Fahrt zur Hölle
– nach John Kiambi zu erkundigen und mit seiner Familie in Kiel zu telefonieren.
Abends suchte er noch einmal die Botschaft auf. Sebastian Herzog empfing ihn mit einem Lächeln.
»Sie haben mich vor eine spannende und nicht alltägliche Aufgabe gestellt«, begann er. »So etwas gehört nicht zu meiner üblichen Arbeit. Kommen Sie.« Er führte Lüder in sein Büro und schloss hinter ihnen die Tür. In einem Schrank hatte der Botschaftsreferent die Sachen verstaut. Mit spitzen Fingern reichte er Lüder die Patronen. »Ich hoffe, sie sind richtig. Ich verstehe nichts von solchen Dingen.«
»Die sind richtig«, bestätigte Lüder und nahm das Telefon zur Hand, das nicht größer als ein herkömmliches Handy war, aber im Unterschied dazu eine Antenne aufwies.
»Es arbeitet nach dem System Iridium«, erklärte Herzog, »und ist auf den Satelliten LEO ausgerichtet. Sie können es im Prinzip wie ein herkömmliches Telefon nutzen. Die Rufnummer ist …« Er suchte einen Zettel hervor und reichte ihn Lüder. »Moment«, sagte er. »Vorsichtshalber möchte ich sie mir noch notieren.«
Lüder nahm sein Handy und wählte die Nummer probeweise an. Es dauerte eine Ewigkeit, bis das Satellitentelefon klingelte.
»Prima«, sagte er.
»Ich habe noch etwas für Sie«, fuhr Herzog fort. »Sie haben nicht explizit danach gefragt, aber ich habe mir gedacht, es könnte eventuell von Nutzen sein.« Er gab Lüder ein kleines Gerät, das an einen Fahrradcomputer erinnerte. »Das ist ein GPS -Empfänger. Sie können damit jederzeit Ihre exakte Position bestimmen. Und sie natürlich auch an Dritte weitergeben. So weiß man zumindest theoretisch, wo Sie sich aufhalten. Auch wenn das im konkreten Fall nicht hilfreich sein dürfte.« Er sah Lüder lange an. »Wollen Sie es sich nicht doch noch einmal überlegen?«
Lüder reichte Herzog die Hand und bedankte sich. Es war ein fester und warmherziger Händedruck. Lüder wusste, dass der Botschaftsmitarbeiter seine Bedenken in echter Sorge und nicht nur, weil es seine Aufgabe war, vortrug.
»Ich hole Sie morgen im Hotel ab und bringe Sie zum Flughafen«, erklärte Herzog.
Lüder kehrte ins Hotel zurück, verstaute die Sachen in seinem Zimmer und suchte das Restaurant auf. Er wählte eine leichte Mahlzeit, die ihm aber nicht recht munden wollte. Er spürte Zweifel, ob seine Entscheidung, nach Mogadischu zu fliegen, richtig war. Er war Polizist, aber kein Abenteurer.
Er verzichtete darauf, es anderen Gästen gleichzutun und nach dem Essen noch die Hotelbar aufzusuchen. Im Zimmer untersuchte er noch einmal die Ausrüstungsgegenstände, machte sich mit der Handhabung vertraut, soweit das möglich war, packte seine Sachen und vergaß auch nicht die Fotoausrüstung sowie das Notebook. Er benötigte eine ganze Weile, bis es ihm gelang, den kleinen Computer mittels des Satellitentelefons ins World Wide Web einzubinden.
Er war mitten in seinen Versuchen, als sich sein Handy meldete.
»Herr Dr. Lüders«, hörte er die ferne Stimme des Husumer Oberkommissars. »Störe ich Sie mitten in einer Dschungelparty?«
»Moin, Wilderich«, erwiderte Lüder Große Jägers Begrüßung. »Die Party startet morgen.«
»Brauchen Sie noch einen Begleiter? Das könnte mir gefallen. Auf einer Lodge, umgeben von Elefantenherden und Giraffen … Die Affen schaukeln in den Bäumen. Klasse.«
»Das trifft fast zu«, erwiderte Lüder. »Fast! Nur sitzen die Affen in Berlin, und statt Elefanten und Giraffen wimmelt es von Raubkatzen.«
»Tiger?« In Große Jägers Stimme lag etwas Lauerndes.
»Ja«, bestätigte Lüder. »Aber nur, wenn die heute Nacht aus Indien kommend den Indischen Ozean durchschwimmen und in Afrika an Land gehen. Tiger gibt es hier nur im Zoo.«
Große Jäger lachte. »Das ist gut. Ein Zoo in Afrika. Ich habe ein paar Informationen für Sie über Urs Hürlimann.« Nun wurde der Oberkommissar ernst. »Leider sind die recht dürftig, da er in Deutschland nicht aktenkundig ist.«
»Und woher hast du deine Weisheiten?«
»Man hat seine Quellen«, wich Große Jäger aus. »Urs Hürlimann ist Schweizer Staatsbürger. Er ist einundvierzig Jahre alt und in Liestal geboren. Das ist der Hauptort des Kantons Basel-Landschaft. Sie kennen sicher die Autos mit dem roten Kreuz und den Anfangsbuchstaben BL .«
» BL ?«, scherzte Lüder. »Ich dachte, das heißt Basel-Land.«
»Ja, ich weiß. Aber HL in Deutschland steht auch nicht für Hamburg-Land.«
Lüder wusste, dass diese Redensart eine
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