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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Miete nach Kalifornien?«
    Hürlimann winkte ab. »Vergeuden wir nicht unsere Zeit mit solchen Dingen. Wenn Sie Afrika kennen, insbesondere die Verhältnisse in Somalia, muss ich Ihnen nichts erklären. Es gibt hier kein Grundbuchamt.«
    »Nur Kriegsgewinnler?«, fragte Lüder.
    Der Schweizer kniff die Augen ein wenig zusammen, als er Lüder musterte. »Sie sollten solche Formulierungen vermeiden, wenn Sie von Ihrem Gesprächspartner Auskünfte haben möchten. Akzeptieren Sie es als Realität, dass die Dinge hier anders sind.«
    »Wie denn?«
    »Anders«, sagte Hürlimann betont. »Ich habe Ihren geringschätzig wirkenden Blick bemerkt, als Sie die Einrichtung betrachteten. Abgesehen davon, dass dieses Gebäude noch sehr gut erhalten ist und wenig unter den Wirren der letzten zwanzig Jahre gelitten hat, können Sie von Menschen, die noch nie etwas von Louis XVI . gehört haben, nicht erwarten, dass sie pfleglich mit dem Mobiliar umgehen. Außerdem ist es gut, dass Haus und Garten ein paar Schrammen haben. Das weckt weniger Neid und Missgunst.«
    »Die bringt man Ihnen entgegen?«
    »Das finden Sie rund um den Globus.«
    »Und wer beschützt Sie?«
    »Zunächst ich selbst. Meine Erfahrung und mein Instinkt leiten mich.«
    »Das reicht nicht aus. Freundschaften gibt es auf einer anderen Ebene. Können wir es Seilschaften nennen?«
    Hürlimann lächelte statt einer Antwort. Der Mann war nicht dumm. Lüder ließ sich nicht durch die äußere Erscheinung irritieren. Umgekehrt versuchte Hürlimann nicht, Lüder etwas vorzumachen. Insofern waren die Fronten geklärt.
    Sie wurden durch den Hausbediensteten unterbrochen, der die beiden Aperol Spritz servierte. Der Schweizer griff sein Glas und hob es leicht in Lüders Richtung an. Sie tranken einen Schluck.
    »Seilschaften – das klingt negativ.« Hürlimann wiegte den Kopf. »Ich würde es gute Kontakte nennen.« Er zeigte auf das Glas. »Die ermöglichen es zum Beispiel, sich solche kleinen Extravaganzen zu gönnen. Was bei Ihnen in Deutschland normal ist, bedeutet in Somalia Luxus. Strom gibt es nur stundenweise, und das zu unregelmäßigen Zeiten. Also: Sie müssen ihn selbst erzeugen. Vereinzelt gibt es noch wohlhabende Somalier, die aber aus Angst vor Überfällen lieber bei Kerzenlicht sitzen, weil sie Angst haben, dass das Geräusch des Generators Gangster anlockt. Dieses Haus hat einen altersschwachen Generator. Der läuft nicht mit Windkraft, sondern benötigt Diesel. Und der ist rar. Und Sie sollten sicher sein, dass Sie nicht ins Visier schlichter Krimineller geraten. Sehen Sie. Das meine ich mit Verbindungen.«
    »Und welche Gegenleistung erbringen Sie?«, fragte Lüder.
    »Im Rahmen meiner Möglichkeiten«, antwortete Hürlimann ausweichend.
    »Welche Art von Business betreiben Sie?«
    Der Schweizer zog eine Augenbraue in die Höhe. »Nur zur Orientierung: Sind wir schon im Verhör?«
    »Als Journalist nenne ich es Interview«, erwiderte Lüder.
    »So.« Es klang spöttisch. »Was bin ich?«, fuhr er fort, als würde er ein Selbstgespräch führen. »Vielleicht von jedem etwas. Kaufmann. Diplomat. Philanthrop.«
    »Philanthrop?« Lüder schmunzelte.
    »Richtig. Sie müssen Afrika kennen und lieben, um hier zu leben. Ich bin vielleicht der letzte Vorposten Europas an diesem Fleck Erde.« Er lächelte. »Vergessen Sie nicht: Ohne mich würden Sie hier nicht sitzen.«
    »Wie bin ich zu Ihnen gekommen?«, fragte Lüder unvermittelt.
    Der plötzliche Vorstoß schien Hürlimann überrascht zu haben.
    »Na … mit dem Flugzeug.«
    Lüder ging in die Offensive. »Ersparen wir uns solche Mätzchen.«
    Hürlimann legte die Fingerspitzen gegeneinander. »Man hat mir signalisiert, dass Sie Antworten auf bestimmte Fragen suchen.«
    »Wer hat Ihnen das signalisiert?«
    »Ich erklärte bereits, dass man ohne Netzwerk nicht überleben kann. Nirgendwo auf der Welt. Vielleicht kommt es Ihnen so vor, als würde ich hier wie ein Eremit leben. Aber ich habe meine Mitarbeiter. Sie haben sich nicht sonderlich viel Mühe gegeben, Ihren Wunsch nach einem Gesprächspartner in einer ganz speziellen Angelegenheit geheim zu halten.«
    »Sie wissen, dass ich Journalist bin und mich die Hintergründe der Schiffsentführungen interessieren.«
    Hürlimann zog die Stirn kraus. »Das ist nicht eine Company , die man besuchen kann. Dahinter stehen unterschiedliche Interessengruppen, manchmal auch miteinander konkurrierende.«
    »Die Idee, die Logistik und die Vorfinanzierung liegen nicht in

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