Faith (German Edition)
zu gebieten. „Ich weiß, dass der Test nicht angemeldet war. Über die Kleinkinder sind wir möglicherweise geteilter Meinung.“
Er schleuderte seine abgewetzte braune Ledermappe auf das Lehrerpult, wo sie mit einem lauten Knall liegenblieb und sich öffnete. Heraus flogen die vorbereiteten Fragebögen, die sich über Tisch und Fußboden verteilten. „Halt, sitzenbleiben“, wehrte er ab und wies auf Laura und Lena.
„Ihr beiden hebt die Bögen auf, das wird sich allerdings nicht auf eure Noten auswirken.“
„Hat der eine Laune“, dachte Laura und legte den Stapel Papier auf das Pult.
Obendrauf, für jeden gut sichtbar, legte sie das versiegelte Päckchen Kondome, das mit den Blättern aus der Tasche des Lehrers gefallen war. Sie hatte Mühe, sich das Grinsen zu verkneifen.
War das der Grund für seinen Frust? War er mal wieder bei Gaby abgeblitzt? Die Wirtin des Gasthofes kochte nicht nur gut, sondern sah auch sehr appetitlich aus. Jeder im Dorf und alle Schüler wussten um die verschmähte Liebe des Lateinlehrers, der unverdrossen jeden Abend ein Bier im Gasthof trank, um seiner Angebeteten nah zu sein.
Laura grinste jetzt doch, als sie sich umdrehte und in die feixenden Gesichter ihrer Klassenkameraden blickte.
Glatze nahm das Päckchen, ohne eine Miene zu verziehen, steckte es in die Tasche seiner Jacke und reichte Laura den Stapel Papier. „Den kannst du gleich verteilen. Ihr habt“, er sah auf die Uhr, „noch fünfunddreißig Minuten.“
Adam bekommt Besuch
Nach dem Mittagessen war Lara sofort zu Adam geeilt.
Er schlief, als sie leise das Krankenzimmer betrat. Schwester Dagmar war nirgends zu sehen. Lara setzte sich ans Fenster und sah den Vögeln zu, die sich am Futterhäuschen sozusagen die Türklinke in die Kralle gaben. Sie lächelte, als sie sich das bildlich vorstellte. Sie würde das für die nächste Schülerzeitung als Comic einreichen.
„Was ist so komisch?“
„Du bist wach?“
Lara zog den Stuhl an Adams Bett.
„Aber nicht zu lange!“ Schwester Dagmar stand in der Tür und ließ Richard und Christian hinein. „Ach, da ist ja auch schon Lara, ich hab dich gar nicht kommen hören. Ich bring dir gleich deinen Tee, Adam.“
Nachdem sie sein Kissen aufgeschüttelt und noch ein bisschen an der Bettdecke herumgezupft hatte, ging sie, um den Tee zu holen.
Richard nahm sich einen Stuhl. Christian blieb am Fußende des Bettes stehen.
„Da bist du ja wieder, wird auch Zeit, mein Alter.“
Er platzte ohne Übergang mit seinen Fragen nach Jamal heraus. Lara und Richard konnten ihn gut verstehen. Lara hatte sich pausenlos um Adam gesorgt und genauso erging es auch Richard, der an Faith dachte.
Er konnte sich wenigstens vorstellen, wo sie war. Richard kannte Annabelles Palast.
Er erinnerte sich an den Prunk, mit dem sich die Schwester seines Vaters umgab, an die gnadenlose Schönheit, die sich dem Betrachter wie eine Zwangsjacke überstülpte.
Auch Richards Zuhause war nicht gerade ärmlich.
Es gab, außer Geborgenheit und Liebe, alles, was ein Junge sich wünschen konnte.
In gewaltigen Stallungen standen Hunderte Rappen. Sein Vater duldete ausschließlich schwarze Pferde, die Richard jederzeit zur Verfügung standen. Hallen voller Waffen, mit denen er üben durfte.
Die Elfen seines Vaters hatten ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Von ihnen erhielt er Unterricht, nicht nur im Reiten und Schießen.
Nathan.
Sehnsüchtig dachte er an seinen Lehrer. Er war ihm mehr Vater gewesen, als Leathan es je sein konnte.
Richard hatte Schulunterricht in allen Fächern, von Mathematik über Physik bis hin zu Sprachen, erhalten.
Er war ein guter Schütze geworden, der hervorragend mit Pfeil und Bogen umgehen konnte, und er ritt, als sei er auf einem Pferd geboren.
Aber er musste in allen Dingen seinem Vater gehorchen.
Ein einziges Mal nur hatte Leathan ihm, scheinbar ohne Hintergedanken, einen Wunsch erfüllt. Er durfte ein Fohlen behalten, das mit grauer Fellfarbe geboren worden war. Seitdem ritt er die kleine Stute ohne Sattel. Er nannte sie Corone.
Richard wandte seine Aufmerksamkeit wieder Adam zu, der gerade Christians Frage nach Jamal beantwortete.
„Als ich ihn zuletzt gesehen habe, ging es ihm gut.“ Christian atmete erleichtert auf.
„Ich bin, bevor ich hier aufgewacht bin, von einem Tier gebissen worden, das aussah wie ein Frettchen, nur viel größer.
Meine Hand schwoll sofort an und fraß sich praktisch von innen auf. Der Schmerz war unerträglich.
Ehe ich
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