Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
offenbar nicht gerechnet, denn er kippte nach vorne, verlor das Gleichgewicht und ließ sie los, um nicht selbst zu stürzen.
Jenna kam rasch wieder auf die Beine, doch anstatt Marek ein weiteres Mal zu attackieren, eilte sie auf Bashin zu und schnappte sich die noch nicht festgegurteten Satteltaschen. Das Amulett musste irgendwo sein und wenn sie es rechtzeitig fand … Sie kam noch nicht einmal dazu, den Gedanken zu beenden, denn Marek war in der nächsten Sekunde bei ihr und packte sie nicht nur erneut, sondern riss ihr auch die Taschen aus der Hand.
„Lass mich!“ kreischte sie und warf sich nach vorn, versuchte die Taschen wieder zu erreichen. Die flogen einen Wimpernschlag später durch die Luft und hinein in den Wald, während sie selbst mit dem Rücken gegen einen Baum krachte und für einen Augenblick keine Luft mehr bekam. Der Augenblick wurde noch etwas länger, als Marek ihre Arme packte sie über ihren Kopf gegen den Baumstamm drückte und sich der Länge nach in sie hineinlehnte, sodass sie ein weiteres Mal fast bewegungsunfähig war. Sie zuckte noch ein wenig, schloss dann aber die Augen und versuchte die Kontrolle über sich selbst zurückzugewinnen. Es war vorbei. Mit Gewalt konnte sie jetzt nichts mehr erreichen … als ob das jemals eine Option gewesen wäre …
„Ich habe dich weder darum gebeten, mir zu helfen, noch dir versprochen, das Amulett nicht anzurühren“, zischte er nun so dicht an ihren Lippen, dass sein rascher Atem auf ihrer Haut beinahe zu stechen schien. „Mach mich nicht für deine eigene Dummheit verantwortlich!“
Sie biss ihre Zähne so fest zusammen, dass ein leises Knirschen ertönte. Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt, doch sie konnte sich noch beherrschen, würde sich nicht auf ein solches Niveau hinab begeben. Stattdessen starrte sie nur mit offenem Hass in seine hellen Augen; Augen, die sich gnadenlos in die ihren bohrten, versuchten, sie einzuschüchtern.
„Du bist in Kombination mit dem Amulett ein gefährliches Risiko für mich“, stieß er aus. „Hast du im Ernst geglaubt, dass ich dieses Risiko nicht tilgen würde, wenn ich die Gelegenheit dazu habe? Ich habe aus guten Grund so lange in dieser Welt überlebt!“
Jenna brachte immer noch nichts heraus. Sie konnte in diesem Zustand keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn mit einer sinnvollen Antwort aufwarten. Also schloss sie nur die Augen, versuchte ihre Atmung und ihren Puls und vor allem ihre aufgepeitschte Gefühlswelt wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Du kannst das … du kannst das … , sprach sie sich innerlich immer wieder zu – bis sie wahrhaftig daran glaubte. Sie war eine erwachsene Frau hatte Psychologie studiert, wusste um die Abgründe, die sich in so vielen Menschen auftaten, wenn man nur ein klein wenig nachbohrte. Sie konnte das doch besser … durfte sich nicht zu einem kompletten Idioten machen lassen. Auch wenn seine intensive Nähe sie zusätzlich aufwühlte, es ihr so schwer machte, sich wieder zu beruhigen.
„Ganz davon abgesehen war das, was du heute Nacht getan hast, weitaus rücksichtloser und gefährlicher, als das, was ich tat, als ich heut Morgen das Amulett an mich nahm“, fügte Marek nun seinen letzten Worten mit Nachdruck hinzu und zwang sie so dazu, die Augen wieder zu öffnen. „Mein Verrat war nicht größer als der deine.“
Jenna erwiderte nichts. Sie starrte mit geweiteten Augen in das kalte Blau der seinen und konnte nur allzu deutlich den Vorwurf und die Wut erkennen, die mit seinen Worten einhergingen. Dann ließ er sie auf einmal los, musterte sie mit einem abfälligen Lächeln und stieß sogar ein unechtes Lachen aus.
„Ihr seid doch alle gleich: Selbstgerecht und kurzsichtig.“ Er schüttelte den Kopf, wandte sich um und lief hinein in den Wald, dorthin, wohin er die Satteltaschen geworfen hatte.
Jenna bewegte sich nicht von der Stelle. Sie war zu aufgelöst, noch zu sehr dem wilden Mix ihrer Gefühle ausgesetzt. Am liebsten hätte sie sich hingesetzt und losgeheult, doch da dies ihr weder dabei helfen würde, das Amulett zurückzubekommen, noch zu verstehen, was Marek ihr gerade vorgeworfen hatte, unterdrückte sie diesen starken Drang und entschied sich dafür, stattdessen vehement gegen ihre Gefühle anzukämpfen. Sie musste ihre Beherrschung zurückgewinnen, ihren Verstand aktivieren und sich erst einmal mit der eindeutigen Verschlechterung ihrer Situation abfinden. In ihrem gegenwärtigen Zustand konnte sie keine neuen
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