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Faktor, Jan

Faktor, Jan

Titel: Faktor, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Sorggen um die Vergangenheit
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Mösenbesessenheit durch Blickkontakt und die
entsprechende Bildbearbeitung überhaupt kultivieren? Und wie sollen - frage ich
mich bis heute - die an die Evolution angeketteten Männermännchen sie
verfeinert haben, wenn der aufrechte Gang die Mösenstellung so gravierend und
recht plötzlich verändert hat? Warum jagen den Männern vulvale Sichtattacken
angeblich Angst ein, wie ich einmal gelesen habe? Es kann doch nicht einfach
daran liegen, daß dies das eine oder andere Mal im ungünstigen Moment oder bei
ungünstiger Beleuchtung geschieht! Fragen über Fragen. Zu dieser Problematik
hat, nebenbei gesagt, ein bedeutender experimenteller Dichter des zwanzigsten
Jahrhunderts bereits vielsagende Sprachspiele angefertigt: » ... das Gekröse
wird immer gekröser, das Böse immer böser, das Lotterielose lotterieloser, das
Möse immer möser ...«Heute will ich gar nicht mehr so viel zu sehen bekommen.
Die phantasiegenerierten Bilder, die man sich jederzeit heraufholen kann, sind
nicht nur viel reiner, sie sind sogar anziehender. Wenn sich mir zufällig ein
Blick auf eine freigegebene Mösenquelle bietet, sage ich zwar nicht nein, sehe
aber - von Extremfällen wie bei Yvette abgesehen - eher ungerührt hin. Und
beschäftige mich mit dem Mösenreich wie ein unparteiischer Juror unter
beispielsweise mechanisch-praktischen Gesichtspunkten. Es ist in der Tat
unglaublich, wie sich die Schamgegend der Frau für den Betrachter verändert,
wenn sich diese schamlos bückt - dies geschieht nämlich überhaupt nicht zum
Besten des gehüteten Heiligtums. Der Schamhügel drückt sich dabei mit Gewalt
zwischen die Schenkel und ist plötzlich viel zu weit nach hinten verlagert,
befindet sich jedenfalls woanders, als es sich ein Unkundiger ausmalen würde.
Zusätzlich ziehen sich die Schamlippen dank geheimnisvoller Ziehkräfte
auseinander, und der ganze Vulvabereich wirkt großspurig verunstaltet. Die
Vulva blüht dabei nicht frühlingshaft, sondern geradezu herbstlich auf, so daß
man sich Sorgen zu machen beginnt, sie könnte auch einmal ganz verblühen - bei
fehlender Vorsicht und Pflege beispielsweise. Das Gewalttätige der Wirkung in
Extremlagen geht eindeutig auf das Kontrastprogramm zurück, das die möseale
Anschauungspalette einem normalerweise bietet. Im Ruhezustand präsentiert sich
die eher nach innen gekehrte Gegend unaufdringlich und zart - um so härter
kommt dann der Hüpfer ins Gesicht, wenn die Möse in die Offensive geht! Als ob
sie in diesem Moment aufhören würde, sich an die geltenden Regeln zu halten.
    Meine
Mutter und ich gingen in der DDR selbstverständlich nie freiwillig zum
FKK-Strand wie die schamlosen DeDeRons. Einmal aber waren wir auf Hiddensee
wandern, und als wir aus einem Wäldchen und einem Schilfstreifen auftauchten,
standen wir plötzlich mitten in deminkriminierten Strandabschnitt - und mußten
einfach hindurch. Die vielen nackten Menschen wirkten auf mich wie eine
siegreiche Armee - sie waren selbstbewußt und schienen unverletzbar zu sein.
Das verdankten sie dem Umstand, reimte ich mir zusammen, daß sie als Sieger
keinen Schutz mehr nötig hatten. Ihre - wie mir schien - spöttischen Blicke
deuteten sogar noch mehr an: Diese Menschen würden eventuell auch außerhalb des
Strandes nicht einfach zu erschüttern sein. Ich sah die entspannt liegenden
Frauen und fühlte mich in der blendenden Sonne irgendwann - trotz meiner
Kleidung - fast genauso unschuldig wie sie. Meine Mutter mahnte mich trotzdem
mehrmals. Ich hörte in ihrer Stimme pures Entsetzen und verstand es nicht ganz.
    - Guck
nicht hin, nedivej se tarn, nedivej se! schrie sie mich an - sie, meine
angeblich praxisnahe Ausbilderin!
    Auf mich
wirkten auch diejenigen der nach der Sonne ausgerichteten FKK-Damen unschuldig,
die mir ihren Schamhügel - wenn dieser auf dem Sandburggefälle höher lag als
ihr Kopf - regelrecht frontal entgegenschoben. Wenn sie dabei wie nebenbei noch
den Kopf hoben, war das der Gipfel. Sie sahen einen vollkommen ungerührt an -
zivil wie beim Einkaufen. In meiner FKK-losen und -feindlichen Heimat hätte ich
Nacktmösen - garniert mit solch ruhigen Blicken - niemals zu Gesicht bekommen.
Ein typisches Exemplar einer absoluten Schamkünstlerin war Vaters Frau. Wenn
sie unterwegs in der Natur urinieren gehen mußte, verschwand sie für mindestens
zwanzig Minuten. Auch im dichten Wald ging sie extrem weit, so daß man sie auch
mit einem Feldstecher nicht hätte sehen können. Da sie leider eine schwere

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