Faith (German Edition)
reden.“
Robert trug seine schmierige Winterjacke über dem Arm.
Er sah die Blicke der beiden, die seine ungepflegte Erscheinung fixierten und meinte, indem er nach unten auf das Flusstal wies: „Ich bin dort gelandet.“ Er setzte ironisch hinzu: „Und hatte noch keine Gelegenheit zu duschen.“
Das Schmatzen weit unter ihnen hatte zugenommen und sie erkannten, dass die braune Brühe zunehmend flacher wurde. Immer mehr der unterschiedlich großen, schmierigen Slicker streckten ihre Köpfe aus dem abfließenden Gewässer, manche ließen sich einfach mitreißen, andere strampelten so, als ob sie an den Felssockeln emporklettern wollten. Ihre Köpfe ruckten unruhig hin und her, ihre kleinen Augen blickten tückisch.
Patricias arrogantes Gesicht zerfloss sichtbar zu einer angeekelten Maske.
„Die werden doch mit dem Wasser alle verschwinden?“ Ihre Stimme klang hoch, fast schrill.
Richard sah skeptisch nach unten und Robert drängte: „Lasst uns lieber mal weiter nach oben steigen.“
Alle drei hasteten hintereinander die steilen Stufen nach oben, bis sie den höchsten Punkt des Felsens erreicht hatten.
Das brackige Wasser unter ihnen war verschwunden.
Aber die grauen Felsen hatten sich verändert.
Sie sahen aus, als trügen sie eine braune zuckende Haut.
Tausende braune Leiber wuselten über Stufen und Brücken, schnüffelten und fiepten. Ein Inferno aus giftigen boshaften Kreaturen, das sich nach oben bewegte.
Patricia schrie vor Angst und klammerte sich an Richard.
„Bring mich hier weg, das halte ich nicht aus, bitte!“ Was weder Leathan noch Annabelle geschafft hatten, nämlich Angst in Patricia auszulösen, schafften die Slicker mit Leichtigkeit.
Das Letzte, was Patricia wahrnahm, bevor ihr die Sinne schwanden, war die Flamme, die aus dem nächsten Höhleneingang schoss. Sie sah das rußgeschwärzte Gesicht hinter der Flamme und den dunklen Strudel, aus dem Leathan sich erhob.
Die Ohrfeige
Irgendwie kam kein Gespräch zustande, jeder der Freunde hing seinen eigenen Gedanken nach. Würden Richard und Patricia es bis zur Schule schaffen?
Faith dachte an ihren Vater. Die Stunde, die Adam ihm eingeräumt hatte, war längst verstrichen. Wenn sie verriet, was sie über die Anderswelt wusste, würde ihr niemand glauben. Aber wie konnte sie Robert helfen, wenn sie nichts von ihrem Wissen preisgab?
Bruno, der seit einer Stunde unbeweglich an der Küchentür stand und anscheinend die wenigen Schneeflocken zählte, die noch fielen, riss die Tür so plötzlich auf, dass Faith ihren Kaffeebecher fallen ließ.
Sie trat in die Kaffeepfütze, rutschte aus und konnte sich gerade noch am Tisch festhalten.
Während sie versuchte, das Gleichgewicht wiederzufinden, wankte Patricia in die Küche und sank ohnmächtig in Brunos Arme. Ein Ort, den sie bewusst sicher nie gewählt hätte.
Ben half Bruno, die Bewusstlose im Kaminzimmer auf die Couch zu betten.
Lara brachte ein Glas Wasser, setzte sich neben Patricia und klopfte sachte gegen ihre Wangen.
„Wach auf!“
„So nützt das gar nichts.“
Lisa zog sie weg und ohrfeigte Patricia sehr viel weniger rücksichtsvoll. Sie spürte dabei einen Moment lang einen Hauch von Genugtuung.
Daraufhin öffnete Patricia die Augen und schlug zurück.
„Entschuldige Lisa, ich dachte, du wärst ein Slicker.“
Lisa fuhr erschrocken zurück und rieb sich die Wange.
„Ein was?“
Alle standen inzwischen um Patricia herum, die erbärmlich fror. Sie war ohne ihre warme Felljacke zurückgekehrt.
Faith breitete die mollige Wolldecke über ihr aus, die Patricia dankbar bis zu den Ohren hochzog. Die anderen setzten sich und sahen sie fragend an.
„Wo ist Richard?“
„Habt ihr die Schule nicht erreicht?“
„Was ist passiert?“
„Habt ihr Robert gefunden?“
Die Fragen purzelten nur so aus den Freunden heraus.
„Ja, wir haben Robert gefunden“, beantwortete Patricia Faiths Frage.
Und dann begann sie zu reden.
Sie redete sich all das von der Seele, von dem sie selbst nicht glauben konnte, dass es geschehen war. Sie konnte sehen, dass ihr niemand glaubte.
„Jetzt mal ehrlich, Patricia, wir wollen keine Märchen von dir hören. Faiths Vater ist verschwunden und du erzählst uns …“
„Lasst sie ausreden.“
Faith sah in die Runde. Ihr Gesicht war leichenblass und ihre Miene todernst.
„Weiter!“
Sie wandte sich fast schroff an Patricia und übersah die ungläubigen Gesichter ihrer Freunde.
„Erzähl uns, was du gesehen hast. Alles kann
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