Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
nahm Platz, beugte sich dann aber nach vorn und stützte sich mit den Ellenbogen auf seine Knie, um seinem Freund zu zeigen, dass er seine volle Aufmerksamkeit hatte.
„Du hast ja schon gehört, dass Renon eine Zeit lang sehr krank war“, begann Hinras leise. „Und ich sagte dir vor ein paar Tagen, dass es ihm schon wieder besser gehe. Das entsprach nur teilweise der Wahrheit. Der König …“ Er stockte und schluckte schwer. „… er ist in Wirklichkeit unheilbar krank und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er von uns geht. Wir haben die besten Ärzte, die es in Falaysia gibt, hierherbringen lassen, aber auch sie wissen nicht mehr weiter und kämpfen seit Wochen um sein Überleben. Manchmal bessert sich sein Zustand, an anderen Tagen steht es um ihn so schlecht, dass wir jede Sekunde damit rechnen, dass er von uns geht.“
Leon starrte seinen Freund mit weit aufgerissenen Augen an und brachte keinen Ton heraus. Er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggerissen und er starrte nun in einen gähnenden Abgrund. Renon durfte nicht sterben! Nicht jetzt, nicht in dieser Situation. Die Menschen glaubten an ihn. Wenn er starb, starb auch ihre Hoffnung, Nadir jemals zu besiegen. Sie würden aufhören zu kämpfen und sich ihrem Schicksal ergeben, zu den Sklaven dieses Zauberers gemacht zu werden.
„Gestern war wieder so ein Tag“, fuhr der Lord fort. „Er hat sich zwar jetzt erholt, allerdings weiß ich nicht, wie lange das noch so weiter geht.“
Leon versuchte zu schlucken, den dicken Kloß in seinem Hals loszuwerden. „Er … er darf nicht sterben“, stieß er nur sehr leise aus. „Nicht jetzt. Er muss doch von den Amuletten erfahren und von Jenna. Womöglich gibt ihm das neue Kraft und –“
„Leon, er weiß es schon“, unterbrach Hinras ihn. „Ich habe ihm bereits davon berichtet. Ich kann dir jedoch nicht sagen, wie viel davon bei ihm angekommen ist. Zumindest hat er mich darum gebeten, Jenna sofort zu ihm zu bringen, sobald sie hier ist. Ich glaube, der Gedanke sie zu treffen, hält ihn weiter am Leben.“
Leon fühlte sich auf einmal völlig entkräftet und niedergeschlagen. Er lehnte sich zurück, brauchte die Stütze, die ihm die Rückenlehne gab. „Es würde ihm zweifellos den Todesstoß versetzen, wenn er erfährt, in wessen Händen sie sich gerade befindet“, brachte er kraftlos heraus.
„Das müssen wir mit allen Mitteln verhindern“, sagte Hinras mit fester Stimme. „Und wir müssen sie finden und zu ihm bringen. So schnell wie möglich! Möglicherweise kann sie mit ihrer Magie sogar etwas für ihn tun, ihn gar heilen. Es gab früher Zauberer, die das konnten.“
„Das mag sein, aber sie ist bei Marek!“ erinnerte Leon seinen Freund. „Und er ist mit ihr spurlos verschwunden. Selbst wenn die beiden wieder auftauchen, wird er sie uns ganz bestimmt nicht freiwillig übergeben.“
„Dann werden wir ihn dazu zwingen.“
„Zwingen? Marek zwingen ?“ Leon sah den Lord mit hochgezogenen Brauen an.
„Jeder Mensch ist erpressbar“, gab Hinras zurück. „Jeder Mensch hat Schwächen, die man nutzen kann. Und wir haben hier eine sehr große Streitmacht, mit der wir auf ein kleineres seiner Lager ganz bestimmt einen gewissen Druck ausüben können.“
„Was lässt dich annehmen, dass Marek mit Jenna eher in einem kleineren Lager auftauchen wird?“
„Bakitarer sind ziemlich abergläubisch und das Mädchen ist seit der Geschichte mit dem Drachen als Hexe bekannt“, erklärte Hinras mit listig funkelnden Augen.
„Du weißt davon?“ Leon war überrascht.
„Selbstredend“, lächelte der Lord. „Du vergisst, dass wir einen sehr engen Kontakt zu Alentara pflegen.“
Ja. Natürlich! Wie dumm von ihm, zu glauben, dass er diese Geschichte vor der Führungsspitze des Heeres verbergen könne. Fast war es ihm peinlich.“
„Worauf ich hinaus will, ist, dass Marek es sich nicht leisten kann, Jenna mit in ein großes Lager zu nehmen“, erklärte Hinras weiter. „ Wenn er wieder auftaucht, wird er sie bei seiner Elitetruppe unterbringen, bei den Männern, die ihm ohne zu zögern in den Tod folgen und niemals seine Entscheidungen anzweifeln würden. Wenn wir dieses Lager aufspüren, können wir uns Jenna zurückholen – glaube mir!“
„Und wenn er sich anders entscheidet, wenn er doch in einem der größeren Basislager auftaucht?“
„Dann ist das für uns auch nicht so schlecht, denn dann muss er Jenna irgendwo außerhalb des Lagers
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