Faktor, Jan
diesbezüglichen
Beobachtungen zu vertrödeln, kann ich mich ebenfalls nicht erinnern. Auf jeden
Fall recht früh, und leider gibt es auf dieser Bahn, wie ich jetzt weiß, für
Menschen wie mich irgendwann kein Zurück mehr. Wenn man einmal anfängt, edle
Gender-Studien der heiligen Ärsche zu betreiben, rutscht man zwangsläufig immer
tiefer in diese Saftgrube, wird man als zukünftiger Invulvator kettenhündisch
auf Dauer involviert, und es ist anschließend egal, ob man sich mit der
aktuellen Rutschbahnbeschaffenheit im Sinne der Forschung beschäftigt oder
unterwegs nur ungläubig staunt. Wie richtungsstrebig man sich nebenbei auch zu
winden versucht: Man bleibt im Zentrum des Themas trotzdem verfangen, bleibt
ihm sozusagen treu. Ist es etwa ein Geheimnis, daß jede Frau ihr ORGAN DER
MITTE auf jedem Schritt und Tritt bei sich trägt? Steigt die gefühlte
Temperatur des weiblichen ZENTRALORGANS aus dem Grund scheinbar immer nur an,
weil sich ihm dieses - vom Bewußtsein des jeweiligen Forschers gut abgeschirmt
- gern im Dunkeln seines Schädelinneren nähert, überhitzt wie ein Kleinkind
nach dem Einschlafen? Die Vorstellungsgewaltigen unter den Männern sehen das
frauliche Zentralmassiv zwangsläufig pausenlos vor ihrem inneren Hodenauge,
stellen sich die Doppelwülstchen, welche die vakante Mitte links und rechts
umranden, räumlich vor, hören fast, wie diese Doppellippen bei den Bewegungen
der Schenkel, also bei jedem Schritt in einen leisen Massagevorgang verwickelt
werden und dabei manchmal sogar zirpen - vom Schmatzen würde ich hier nicht
gern sprechen wollen. Auch dieser Text wird zwangsläufig keinen anderen Weg
nehmen können als den durch den Haupteingang. Und jetzt Posaunensalven, bitte!
Schon der Einstieg bei derartig massiver Sogwirkung und bei so viel
Überzeugungskraft - und der folgende allumfassende orgasmusnahestehende
Erstkuß! Wen kann es dann verwundern, daß man gleich nach dem anfänglichen
Innenkontakt im vulvalen Feuchtkanal von Großmut durchflutet wird und am
liebsten ausrufen möchte: Seid umschlungen, Millionen! Oder - bodenständiger -
etwas wie: Seid umschlungen, Millionen gelobter Eicheln! In wie viele Phasen
meine private Gefühlsachterbahn auch einzuteilen wäre, ich würde sie in diesem
Text nicht nur alle gern benennen, sondern die einzelnen Zeitsegmente unbedingt
auch chronologisch sortiert sehen. Ich würde daran aber sicherlich scheitern.
Soll sich beim Lesen jeder sein eigenes Zeitschema zusammenbasteln - und jeder
ein anderes, von mir aus. Ich kann sowieso jedem nur raten, sich auf die
natürlichen Gezeiten seiner faunischen Weichteile zu verlassen. Ich ließ die
Dinge beim Schreiben auch einfach fließen und überließ den Rest dem
zuverlässigen Selbstheilungsdrang, den auch jede andere, einigermaßen lebendige
Körpermasse besitzt. Daß ich dabei einige abgekapselte Altfurunkel aufgerissen,
einige Ritz-, Riß- und Widerhakenwunden frisch produziert habe, bestreite ich
nicht. Nur keine Jahrestage feiern, nur keine Gedenkveranstaltungen
organisieren, bloß nicht irgendwelche Zeit-, Übersichtsoder Bildtafeln
aufstellen. Einmal sah ich von weitem eine Gedenkveranstaltung, die im Freien
stattfand. Es war im kalten Januar, es ging um die Befreiung von Auschwitz. Auf
eine Leinwand wurden hintereinander gräßliche Schwarzweißfotos projiziert.
Natürlich die bekannten Berge von Brillen, Schuhen und Haaren. Es kamen auch
Skelette, Goldfüllungen und Gebisse an die Reihe. Als die Gebisse die Szene
eroberten, taten sie es ausgesprochen dynamisch. Es kam eine Brise auf, die
Leinwand wellte sich leicht - und die Gebisse begannen, leise zu kauen. Der
Wind wollte sich partout nicht legen, und so kauten danach sogar auch die
steifen Oberkiefer der benachbarten Schädel aufeinander, auch in den Bildern
der Leichenberge begann sich plötzlich das Leben zu regen. Schnell weg, sage
ich nur. Und laßt mich - liebe Leute - bloß nicht weiter geschmacklos faseln.
Natürlich ist es bedauerlich, wie reduziert ich mich den meisten Menschen in
meinem Leben gezeigt habe - mit angesetzten Brustzwingen und festgezurrten
Herzbanderolen, gezähmt, wie ich nicht bin. Was Nähe und Sympathien betrifft,
bin ich auf extrem-elliptischen Bahnen oft in Schräglage geraten, oft durch
Geschmacklosigkeiten eigensinniger Wahlbrüder beseelt worden. Was blieb mir
auch anderes übrig, als mich im Verborgenen mit vorbildhaft verdorbenen
Menschen - gleichzeitig den Meistern ihrer egomanischen Befreiung - zu
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