Faith (German Edition)
unglaubliche Lärm, den die zurückkehrenden Vögel jetzt machten, verhinderte jedes Wort.
Sie postierten sich auf den eisernen Pfosten und versuchten, mit Schnäbeln und Krallen die beiden Männer in den Abgrund zu drängen.
Ein lang gezogener eindringlicher Klagelaut, der gellend die Luft durchschnitt, ließ die Krähen jäh verstummen. Sie verschwanden panisch in der aufkommenden Dämmerung.
Die Artisanen hoben wie ein Mann die Köpfe und Robert folgte ihren Blicken. Hoch oben, weit über den Spitzen der Felsen kreisten majestätisch zwei Adler. Und wieder ertönte der bewegende, lang gezogene hohe Ton. Verhängnisvoll und traurig zugleich hing er über dem Tal.
Die Riesenvögel schwebten in lang gezogenen Spiralen nach unten und standen einen Moment über den Männern, um sich dann mit mächtigen Flügelschlägen wieder hoch in die Luft zu erheben. Von dort flogen sie der aufgehenden Sonne entgegen.
Endlich konnte sich Robert erheben und Richard auf die Beine helfen.
Die Artisanen redeten aufgeregt miteinander. Sie sahen den Adlern nach, die nur noch zwei dunkle Punkte im Morgenrot waren.
„Ich danke euch.“
Robert wandte sich den Männern zu.
„Wenn ihr uns nicht geholfen hättet, lägen wir wahrscheinlich beide zerschmettert im Abgrund“.
„Wir haben nicht euch geholfen, sondern dir“, entgegnete einer der Männer und blickte Robert an.
„Magalie“, er sah den immer kleiner werdenden Punkten am Horizont hinterher, „hätte uns nie verziehen, wenn wir dir nicht geholfen hätten.“
„Du meinst …“
„Oh ja, ich weiß, dass nur Magalie diese wunderbaren Vögel hergeschickt haben kann. Sie hat sie aufgezogen und sie gehorchen nur ihr.“
Robert erinnerte sich jetzt an die beiden verlassenen Küken, deren Eltern tot in den Bergen gefunden worden waren.
Magalie hatte sich um die Jungen gekümmert. Damals waren sie winzig kleine Federbälle gewesen. Nun waren sie zu diesen herrlichen Vögeln geworden. Weiß vom Kopf bis zum Beginn der breiten Schwingen. Mit scharf gebogenen gelben Schnäbeln und wiederum weißen Flügelspitzen waren sie zu beeindruckenden, respekteinflößenden Fliegern geworden.
Leathan kam wie gewöhnlich in einem dunklen, rauchigen Wirbel, diesmal allerdings bleich vor Wut.
Auch er blickte zum Horizont.
„Was steht ihr herum, geht an eure Arbeit“, fuhr er die Artisanen an.
„Hat Magalie schon ihre Spione gesandt? Wann wird sie selbst kommen? Ich nehme an, du suchst einen Fluchtweg. Du wirst keinen finden. Du wirst dein Leben damit verbringen müssen, in diesem Labyrinth herumzuirren.“ Er lachte böse. „Es sei denn, Magalie ist bereit mit mir zu leben, dann kannst du gehen.“
„Sie wird nicht kommen, Leathan. Alles, was du verkörperst ist ihr widerwärtig. Du bist gewalttätig und zerstörerisch, Magalie ist sanft und liebt es, Natur und Schönheit zu erhalten. Du kannst nicht wirklich glauben, dass ihr zusammenpasst.“
„Vielleicht hast du recht, möglicherweise wird sie nicht deinetwegen nachgeben.“ Leathan sah Robert verächtlich an.
„Du bist es nicht wert, sie liebt dich nicht genug. Etwas anderes ist es mit ihrer Tochter, für sie wird Magalie alles tun, nicht wahr? Und ich kann dir eines sagen, Faith hat, um dich zu finden, den Schritt in die Anderswelt bereits getan. Es ist also nur noch eine Frage von wenigen Stunden, bis Magalie zu einer Entscheidung kommen muss.“
Zufrieden und niederträchtig registrierte Leathan das Entsetzen in Roberts Augen. Dass auch Richard zusammenzuckte, entging ihm.
Adam und Jamal
Jamal hing über dem Rand des kleinen Bootes und spuckte sich die Seele aus dem Leib. Da er seit Stunden nichts gegessen hatte, kam nur noch gallebitterer Schleim.
Eigentlich wollte er augenblicklich sterben. Wenn Adam ihm nicht gut zugeredet hätte, wäre er sofort über Bord gesprungen. Adam erinnert ihn daran, dass es Christian gab, der auf ihn wartete. „Wir müssen Faith, Robert, Lisa und Richard finden.“ Adam zog die Ruder durch das aufgewühlte Wasser. Er fühlte sich fast ebenso mutlos wie Jamal. Seine Uhr hatte aufgegeben und er war kurz davor, das gleiche zu tun, als er ein blaues Flämmchen vor sich tanzen sah. Da der Himmel wie ein graues Tuch über ihm lag und Wassertropfen ihm die Sicht nahmen, glaubte er zunächst, sich getäuscht zu haben.
Aber da war es wieder, das blaue Licht, es schaukelte vor ihm her, als wollte es ihm den Weg weisen. Adam dachte an die Schmetterlinge, von denen Faith gesprochen hatte, und
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