Faith (German Edition)
Gedanken.
„Richard, ich verspreche dir, dass ich mich hier nicht wegrühre, bis du wieder da bist“, sagte sie feierlich und lächelte.
Richard bemerkte ihre Belustigung und den feinen Spott in ihren grünen Augen.
„Entschuldige.“ Er wurde rot. „Natürlich weiß ich das.“
Nachdem Richard gegangen war, setzte Magalie sich an das Lager ihrer Tochter.
„Wach auf, meine Kleine“, flüsterte sie.
In diesem Zaubergarten, in diesem Pavillon war Faith vor siebzehn Jahren zur Welt gekommen.
Magalie dachte an diese Nacht zurück und an das Glück, dieses kleine Wesen in ihren Armen halten zu dürfen.
Elsabe war schon damals an ihrer Seite gewesen, sie hatte ihr beigestanden und ihr das strampelnde nackte Kind auf die Brust gelegt.
Sie dachte an den ersten Schrei ihrer winzigen Tochter.
Und jetzt lag Faith ohne Bewusstsein vor ihr, ohne einen Laut.
Hatte sie damals die richtige Entscheidung getroffen, Robert die Kleine mitzugeben?
Wäre es besser für Faith gewesen, sie hier aufwachsen zu lassen?
Sie konnte diese Frage nicht beantworten. Die Antwort darauf war aber ohnehin belanglos.
Robert und sie konnten die Entscheidung, die sie damals getroffen hatten, nicht rückgängig machen.
„Robert, wo bist du, hat Oskar dich erreicht?“
Es war Magalie nicht bewusst, dass sie die Fragen laut ausgesprochen hatte.
„Wer ist Oskar?“
Faith sah ihre Mutter fragend an.
Magalies Lächeln war so strahlend schön, so zärtlich und liebevoll, es war, als ob die Sonne aufginge.
Faith fühlte sich in ihm geborgen und sicher wie sonst nur in Roberts Gegenwart.
Das Lächeln wärmte, streichelte und umarmte sie, aber Magalie berührte ihre Tochter nicht, bis Faith in einer rührend kindlichen Geste sehnsüchtig die Arme nach ihr ausstreckte.
Richard stand unbeweglich zwischen den Rosen und beobachtete Mutter und Tochter.
Er traute sich kaum zu atmen.
Magalie hielt ihre Tochter umfangen und wiegte sie wie ein Kind.
Richards Gefühle bei diesem Anblick waren durchaus zwiespältig.
Niemand außer Faith und Magalie hatten ihm je das Gefühl gegeben, geliebt zu werden.
Er fühlte sich ausgeschlossen und eine heftige Welle der Eifersucht überfiel ihn.
Traurig wandte er sich ab.
Richard schämte sich.
Gönnte er diesen beiden Frauen ihr Glück wirklich nicht?
„Wo willst du hin?“ Plötzlich stand Magalie vor ihm. Sie verstand, was Richard bewegte.
„Geh zu ihr.“ Sie nahm ihn bei den Schultern und drehte ihn sanft zurück zum Pavillon. „Sie wartet auf dich.“
Rasende Hufe
Annabelle verfolgte den Lauf der Perle im Kessel des Roulettetisches. Ihr Blick wirkte verloren. Sie starrte auf den Spieltisch, ohne ihn wirklich zu sehen.
Ob sie verlor oder gewann, was machte das schon.
Die Perle war wunderschön.
Unregelmäßig in der Form, in allen Regenbogenfarben schimmernd, rotierte sie, einem nicht voraussehbaren Plan folgend, im Kessel auf die ihr bestimmte Zahl zu.
Annabelle fragte sich, was ihr bestimmt war.
War auch sie nur eine von unbekannter Hand geworfene, zufällig auf ein unbekanntes Ziel hinsteuernde Figur?
Stolz wies sie diesen Gedanken zurück.
Sie nahm die kostbare Perle aus der Hand des Croupiers, sie hatte ihr Ziel gefunden.
Annabelle warf die Perle zurück in den Kessel, dann stand sie auf und verließ den Spielsaal.
Das Quartier der Händler war längst dunkel.
Ebenso der Trakt in dem Florus mit den Artisanen untergebracht war.
Zufrieden dachte Annabelle an die Arbeit der Männer.
Ihr Palast würde schöner und noch prächtiger als zuvor werden.
Die Kobolde standen, ihre silbernen Schilde vor sich aufgestellt, bewegungslos in der Dunkelheit.
Nur ein gelegentliches Aufblitzen der silbernen Paspeln auf Ärmeln und Kragen verriet ihren Standort.
Lediglich die Fackeln auf den Stufen der Freitreppe gaben ein wenig Licht.
Annabelle stand allein ganz oben auf der Treppe vor dem hohen Eingangsportal.
Der weite schwarze Umhang, den sie sich gegen die leichte nächtliche Brise übergeworfen hatte, machte sie beinahe unsichtbar.
Ihr silbernes Haar verschwand unter einer weich fallenden Kapuze.
Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr.
Jetzt hörte sie auch leise verstohlene Geräusche. Sie verharrte regungslos. Ihre violetten Augen wurden schmal und fixierten das Gelände.
Und dann hörte sie das rasende Donnern der Pferdehufe, die über die Erde jagten.
Sie sah ihre schneeweißen Pferde panisch durch die Nacht galoppieren.
Diese Stampede war in der Lage alles
Weitere Kostenlose Bücher