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Fahrtenbuch - Roman Eines Autos

Fahrtenbuch - Roman Eines Autos

Titel: Fahrtenbuch - Roman Eines Autos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Maak
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anstrengenden Tag hinter sich, an dem er sich den Umständen entsprechend gut geschlagen hatte, der nächste Tag wartete mit zwei Sitzungen auf ihn, also war das Bier mehr als verdient. Ein Mann sprach ihn an und bat ihn an seinen Tisch; dort saßen ein paar schweigsame Männer und tranken Kölsch; sie hatten bei einem Zulieferer von Ford gearbeitet, aber ihre Stellen waren gestrichen worden, weil man die Produktion nach Osteuropa verlagerte.
    Gegen zehn riss ihn eine SMS von Simone (»Wo steckst du eigentlich?«) aus dem Kölschkoma, in das ihn seine neuen Freunde hineingetrunken hatten. Er versuchte, eine Antwort zu tippen, aber die Tasten drehten sich heimtückisch vor seinen Augen und sprangen weg,wenn er einen Buchstaben fixieren wollte. Also ließ er es sein. Die nächste Kurznachricht kam fünf Minuten später. »Hallo???«
    Er nahm vor Schreck noch ein Kölsch.
    Es gelang ihm, die Buchstaben H A L und O in die Tastatur einzugeben und abzuschicken.
    Eine weitere SMS von Simone krachte in seinen Abend: »Soll ich dir ein bisschen Geld überweisen lassen, dass du dir eine Nutte für deinen Sportwagen kaufen kannst?«
    Seine neuen Freunde lallten etwas Mundartliches, das er nicht verstand, sein Telefon begann auf dem Tisch zu vibrieren. Simone rief an. Einer der Lederjackenmänner schnappte sich das Telefon und rief: »De Jong kann jrad nischt.« Kreischendes Gelächter am Tisch. Das Handy klingelte weiter. Zum Glück hatte er nicht abgenommen. Berger war schlagartig wieder nüchtern, entriss dem Typen sein Telefon, stürzte ins Freie und nahm ab.
    Simone fragte, wo er bitte sei.
    »Im Hotel«, log er.
    »Dann«, sagte sie mit einer listigen Verbitterung in der Stimme, »ruf ich dich im Hotel an, das ist billiger als auf dem Handy. Wie ist die Nummer?«
    »Es …«
    Er konnte ihr unmöglich sagen, dass er um diese Uhrzeit noch unterwegs war, um ein Bier zu trinken und mit entlassenen Ford-Arbeitern Skat zu spielen. Sie würde ihm das nicht glauben, dabei war es die Wahrheit. Er habe, sagte er deswegen und bemühte sich, seine Stimme in Richtung schlaftrunken zu modellieren, die Nummer nicht da, außerdem liege er im Bett und sei furchtbar – er gähnte übertrieben an dieser Stelle – müde …
    »Hör mal, Alter, du schläfst doch nicht«, schrie Simone am anderen Ende. »Du bist doch irgendwo auf der Straße!«
    Über die leere vierspurige Straße raste ein laut hupender Kleinwagen. Berger hatte in seinem Leben noch nie ein so lautes Auto gehört.
    »Oho, bei meinem Mann tobt das wilde Leben«, höhnte Simone.
    »Ich – habe – das Fenster offen«, jammerte er und bemühte sich, seiner Stimme einen Tonfall zu verleihen, der glaubwürdig extreme Müdigkeit vortäuschte. »Ich schlafe. Ruf mich bitte morgen früh an.«
    In diesem Moment kam eine Reisegruppe aus der Kneipe. Sie hatten sich Hüte aus Papierservietten gebastelt und sahen aus, als wollten sie etwas Lautes, Gewaltsames tun. Tatsächlich hielten sie urplötzlich ein paar Bierflaschen in die Luft und riefen »Wir sind aus Bielefeld / ladiladiho / Wir sind aus Bielefeld, laaaa-di / ladiho …«
    Simone war außer sich. So sei das immer. Sie habe es langsam satt, man könne nicht einfach … sie habe auch nur … und das sei wieder typisch! Es folgte ein Redeschwall, in dem sich Wut, Gebrüll und Husten vermengten.
    »Das Hotel ist ein einfaches Hotel. Es gibt hier kein Telefon. Ich schlafe«, hauchte er; dann legte er auf. Hinter der beschlagenen Scheibe des Lokals sah er die nackte Schulter einer Frau. Ein lärmender Lastwagen kam näher. Es war kalt, und es roch nach Urin und Schweiß. Er steckte die Hand in die Manteltasche und zog die amputierte Ente heraus. Nach drei Minuten lärmte sein Mobiltelefon wieder. Simone hatte sich in sein Internet eingeloggt (er hatte nie besonders einfallsreiche Passwörter), seinen Google-Speicher durchforstet und dort das Hotel, das er gestern herausgesucht hatte, ausfindig gemacht, dort angerufen und von der Rezeptionistin erfahren, dass er nicht auf dem Zimmer zu erreichen sei.
     
    Sein Hass auf Google wuchs. Google, sagt Berger, zerstöre nicht nur den Ruf der Leute, weil der Schwachsinn, den irgendwelche Feinde über einen ins Netz stellen, immer an erster Stelle kommt, es sei schlimmer. Ein amerikanischer Kollege habe ihm erst vor kurzem die Geschichte einer Frau aus Los Angeles erzählt. Die Frau hatte seit Jahren eine Affäre mit einem Mann, der auf dem Weg von Santa Monica nach Malibu in einem Strandhaus

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