Am Fuß der Gangway war er völlig durchgeschwitzt.
    Das Empfangsgebäude war klein, schlicht und heruntergekommen; mit den Säulen und dem Balkon im Obergeschoss erinnerte es entfernt an ein typisches Haus aus Downtown New Orleans, hätte an der Ecke nicht der Tower emporgeragt und ein großes Schild »Aden Abdulle International Airport« verkündet.
    Lüder reihte sich unter die wenigen Miteisenden ein, nachdem er den überall herumlungernden Bewaffneten einen kritischen Blick zugeworfen hatte. Auch am Ausgang standen mehrere von ihnen, ihre modernen Waffen lässig über der Schulter baumeln lassend.
    Ein Uniformierter streckte ihm die Hand entgegen und forderte missgelaunt: »Passport.«
    Plötzlich trat von hinten ein Einheimischer, der mit einer Jeans und einem über den Gürtel hängenden Hemd bekleidet war, an den Posten heran und sprach ihn auf Somali an. Dabei drehte er lässig seine Designersonnenbrille, von der Lüder annahm, dass es eine Fälschung war.
    Der Kontrolleur erwiderte etwas, und es entspann sich eine lautstark geführte Diskussion, von der Lüder nur ein sporadisch eingestreutes »Hürlimann« zu verstehen glaubte. Schließlich gab der Uniformierte auf und bedeutete Lüder unfreundlich, dass er passieren könne. Das Ganze wurde von den Bewaffneten mit kritischem Blick begleitet.
    »Mr.   Wolfram«, sagte der Mann mit der Sonnenbrille in holprigem Englisch. »Ich komme von Mr.   Hürlimann und soll Sie abholen. Folgen Sie mir.«
    Er drehte sich um und ging im Slalom durch die schmutzig wirkende Empfangshalle, in der Menschen mit Gepäck ebenso durcheinanderwuselten wie eine Handvoll fliegender Händler. Dazwischen kreuzten überall Bewaffnete herum, die zum Teil in gefleckter Militäruniform herumliefen, aber auch zivile Kleidung trugen. Der »Brillenmann« steuerte einen Hummer-Geländewagen an, der vor dem Gebäude parkte, und stieg auf der Beifahrerseite ein. Er überließ es Lüder, sich und sein Gepäck selbst auf dem Rücksitz des geräumigen Fahrzeugs unterzubringen. Das Auto war äußerlich verdreckt und verstaubt, machte im Innenraum aber einen relativ gepflegten Eindruck. Lüders Begleiter gab dem Fahrer ein paar Anweisungen auf Somali, dann setzte sich der Hummer in Bewegung. Der Weg führte über einen von Betonbarrieren gesäumten Pfad bis zum nächsten Kontrollposten, an dem der »Brillenmann« das Seitenfenster herabsurren ließ und erneut etwas sagte, in dem »Hürlimann« vorkam.
    Die Autos teilten sich die mit Löchern übersäten Straßen mit Radfahrern, Fußgängern, die abenteuerliche Lasten trugen, verbeulten Autobussen und japanischen Lieferwagen ohne Scheinwerfer und Frontscheibe. Trümmer lagen auf den Straßen, Ruinen streckten wie mahnende Finger ihre Fassaden in die Höhe, dazwischen tauchten in leuchtendem Weiß gestrichene Häuser und Moscheen auf, die wie frisch renoviert wirkten. Lüder staunte über die Gegensätze, die sich ihm boten. Und allgegenwärtig waren Männer, die ihre Waffen unterm Arm mit einer Selbstverständlichkeit trugen wie die Franzosen ihr Baguette.
    Lüders Versuch, den »Brillenmann« anzusprechen, scheiterte. Der Mann ignorierte ihn.
    Das Bild, das sich Lüder zeigte, änderte sich auch nicht, als sie an einem Kreisverkehr

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