Faith (German Edition)
allerwenigsten bei seinem Sohn, diesem Abbild seiner Mutter, Agnes. Warum hatte Richard nicht seine unbarmherzige Härte geerbt.
Er glaubte, dass dies in seiner Welt die einzige Methode war, sich durchzusetzen. Er selbst kannte kein Erbarmen und die zarten Gefühle, die er für die Mutter seines Sohnes gehegt hatte, waren längst der Wut über ihren Verrat gewichen.
Sie hatte ihn mit Magalies Hilfe verlassen, war, schwanger mit Richard, in ihre Welt zurückgegangen. Ja, sie hatte ihn mit seiner törichten Zärtlichkeit allein gelassen, das würde er weder ihr noch Magalie je verzeihen.
Aber Agnes war tot, an ihr konnte er sich nicht mehr rächen. Magalie jedoch, ein sardonisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen, würde zu spüren bekommen, dass sie mit ihm nicht tun und lassen konnte, was sie wollte.
Und sein Sohn?
Ihm würde er die Sanftheit noch austreiben.
Immerhin hatte Richard es geschafft, ihm das Mädchen zu bringen. „Es dürfte ihm schwergefallen sein“, dachte Leathan spöttisch.
Ihm war nicht entgangen, dass Richard der Tochter seiner Rivalin gewisse Gefühle entgegenbrachte.
„Auf was wartest du noch?“
Der Fechtlehrer stand noch immer vor ihm.
„Wir müssen Maia rufen, sie sollte sich Richard ansehen.“
„Tu das, wenn du meinst.“
Damit wandte sich Leathan seinen eigenen Räumen zu, nicht ohne noch einen abschätzigen Blick auf seinen Sohn zu werfen.
Richard merkte nicht, wie er auf sein Bett gelegt wurde, hörte nicht Maia kommen und, nachdem sie einen Blick auf ihn geworfen hatte, wieder gehen. Der Fechtlehrer betrachtete diesen Jungen, den er zu einem der besten Kämpfer erzogen hatte.
Er hatte früh die Fähigkeit Richards erkannt, Gegner einschätzen zu können. Er war sensibel und diese Einfühlsamkeit, seinen Gegner da zu treffen, wo er sich eine Blöße gab, machte ihn zu einem ernstzunehmenden Kontrahenten. Richard verstand, was den anderen bewegte und traf ihn an seiner schwächsten Stelle.
Dieser Junge war ihm immer der liebste Schüler gewesen. Seine Einsamkeit rührte den Riesen.
„Wie komme ich hierher?“ Als Richard die Augen aufschlug, war nur noch Maia bei ihm.
„Nathan hat dich gebracht, du bist in der Halle umgekippt.“
„Oh nein, war mein Vater dabei?“
Maia nicke nur. Sie konnte sich gut vorstellen, was in Richard vorging. Leathan würde ihm bei jeder Gelegenheit diesen schwachen Moment vorhalten.
Maia war, so lange Richard denken konnte, für ihn da gewesen. Sie hatte ihm die Windeln gewechselt und seine ersten Worte gehört. An ihrer Hand hatte er Laufen gelernt.
Als er fünf Jahre alt wurde, hatte sie ihn Nathan übergeben. Der Fecht- und Reitlehrer kam dem fünfjährigen Winzling vor wie eine Kathedrale. Riesig stand er vor ihm, Richard musste den Kopf weit in den Nacken legen, um Nathan ins Gesicht sehen zu können. Nathan überragte sogar Leathan noch um einiges.
Richard hatte die Tränen unterdrückt, die ihm in die Augen schossen, als Maia ihn mit Nathan allein ließ. Tränen, so hatte sein Vater ihm erklärt, waren etwas für Weichlinge und für ihn verboten.
Der Fechtmeister tat, als habe er die Tränen des Jungen nicht bemerkt, und begann behutsam mit den ersten spielerischen Übungen. Er hatte Richards Schwächen vor dem Vater nie erwähnt und seine Stärken herausgestellt. Nathan und Maia waren sich einig in dem Bemühen, Richard vor Leathan zu schützen, ihm wenigstens ein kleines Stück Geborgenheit zu schenken.
„Trink das.“ Maia reichte ihm einen Becher mit einem undefinierbaren Gebräu.
Das Getränk war undurchsichtig, es besaß die Farbe von Spülwasser.
Leider roch es auch so. Er verzog das Gesicht.
„Muss ich?“
Maia sah ihn nur an.
Wenn Richard eines gelernt hatte, so war es das: sich unter keinen Umständen Maias Aufforderung „trink das“ zu wiedersetzen.
Vorsichtig nahm Maia Richard den Becher aus der schlaffen Hand, zupfte seine Decke zurecht und trat ans Fenster. Sie hatte Murats Geheul gehört, der Wolf kam ungerufen immer dann, wenn sich Richard in der Burg aufhielt. Ein Lächeln verjüngte ihre Züge. Nathan, sie selbst und Murat würden ihren Jungen schützen. Sie sah noch einmal in Richards entspanntes Gesicht, dann verließ sie den Raum.
Richard würde erfrischt und ausgeruht erwachen.
Robert besucht Jamal
„Jamal ist zur Beobachtung noch auf der Krankenstation. Dr. Dr. Schrader hat darauf bestanden. Morgen darf er in sein Zimmer zurück und auch wieder den Unterricht besuchen. Schwester
Weitere Kostenlose Bücher