Fahrt zur Hölle
nicht nur viel Geld im Haushalt, sondern bringt uns auch noch die Kritik der Opposition ein.«
»Aber wir können ein so horrendes Lösegeld nicht bezahlen.«
»Nun warten Sie erst einmal ab, was die Entführer überhaupt verlangen«, versuchte Graupenschlager den Reeder zu beschwichtigen.
Lüder sah ein Erschrecken auf Jessens Antlitz. Dann schluckte der Reeder.
»Was sollen die wollen?«, stammelte er. »Natürlich Geld. Viele Millionen, die wir nicht haben.«
»Ich frage mich immer noch«, mischte sich Lüder ein, »was die ›Holstenexpress‹ geladen hat.« Er sah Nils Jessen an.
»Container«, erwiderte der Reeder zögernd.
»Und was ist da drinnen?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir fahren häufig Konsumgüter. Viel Elektronik aus Asien. Textilien. Schuhe. Maschinenteile.«
»Auch kritische Güter?«, wollte Lüder wissen.
»Solche Details können wir später klären«, würgte Rukcza das Gespräch ab. Dann sah er jeden Einzelnen der Reihe nach an. »Was können wir tun?«
Er zeigte auf Admiral Steinbrecher.
»Wir orten die ›Holstenexpress‹ und verfolgen ihren Kurs. Mehr ist uns nicht möglich. Wir dürfen das Schiff weder angreifen noch entern. Das ist völkerrechtlich nicht erlaubt.« Der Admiral zuckte mit Bedauern die Schultern. »Das ist Aufgabe der Polizei.«
Polizeidirektor von Schwinges fühlte sich offenbar unbehaglich, als nun alle Blicke auf ihn gerichtet waren. »Die Lage ist derzeit unklar. Wir wissen nicht, wer die Entführer sind und was sie für Forderungen stellen. Sicher, es gäbe Einheiten, die das Schiff stürmen könnten. Wie groß dabei das Risiko für die Geiseln ist, kann ich nicht abschätzen.« Er sah Rukcza an. »Wir müssten für eine nähere Analyse das Mandat der Politik erhalten. Einfach wird es nicht, da uns die technischen Möglichkeiten für solche Einsätze fehlen.«
»Sollen wir nicht in Ruhe abwarten, was die Entführer überhaupt wollen?«, schlug Graupenschlager vor.
»Warten! Warten! Haben Sie eine Vorstellung, wie viel Wert die Ladung an Bord des Schiffes darstellt? Die Empfänger warten darauf. In der globalen Wirtschaft wird just in time produziert. Da ist alles auf das pünktliche Eintreffen der Güter ausgerichtet. Außerdem bringt die Aktion das ganze Gefüge unseres sorgfältig austarierten Fahrplans durcheinander. Wir haben als Reederei Verträge geschlossen. Nun fällt das Schiff aus. Die kontrahierte Ladung muss mit anderen Schiffen transportiert werden. Die Mehrkosten müssen wir im Zweifelsfall tragen. Das können wir nicht. Es bedeutet das Ende der GAEL . Damit gehen auch Arbeitsplätze verloren.«
»Und wandern nach Russland und auf die Philippinen«, warf von Schwinges mit sarkastischem Unterton ein.
»Meine Herren«, meldete sich Lüder zu Wort. »Sie haben Sorgen. Denkt keiner an die Menschen, die jetzt in der Gewalt der Entführer sind? Und wir wissen immer noch nicht, ob jemand verletzt ist oder gar getötet wurde.«
Staatsminister Rukcza hob die Hand und gebot der Diskussion Einhalt. »In einer Sondersitzung des Bundeskabinetts wurde heute früh der Beschluss gefasst, sich nicht länger dem Druck der Piraten zu beugen. Es sollen grundlegende Maßnahmen ergriffen werden. Dazu bedarf es aber einer gesicherten Informationslage. Die Bundesrepublik will investigativ tätig werden.«
Lüder sah de Buur vom Bundesnachrichtendienst an. Der rutschte tief in seinen Sessel hinein. Rukcza hatte es mitbekommen.
»Wir haben es hier nicht mit Terroristen oder politischen Wirrköpfen zu tun, auch nicht mit geheimdienstlichen Angriffen dritter Staaten, sondern mit Kriminellen. Deshalb sieht die Regierung die Aufgabe bei der Polizei angesiedelt.«
»Dafür sind wir von der Bundespolizei nicht zuständig«, wiegelte von Schwinges ab.
»Richtig«, stimmte Lüder zu. »Das wäre Aufgabe des Bundeskriminalamts.« Demonstrativ ließ er seinen Kopf kreisen. »Aber das ist in dieser Runde nicht vertreten.«
»Wenn wir das BKA einschalten«, erklärte Rukcza gedehnt, »würde die ganze Aktion einen offiziellen Charakter bekommen. Das möchten wir vermeiden. Wir denken eher an eine stille Ermittlungsarbeit, sozusagen im Hintergrund. Unauffällig.«
Lüder nickte verstehend. »Deshalb hat man meinen Kollegen und mich hierhergebeten.«
Er stellte mit Genugtuung fest, wie Kriminaldirektor Dr. Starke beim »Kollegen« zusammenzuckte.
»Ja.« Rukcza beließ es bei der knappen Antwort.
»Warum die Landespolizei Schleswig-Holstein?«
Der
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